Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte

0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte

Titel: 0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
mich noch mit ihnen abmühte, rief das Archiv an, dem ich gleich bei der Einlieferung die Namen durchgegeben hatte.
    »Muntere Vögel, die du da gefischt hast, Jerry«, sagte der Kollege. »Ich schicke dir die Unterlagen sofort hinauf.«
    Wenig später lagen zwei Schnellordner auf meinem Tisch, und der Inhalt gab erschöpfende Auskunft über Ted Roons und Carlo Stuzzis Vorleben.
    Roon, der in Gangsterkreisen in Anspielung auf seine Figur den neckischen Spitznamen »Little Teddy« trug, hatte als Boxer und Ringkämpfer angefangen, war nach einigen Erfolgen sofort in einen Wettschwindel eingestiegen und hatte dadurch seine Lizenz verloren. Es folgte ein Dutzend Gewaltverbrechen, alle als Mitglied verschiedener Bänden verübt. Seine Strafen erreichten fast zwanzig Jahre. Er war der Typ des Gewohnheitsverbrechers, der nicht früher aufhört, bis er für den Rest seines Lebens hinter Gitter wandert, oder an einer Kugel stirbt.
    Stuzzi war vom gleichen Schlag. Sein Spitznahme war der gleiche, den ich ihm beim Anblick seines Gesichtes gegeben hatte: »die Ratte«. Auch Stuzzi war ein Bandenverbrecher, kein Einzelgänger, aber er hatte bei weitem nicht so häufig gesessen wir Roon. Er war schlauer und wurde nicht so oft erwischt. Andererseits gehörte er vor zehn Jahren der Stenner-Gang an.
    Es war mehr als wahrscheinlich, daß Stuzzi an den siebzehn Morden beteiligt gewesen war, die jene Bande in knapp zwei Jahren verübte, ungerechnet die unzähligen Überfälle auf Arbeiter, bei denen die Leute zwar mit dem Leben davonkamen, aber lange Wochen in den Krankenhäusern lagen oder gar für ihr Leben Krüppel blieben.
    Nach den Akten jedenfalls schien Carlo Stuzzi dreimal so gefährlich wie Roon, obwohl er nur ein Drittel so schwer war.
    Die interessanteste Eintragung aber war die letzte, und sie lautete in beiden Akten gleich. Diese Eintragung war vor ungefähr einem Jahr gemacht worden.
    »Nach Mitteilung des Reviers 52. gehört Ted Roon, genannt ›Little Teddy‹, der Gang von Lucky Hilton an. Diese Nachricht stammt von einem V-Mann. Strafbare Handlungen sind bisher nicht beobachtet worden.«
    Stuzzis Akten trugen genau den gleichen Vermerk.
    Ich ließ die Gangster schmoren, während ich die Akten studierte. Dann fragte ich harmlos:
    »Hat Hilton euch zu Harper geschickt?«
    Stuzzi beherrschte zwar sein Gesicht, aber an Roons plumper Visage war genau abzulesen, daß ich ins Schwarze getroffen hatte. Trotzdem antwortete keiner von beiden.
    »Ihr überlegt es euch vielleicht noch. Vorläufig sperre ich euch erst einmal ein. Ihr braucht nicht zu hoffen, daß ihr in vierundzwanzig Stunden wieder auf freiem Fuß seid. Meine und Harpers Zeugenaussagen genügen, um einen Haftbefehl zu erwirken.«
    Ich ließ sie abführen. Harper, den ich mit zum Hauptquartier genommen hatte, mußte seine Aussage zu Protokoll geben. Ich hängte einen eigenen Bericht daran und schickte alles zum Untersuchungsgericht, um den Befehl für eine unbeschränkte Haft zu bekommen.
    Harper, der den Vorgängen mit recht wenig Verständnis gefolgt war, fragte am Ende:
    »Können Sie mir jetzt sagen, was die Burschen von mir wollten?«
    »Ich kann es vermuten, aber ich schätze, daß diese Vermutungen richtig liegen. ›Little Teddy‹ und die ›Ratte‹ arbeiten für einen Mann mit Namen Lucky Hilton. Wahrscheinlich hat auch Kelly für den gleichen Mann gearbeitet, ob nur in dem einen Fall, als er Frankie Bodge erledigt, oder ständig, weiß ich nicht. Die beiden von Hilton losgeschickten Gangster sollten es Ihnen wegen Kelly besorgen. Das ist die Folge der Veröffentlichung Ihrer Heldentaten in der ›Daily Times‹. Sie sehen, daß die negativen Konsequenzen sich genauso rasch einstellen wie die positiven.«
    »Aber was sollten die Ganoven mit mir machen, Mr. Cotton?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Wahrscheinlich wollten sie wissen, in wessen Auftrag Sie Kelly der Polizei geliefert haben, und sie hätten diese Auskunft mit wenig sanften Mitteln aus Ihnen herausgeschlagen.«
    »Ich habe Kelly doch nur durch einen Zufall entdeckt.«
    »Fraglich, ob man Ihnen das geglaubt hätte. Irgendwie spielt eine Konkurrenzgeschichte zwischen Gangstern in der Sache eine Rolle. Von Ihnen wollte man Genaueres erfahren.«
    »Ich hätte nichts sagen können.«
    »Wen stört das schon, Roger. ›Little Teddy‹ hätte sie so lange in seinen Schraubstock-Fäusten gehalten, bis Ihre Antwort ihn befriedigt hätte oder Ihnen die Luft ausgegangen wäre. Dann hätte er Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher