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0107 - Die Geier und der Wertiger

0107 - Die Geier und der Wertiger

Titel: 0107 - Die Geier und der Wertiger
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Reißaus, wenn ich in ihre Nähe komme.«
    »Du forderst unser Schicksal heraus, Harald!«
    »Halt du dich im Hintergrund, und laß mich nur machen.«
    »Ich werde nicht zulassen, daß du da hinaufkletterst, Harald«, sagte William van Dyke plötzlich mit unerbittlicher Stimme.
    McClure grinste ihn höhnisch an. »So. Und wie willst du mich daran hindern, he?«
    Schweigend griff van Dyke zur Waffe. Sein Blick ließ keinen Zweifel darüber, daß er schießen würde, wenn McClure seine Absicht ausführen wollte.
    Eine knisternde Spannung baute sich zwischen den Freunden auf. McClures Stimme klang heiser, als er sagte: »Sag mal, hast du den Verstand verloren? Du würdest wirklich auf mich schießen, du Idiot? Sind wir denn nicht mehr Freunde?«
    »Nein, Harald«, knurrte van Dyke. »Das sind wir jetzt nicht mehr!«
    Und McClure erkannte, daß es dem Kollegen mit dieser Äußerung ernst war.
    ***
    Ich befand mich nicht gerade in einer Hochstimmung, als ich von Bord der MONA LISA ging.
    Endlich hatte ich geglaubt, den roten Faden in diesem Fall gefunden zu haben, den ich dann nur noch hartnäkkig genug weiterzuverfolgen brauchte, um ans Ziel zu gelangen, da hatten mir diese skelettierten Geier dazwischengefunkt, und nun waren Abel Grogger und George McKammit nicht mehr gewillt, mir mit ihrem Wissen unter die Arme zu greifen.
    Aber etwas hatte ich bei dem Gespräch mit den beiden Seeleuten doch profitiert: ich hatte nun Kenntnis von der schwarzen Sekte, die höchstwahrscheinlich hinter dem Auftauchen des Wertigers in Bombay steckte.
    Schön, Grogger und McKammit hüllten sich aus Angst in Schweigen, aber ich war sicher, daß mir jemand anderes in dieser Stadt mit den gewünschten Informationen aushelfen würde.
    Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich diesen Jemand gefunden hatte. Zeit allerdings war etwas, das ich nur in geringem Maße zur Verfügung hatte, denn der Wertiger konnte schon bald wieder auftauchen, und dann kam sein Opfer vielleicht nicht noch mal mit dem bloßen Schrecken davon.
    Ich kehrte verdrossen in mein Hotel – das »Taj Mahal« – zurück und holte mir von der Rezeption den Zimmerschlüssel.
    »Irgendeine Nachricht für mich?« erkundigte ich mich.
    Der freundliche Inder hinter dem Pult lächelte bedauernd.
    »Leider nein, Mr. Sinclair.«
    Ich warf den Schlüssel, an dem eine klobige Marmorbirne hing, hoch und fing ihn auf. »Macht nichts«, sagte ich, aber das stimmte nicht ganz.
    Es machte mir sehr wohl etwas aus.
    Seit zwei Tagen pflügte ich nun schon durch Bombay. Ich hatte mit vielen Leuten gesprochen, hatte ihnen allen gesagt, wo ich wohnte und daß sie mir eine große Freude machen würden, wenn ihnen zum Thema Wertiger noch irgend etwas Brauchbares einfallen würde.
    Aber alle Personen, mit denen ich mich unterhalten hatte, schienen an schlimmer Einfallslosigkeit zu leiden.
    Kein Wunder, daß das die Glut meiner Enttäuschung schürte.
    Wie sollte ich dieser Stadt helfen, wenn sie nicht bereit war, mir zu helfen?
    Wir waren aufeinander angewiesen. Ich allein kämpfte auf verlorenem Posten. Aber niemand wollte das einsehen.
    Ich begab mich auf mein Zimmer und zog mich nach einer ausgiebigen Dusche um.
    Anschließend füllte ich das Magazin meiner Beretta mit geweihten Silberkugeln auf, schob die Waffe in die Schulterhalfter und verließ das Zimmer.
    In der Hotelbar traf ich Donna Varese, eine rassige schwarzhaarige Römerin mit einer atemberaubenden Figur.
    Ich hatte sie am Tage meiner Ankunft kennengelernt. Sie war Korrespondentin des »Corriere della sera«, und man hatte sie nach Bombay geschickt, um einigen verschlungenen politischen Ereignissen gewissermaßen auf den Zahn zu fühlen.
    In der Folge war mir die hübsche Italienerin ein paarmal über den Weg gelaufen. Einmal in der Stadt, vor dem Justizpalast, um die Mittagszeit, und da wir beide hungrig gewesen waren, hatten wir zusammen auf meine Kosten in einem guten Restaurant gespeist.
    Sie wußte, wer ich war, was für einen Job ich hatte und aus welchem Grund ich nach Bombay gekommen war. Ich hatte keine Veranlassung gesehen, es ihr nicht zu sagen.
    »Na, Geisterjäger«, sagte sie, ohne mich damit auf den Arm nehmen zu wollen. Aus ihrem Mund klang es eher wie eine Auszeichnung. »Waren Sie erfolgreich?«
    Ich setzte mich neben sie auf den Hocker und bestellte mir einen Manhattan. »Ja und nein«, antwortete ich der italienischen Korrespondentin.
    Sie trug ein jadegrünes Kleid aus glänzender Seide, vernünftig und anziehend
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