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0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte

0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte

Titel: 0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte
Autoren: Delfried Kaufmann
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von Halb-Kollegen besonders schätze! Die meisten von ihnen halten sich für schlauer als der gesamte FBI zusammen bestenfalls sein kann. Solange sie zu einer der großen Gesellschaften gehören, Pinkerton, zum Beispiel, geht es noch, denn da hält sie die Geschäftsleitung an der Kandare, sorgt dafür, sich nur um ihren Auftrag zu kümmern, und wenn es Emst zu werden beginnt, sich an die Polizei zu wenden. - Leider denken die Einzelgänger nicht so, und dieser Mr. Harper schien mir ein Einzelgänger zu sein.
    »Sind Sie in einem Detektivbüro angestellt?« erkundigte ich mich.
    »Ich bin selbst ein Detektivbüro«, antwortete er würdevoll, kramte noch einmal in seinen Taschen und überreichte mir eine verknitterte Visitenkarte.
    Ich las:
    »›Argus‹ - Büro für die Aufklärung von Verbrechen jeder Art. New York W, 87. Straße 488. Gegründet 1876.«
     
    »Hat Ihr Vater schon in dem Beruf gearbeitet, Harper?«
    »O nein, Mr. G-man. Er war Postbeamter.«
    »Ich dachte es, wegen des ehrwürdigen Alters Ihres Büros.«
    Er nahm mir die Karte aus der Hand und klapperte unschuldig mit den. Augendeckeln.
    »Ein kleiner Schwindel, der das Vertrauen der Klienten stärken soll«, erklärte er sanft. »Ihnen will ich gern gestehen, daß ich erst seit drei Jahren bei diesem Berufe hungere.«
    »Und was haben Sie vorher getan, Harper?«
    »Wollen wir nicht lieber auf den ›roten Kelly‹ zurückkommen?« fragte er, statt einer Antwort. »Habe ich Aussichten auf eine Belohnung, wenn ich ihn Ihnen liefere?«
    Ich schüttelte den Kopf. »No, mein Lieber. Kelly ist ein Gangster, und Frankie Bodge war ein Gangster. Wir haben zwar eine Menge dagegen, daß Gangster sich gegenseitig abknallen und uns damit die Grundlagen unseres Berufes entziehen, aber das öffentliche Interesse am ›Roten‹ ist nicht groß genug, um ein paar Dollar aus der knappen Staatskasse auf seinen Kopf zu setzen. Alles, was Sie verdienen können, Harper, ist eine lobende Erwähnung in den Zeitungen. Wollen Sie mich daher nicht lieber zu meinem Rendezvous gehen lassen?«
    »Ich werde meine Pflichten als Staatsbürger erfüllen«, erklärte er würdevoll. »Wenn ich es auch als bitter empfinde, dafür nicht bezahlt zu werden. Also liefere ich Ihnen Kelly!«
    »Schön! Sagen Sie uns, wo und wann wir ihn abholen können.«
    Er lächelte mich an.
    »Wissen Sie, wie langweilig der Beruf eines Privatdetektivs sein kann, Mr. G-man? In den drei Jahren meiner beruflichen Karriere habe ich rund fünfundzwanzig Aufträge bekommen und durchgeführt. In vierzehn Fällen wurde ich von mehr oder weniger erbosten Ehefrauen auf die Fährten ihrer Männer gesetzt. In den restlichen elf Fällen setzten mich erboste Männer auf die Spuren der Ehefrauen. Mein interessantester Fall war derjenige, in dem eine Frau mich um die Überwachung ihres Mannes bat und der Mann zwei Tage später mein Büro aufsuchte und mich beauftragte, Beweise gegen seine Frau zu beschaffen. Leider konnte ich diesen Doppelauftrag nicht befriedigend ausführen, denn ich konnte die Herrschaften nur beschatten, wenn sie zusammen waren, und dann passierte nie etwas, außer daß sie sich stritten. - Mr. Cotton, es hängt mir eine Meile lang zum Halse heraus, hinter kleinen spitzbäuchigen Bürgern herzuschleichen und zu beobachten, w ie sie einem späten, meist recht minderwertigem Glück verzückt in die Augen starren, nur weil das Girl zwanzig Jahre jünger ist als die angetraute Gattin. Als ich den Job eines Privatdetektivs ergriff, habe ich davon geträumt, ich käme an gjoße Sachen heran.« Er blinzelte mich an. »Wissen Sie, ich dachte, alle die Fälle auf Grund meiner überragenden Intelligenz zu lösen, die das FBI mit seinem gesamten Apparat nicht klären konnte. Sie sehen in mir einen verhinderten Sherlock Holmes, der sich unter dem Zwang der Verhältnisse auf Ehebrüche spezialisieren mußte.«
    Ich schloß meine Schreibtischschublade und stand auf.
    »Mr. Harper, Sie haben mich jetzt so lange mit Ihrer traurigen Geschichte aufgehalten, daß ich mich nicht rasieren kann. Sie sind dafür verantwortlich, wenn die Sache in die Brüche gehen sollte, wenn die Dame sich an meinen Stoppeln verletzt. Jetzt spucken Sie freundlich Kellys Aufenthaltsort aus — vorausgesetzt, Sie wissen ihn wirklich und dann scheren Sie sich raus!«
    »Kein Polizist vermag es, länger als eine Viertelstunde höflich zu sein«, sagte er und erhob sich ebenfalls. »Ich habe Ihnen diese Geschichte nur erzählt, damit Ihnen
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