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0106 - Hügel der Gehenkten

0106 - Hügel der Gehenkten

Titel: 0106 - Hügel der Gehenkten
Autoren: Jason Dark
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beobachtete nur noch.
    Das Girl lief vor und faßte den Blinden am Arm. »Komm hier weg, Vater. Hier hast du nichts verloren!«
    »Saffi, ich…«
    »Bitte!« Die Stimme wurde drängend.
    Alle in der Gastwirtschaft schauten auf das ungleiche Paar. Aber Gulliver O’Flynn hatte nur Augen für das Girl.
    Es hatte langes, lockiges und schwarzes Haar. Die Flut war etwas zurückgestrichen worden, so daß die Ohren freiblieben, und Gulliver sah an den Läppchen goldene Ringe blitzen. Sie trug eine bunte Bluse und einen schwarzen Rock. Über die Schultern hatte sie sich eine Mantilla gehängt. Die Haut war weiß, die Augen dunkel und groß.
    Gulliver schluckte.
    Von solch einem Girl hatte er immer geträumt. Nun sah er es hier in diesem gottverlassenen Ort in Wales. Und unter welchen Umständen!
    Saffi, hieß sie. Das hatte er deutlich genug gehört. Sie zerrte ihren Vater am Arm.
    »Bitte komm. Du hast hier bei diesen Menschen nichts verloren. Wir gehen wieder zurück.«
    »Ja«, sagte der Mann. »Wir gehen, Saffi, aber ich habe nichts vergessen. Jetzt wird das in Bewegung geraten, was lange Jahre verschüttet worden war. Hütet euch!« schrie er. »Hütet euch vor Destero! Er wird kommen!«
    Es waren die letzten Worte, die er sprach. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ließ sich hinausführen.
    Zurück blieben schweigende Menschen.
    Nur die Alte konnte ihren Mund nicht halten. »Ich habe es euch ja gesagt«, flüsterte sie. »Es ist schlimm, was sich dort in dem Wagen abspielt. Sehr schlimm…«
    Betreten schauten die Gäste zu Boden. Nur der Wirt wartete mit einer gekünstelten Fröhlichkeit auf. »Kommt, Leute, trinkt noch einen Schluck. Ich gebe eine Runde.«
    Niemand reagierte.
    Der Bürgermeister wandte sich an den jungen Studenten.
    »Wollen Sie noch immer diesem Wohnwagen einen Besuch abstatten?«
    »Ja, jetzt erst recht.«
    »Ihm ist nicht zu helfen!« flüsterte die alte Kullina. »Ihm ist wirklich nicht zu helfen.«
    Gulliver O’Flynn kümmerte sich nicht um das Geschwätz. Wortlos verließ er die Gaststätte und trat auf die Straße.
    Von dem Zigeunerpaar war nichts mehr zu sehen.
    »Saffi«, murmelte er, »Saffi…«
    ***
    Zwei Tage jagten wir hinter Ike Clanton her. Dann hatten wir ihn endlich gestellt.
    In einer alten Kapelle, nahe der Stadt Rhondda. Dort hatte sich Ike Clanton regelrecht verschanzt. Der Typ war wahnsinnig. Er hatte eine Sekte gegründet, die sich mit Teufelsaustreibung beschäftigte. Und sie waren soweit gegangen, eine junge Frau zu ermorden. Der Fall hatte sich bis London herumgesprochen, und eigentlich verdankte ich den Tip Bill Conolly, meinem alten Freund und Kampfgefährten. Er hatte mich dazu überredet, nach Wales zu fahren. Für mich auch eine Chance, den Akten zu entkommen, die wieder einmal liegengeblieben waren. Aber das würde wohl ewig so weitergehen. Zudem hatte ich mein letztes Abenteuer gut verkraftet. Nur Glenda Perkins feierte noch krank. Eine Woche hatte ihr der Arzt Ruhe verordnet, denn hinter ihr lag wirklich Schlimmes. Ich hatte sie im letzten Moment aus den Klauen der Bestie von Soho befreien können und den Maler Golo Gulerian dorthin geschickt, wo sein eigentlicher Platz war.
    In der Hölle!
    Und nun hatten Bill und ich Ike Clanton als Gegner. Zusammen mit der hiesigen Polizei hatten wir den Club der Teufelsanbeter gesprengt. Alle dreizehn Personen waren festgenommen worden, nur dieser Ike Clanton entkam.
    Für mich war es kein Dämon, sondern ein Wahnsinniger, der sich in eine schlimme Idee verrannt hatte und die Welt von dem angeblich Bösen befreien wollte.
    Ihm mußte unbedingt das Handwerk gelegt werden.
    Die Kapelle wurde nicht mehr benutzt. Das konnte man sehen, denn um das Gebäude herum wucherte Unkraut. Es hatte sich sogar an den alten Steinmauern hochgehangelt, die zum Teil Löcher aufwiesen wie alter Schweizer Käse.
    Auch das Dach war nicht mehr in Ordnung. Zahlreiche Schindeln waren abgefallen, der Wind pfiff in das Innere des Gebäudes.
    Bill und ich standen rechts und links der Eingangstür. Schief hing sie in den Angeln. Der steife Nordwest wühlte in unseren Haaren, stellte die Kragen der Mäntel hoch und ließ auch die Tür hin- und herschwingen.
    Clanton war bewaffnet.
    Allerdings nicht mit einem Revolver oder eine Pistole, sondern mit langen Messern, die mich eher an Meißel erinnerten. Und – was am schlimmsten war – er hatte eine Geisel.
    Ein neunjähriges Mädchen, das sich zufällig auf der Straße befunden hatte und seinen
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