Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte

0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte

Titel: 0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
anderen. Sie standen auf den Lastwagen Und nahmen uns die Säcke ab, um sie aufzustapeln. Ich habe nur manchmal ihre Stimmen gehört und ihre Gestalten gesehen.«
    »Wieviele waren es?«
    »Ich weiß nicht genau, Sir. Fünf oder sechs. Wir haben alle nicht richtig hingesehen. Wir rannten immer nur vom Schiff zu den Lastwagen und zurück. Retting stand am Gangway und hetzte uns. Wir kamen überhaupt nicht zur Besinnung, und wir haben auch nicht hingesehen.«
    »Was für ein Zeug war es, das ihr verludet?«
    »Kleine Jutesäcke, Sir. Jeder vielleicht fünfzig Pfund schwer. Man konnte zwei von Ihnen auf einmal tragen.«
    »Und was war darin?«
    »Keine Ahnung, aber es fühlte sich an, als ob es irgenein Pulver sei.«
    »Weißt du wenigstens, woher das Schiff kam?«
    »Nein, aber die Matrosen sprachen eine fremde Sprache miteinander. Ich glaube, es war Spanisch.«
    Phil sah mich fragend an. Ich nickte. Phil rief per Telefon einen Sergeanten herbei, der Caluzzo in eine der Zellen im Hauptquartier brachte. Die Zigaretten durfte er mitnehmen.
    »Interessant, nicht wahr?« sagte Phil, als wir allein waren.
    »Mehr als interessant. Wenn die fünf oder sechs Männer die Hilton-Gorillas waren, dann haben wir die Verbindung zwischen dem ehemaligen Bodge- und dem ehemaligen Hilton-Gang. Dann liegt in dieser Schiffsladung das Geheimnis, dessentwegen Frankie Bodge, Lucky Hilton und der ›rote Kelly‹ sterben mußten. - Phil, jetzt brauchen wir alle Boys, die im Hafen dabei waren. Noch besser, wir kassieren alles, was je von Bodge und Retting Befehle entgegengenommen hat. Wir verhören alle.«
    »Wir kennen keine Namen!«
    »Caluzzo wird uns die Namen nennen.«
    Wir fuhren in den Keller hinunter, in dem die Zellen lagen, in denen wir die Leute verwahrten, die vom FBI vorübergehend festgenommen wurden.
    Caluzzo hatte sich auf der Pritsche ausgestreckt. Er richtete sich artig auf, als wir kamen.
    »Noch ein paar Fragen, Toni«, sagte Phil. »Wie groß war eure Gang?«
    Caluzzo überlegte kurz.
    »Richtig dazu gehörten nur an die dreißig Boys, aber wenn wir es verlangen, dann tun auch die anderen Jungen in unserem Viertel, was wir wollen.«
    Ich kannte diese Art von Bandenorganisation. In New Yorks Slums, in denen anständige, aber arme Leute Haus neben Haus mit Burschen wohnen, die vom Schmarotzertum leben, die vor Gewalttaten nicht zurückschrecken und die die Straße beherrschen, passiert es immer wieder, daß die Gangs von Jugendlichen andere, im Grunde anständige Boys zu Dienstleistungen aller Art finden. Die Bande terrorisiert auf Grund ihrer Stärke und Brutalität die anderen. Wer sich gegen die Wünsche ihrer Mitglieder auflehnt, riskiert ausgeschlagene Zähne.
    Es kommt hinzu, daß der Lebensstil der Bandenmitglieder immer einen gewissen Reiz auf die anderen Jungen ausübt. Wer zu der beherrschenden Gang eines Viertels gehört, hat gewöhnlich mehr Geld in der Tasche als ein Boy, der ehrlich arbeitet, aber das meiste von seinem Geld bei den Eltern abliefern muß. Selbst die Erwachsenen behandeln einen Burschen, hinter dem eine Bande steht, mit Vorsicht. Sie wissen, daß ein falsches Wort durchgeschnittene Autoreifen oder eine eingeschlagene Schaufensterscheibe bedeuten kann. Und leider ist es auch so, daß die Mädchen in jenen Vierteln die Banden-Boys als Helden betrachten.
    Natürlich führen die Revierpolizisten einen ununterbrochenen Kampf gegen diese Zustände, aber es fehlt ihnen oft an Handhaben gegen die Jugendlichen. Und die vier Wochen Jugendarrest, die die Gerichte bei einer Schlägerei verhängen, wirken nicht abschreckend genug.
    »Wir brauchen die Namen von allen Jungen, die je mit euch gearbeitet haben. Zuerst die Namen derjenigen, die wirklich zur Gang gehören.«
    Caluzzo nagte an seiner Unterlippe. Er wußte, daß er in seinem Viertel erledigt war, wenn er jetzt »sang«.
    Ich spürte sein Zögern.
    »Paß mal auf, mein Junge«, sagte ich. »Du bist beim FBI, und das FBI befaßt sich nicht mit kleinen Fischen. Das weißt du. Die Sache, in die du und die anderen hineingeschlittert seid, ist nicht mit einigen Wochen Arrest abgetan. Hier geht’s um Köpfe und um lange Jahre hinter Zuchthausgittern. Du bist über einundzwanzig, Toni. Du sitzt jetzt schon dick in der Tinte, und wenn du dich jetzt sträubst, dann gerätst du noch dicker hinein. Kein Richter stört sich daran, daß du ein grüner Junge bist. Er sieht auf dein Geburtsdatum. Einundzwanzig Jahre bedeuten Volljährigkeit, und Volljährigkeit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher