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0106 - Hügel der Gehenkten

0106 - Hügel der Gehenkten

Titel: 0106 - Hügel der Gehenkten
Autoren: Jason Dark
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Fluchtweg kreuzte.
    Deshalb standen wir noch hier draußen und trauten uns nicht in die alte Kapelle hinein. Und hätte der Wahnsinnige seinen Fluchtwagen nicht in den Graben gesetzt, so wäre uns das jetzt erspart geblieben.
    Wir hörten ihn. Er tobte im Innern der Kapelle. »Kommt nur näher, ihr Söhne des Teufels!« brüllte er. »Kommt nur näher! Ich werde euch zur Hölle schicken, wo andere Sünder schon warten.«
    »Der ist verrückt!« flüsterte Bill Conolly. »Der ist verrückt!«
    Ich nickte.
    Bill fragte: »Sollen wir die Kapelle stürmen?«
    »Zu gefährlich für das Kind!«
    »Hast du eine andere Idee?«
    »Ja.« Ich nickte und schaute dabei an der Mauer der Kapelle hoch. »Das Dach ist verdammt löchrig, und an der Mauer kann ich unter Umständen hochklettern. Die einzige Chance, wie ich meine.«
    »Verdammt, das ist riskant.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn du hier aufpaßt.«
    Bill zog seine Waffe. »Viel Glück, John«, sagte er.
    Ich lächelte ihm noch einmal zu und ließ ihn stehen. Die westliche Außenwand der Kapelle schien mir für mein Vorhaben am geeignetsten zu sein.
    Hier hatte der Zahn der Zeit mit besonderer Wut genagt. Ganze Steine waren herausgefallen, lagen auf dem Boden und waren mit einer grünen Moosschicht bedeckt.
    Vor einer besonders günstigen Stelle blieb ich stehen. Halt würde ich beim Klettern genügend finden. Die Spalten und Risse waren groß genug, zudem boten mir auch die Löcher noch einen sicheren Stand.
    Die Beretta steckte ich in die rechte Manteltasche. Am liebsten hätte ich Ike Clanton mit bloßen Fäusten überwältigt, aber man konnte nie wissen.
    Die ersten Yards schaffte ich gut. Es gab keine Schwierigkeiten, und ich kam mir vor wie ein Bergsteiger. Sorgfältig vermied ich die Fenster. Deren Scheiben waren allen Widerständen zum Trotz noch erhalten geblieben, deshalb mein Umweg über das Dach. Sonst wäre ich durch das Fenster eingestiegen.
    Der Irre tobte und schrie. Er lachte auch, und dazwischen hörte ich das dünne Weinen des Mädchens.
    In mir stieg die Wut wie eine Flammensäule hoch. Wenn er der Kleinen etwas antat, dann…
    Ich kletterte weiter. Verbissener als zuvor. Ich mußte es schaffen und diese Bestie zur Räson bringen.
    Dann rutschte ich ab. Mit dem rechten Fuß glitt ich aus einem zu schmalen Spalt, griff aber mit den Händen nach und schaffte es, mich wieder zu fangen.
    Das war knapp.
    Zum Glück hielt Bill Conolly den Kerl hin. Seine Taktik war gut.
    Er versuchte es mit Bitten und Drängen, obwohl er wußte, daß Clanton nie darauf eingehen würde, aber so war der Irre wenigstens abgelenkt und konnte sich nicht um die Geisel kümmern.
    Als ich die schmale Dachrinne vor mir sah, war ich in Schweiß gebadet.
    Die Kletterei hatte verdammt an meiner Kondition gezerrt.
    Noch das letzte Stück.
    Meine Finger klammerten sich um die Dachrinne. Ich hörte ein Knirschen und bekam eine Gänsehaut. Stabil sah das Ding nicht mehr aus. Daran konnte ich mich nicht stören, ich mußte es darauf ankommen lassen.
    Ein Klimmzug – und ich war auf dem Dach. Wenigstens zum Teil, weil ich das rechte Bein hochgeschwungen hatte.
    Als ich das linke nachzog, gab die Dachrinne nach. In einer Länge von mindestens vier Yard bog sie sich dem Erdboden entgegen.
    Hastig zog ich auch noch das andere Bein nach und blieb erst einmal auf dem Dach liegen.
    Geschafft!
    Ich schaute mich um.
    Über mir ein grauer Frühlingshimmel. Gar nicht postkartenlike.
    Im Norden türmten sich vor den Bergen dicke Wolken. Die Straße, über die wir gekommen waren, sah aus wie ein schmales Band. Sie führte in Windungen auf die Stadt zu, deren Häuser von Kirchtürmen und Fabrikschornsteinen überragt wurden. Rhondda war keine Industriestadt, aber ein paar Unternehmen hatten sich doch angesiedelt.
    Nur kurz streifte ich mit meinen Gedanken dieses Problem. Dann widmete ich mich wieder meiner eigentlichen Aufgabe.
    Wie ein Klammeraffe hockte ich auf dem schrägen Dach und suchte nach einem Einstieg.
    Rechts von mir – vielleicht zwei Yard entfernt – befand sich ein Loch. Dort hatte der Wind die Schindeln abgerissen.
    Ich robbte hin.
    Mein Mantel war schmutzig genug, da kam es auf den grauen Schmier auch nicht mehr an.
    Unter mir knirschte es.
    Sofort stoppte ich meine Robberei und blieb ruhig liegen.
    Würden die Ziegel brechen? Wenn ja, war das schlecht, dann wäre Ike Clanton wahrscheinlich gewarnt.
    Sie hielten.
    Ich atmete auf und bewegte mich weiterhin vorsichtig auf das
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