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0107 - Die Geier und der Wertiger

0107 - Die Geier und der Wertiger

Titel: 0107 - Die Geier und der Wertiger
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Berührung kommen.
    Sie handelten, als wären sie Lebewesen, und William van Dyke kam sehr bald schon zu der Erkenntnis, daß es sich bei diesen kriechenden Schwaden tatsächlich um Lebewesen handelte.
    Er wich ihnen aus und ging ihnen genauso aus dem Weg wie sie ihm. Die Kälte nahm weiter zu.
    McClure und van Dyke gelangten in einen riesigen steinernen Kessel, dessen Wände steil anstiegen und ziemlich glatt waren.
    Sie hatten den Himmel über sich, dessen Helligkeit jedoch auf eine rätselhafte Weise gefiltert wurde.
    Reines Tageslicht war das nicht, das den Grund des Kessels erreichte.
    Harald McClure blieb stehen und schaute sich beeindruckt um.
    »Hast du so etwas schon mal gesehen, William?«
    »In meinem Leben noch nicht.«
    Die Ritualforscher waren von seltsamen Pflanzen umgeben.
    Pflanzen, die es nirgendwo auf der Welt gab. Es ging eine spürbare Feindseligkeit von ihnen aus.
    »Ein Treibhaus des Bösen«, sagte van Dyke beunruhigt. »Ich werde das Gefühl nicht los, daß jede dieser Pflanzen plötzlich zum Leben erwachen und uns angreifen könnte.«
    »Pflanzen sind Lebewesen.«
    »Klar. Aber meine Zimmerpalme in meinem Haus in London zum Beispiel läßt sich mit keinem dieser Gewächse vergleichen.«
    Violettes und blutrotes Blattwerk ragte überall hoch auf. Dazwischen wucherten Parasiten, deren abgrundtiefe Häßlichkeit William van Dyke erschreckte.
    McClure filmte seine Umgebung. Van Dyke ließ den Verschluß seiner Robotkamera immer wieder klicken.
    »Hierher kommen also die Mitglieder der schwarzen Sekte, um dem Bösen zu huldigen«, sagte McClure.
    »Kannst du mir sagen, was sie hier anbeten?«
    »Vielleicht diese Pflanzen.«
    »Es sind bestimmt Schattengewächse«, sagte van Dyke erregt.
    »Pflanzen, die auf Menschenopfer warten!«
    »Du nimmst an, daß sie Fleischfresser sind?«
    »Davon bin ich überzeugt.«
    Aus dem Kelch einer prachtvoll bunten Blüte, die die Größe eines Menschenkopfs hatte, starrte ein schwarz schimmerndes Augenpaar.
    Van Dyke sah es. Er machte den Freund darauf aufmerksam. McClure schoß ein paar Fotos von dieser ungewöhnlichen Blüte.
    Van Dyke konnte sich des starrenden Blickes nicht entziehen.
    Eine hypnotische Kraft ging davon aus und schlug den Ritualforscher und Journalisten in seinen Bann.
    Wie festgewurzelt stand William van Dyke da. Reglos. Etwas floß auf ihn über, drang in ihn ein, breitete sich in ihm aus, legte sich von innen her an seinen Körper, ergriff von ihm Besitz.
    Er konnte nicht mehr denken, war nicht mehr er selbst. Harald McClure sagte etwas zu ihm. Er hörte den Freund nicht.
    Zwischen ihm und jenem unheimlichen Blütenkelch entstand eine Verbindung, die er nicht zu trennen vermochte.
    Nicht einmal, wenn er das gewollt hätte, wäre es ihm gelungen, aber er wollte es ja nicht, weil er keine Ahnung davon hatte, daß es zu einer solchen mysteriösen Verbindung gekommen war.
    Die Blüte übte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf ihn aus. Sie lockte ihn. Flüsternd veranlaßte sie ihn, näher zu kommen.
    »Komm! Komm!«
    Wie in Trance setzte er sich in Bewegung. Mechanisch ging er.
    »Komm! Komm!«
    Der unheimliche Blütenkelch mit dem starrenden Augenpaar sollte ihm zum Verhängnis werden.
    Das Wesen, das sich in dieser pflanzlichen Pracht verbarg, wollte William van Dyke töten.
    »Komm!« raunte es ununterbrochen. »Faß mich an!«
    Wenn er das getan hätte, wäre er verloren gewesen, aber das war ihm nicht bewußt, deshalb näherte er sich der Schreckensblüte ohne Furcht.
    Dicht vor ihr blieb er stehen. Langsam hob er die Hände.
    Jetzt erst erkannte Harald McClure, daß mit seinem Freund irgend etwas nicht stimmte. Er registrierte, daß ihm William – obwohl er ihn schon zum zweitenmal angesprochen hatte – keine Antwort gab. Deshalb drehte er sich um.
    Er sah van Dyke vor diesem großen Blütenkelch stehen. William war von dem Anblick fasziniert.
    Er hob seine Hände der prachtvollen Blüte entgegen. Es schien ohne seinen Willen zu geschehen.
    McClure ahnte nichts Gutes, deshalb schrie er: »Faß sie nicht an, William!«
    Doch van Dyke nahm auch davon keine Notiz. Seine Finger berührten schon beinahe den Blütenkelch.
    Da sprang McClure vor, packte den Freund bei den Schultern und riß ihn zurück.
    Die Blüte stieß ein haßerfülltes Fauchen aus. McClure versetzte dem Freund zwei Ohrfeigen, die diesen aus seiner Trance weckten.
    Verwirrt flatterten seine Lider.
    »Hast du mich geschlagen?« fragte er
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