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01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis

01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis

Titel: 01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis
Autoren: Carola Dunn
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und seine schwarzen Haare waren mit Pomade aus einem gut geschnittenen Gesicht zurückgekämmt.
    »Lord Stephen.« Daisy senkte beim Gruß den Kopf. Die Art, wie er sie mit seinen kalten grauen Augen begutachtet hatte, war ihr unangenehm. »Lassen Sie sich von mir nicht bei Ihrem Vergnügen stören. Ich würde gerne noch ein paar Aufnahmen von etwas weiter oben machen.«
     
    »Soll ich nicht den Apparat da für dich tragen?« bot sich Phillip an und trat vor. »Der sieht ja verflixt schwer aus.«
    »Nein, vergnüge du dich lieber weiter beim Schlittschuhlaufen, Phil. Je mehr Menschen auf der Photographie zu sehen sind, desto besser.«
    Ein gepflasterter Gehweg um den Teich war freigeschaufelt und mit Sand bestreut worden. Während sie dort entlangging, bemerkte Daisy, wie Marjorie besitzergreifend Lord Stephens Arm umklammerte.
    »Zeigen Sie mir doch noch einmal diese Figur«, sagte sie mit einem künstlichen Kichern. »Diesmal werde ich sie aber wirklich hinbekommen, das schwöre ich Ihnen.«
    »Wenn Sie darauf bestehen, Lady Marjorie«, entgegnete er, wobei er kurz mürrisch das Gesicht verzog. Daisys spontane Abneigung gegen diesen Mann bestätigte sich. Marjorie mochte ja eine kleine Nervensäge sein, aber Lord Stephen hatte seine Verachtung für sie nicht so deutlich zur Schau zu tragen.
    Daisy fand genau den richtigen Standort auf einer kurzen Mole neben einem hölzernen Bootshaus und baute ihre Kamera auf. Sie machte mehrere Photographien von den Schlittschuhläufern, die Brücke im Hintergrund. Freundlicherweise blieben sie alle an diesem Ende des Teichs, obwohl Daisy sie vorhin noch unter der Brücke hatte hindurchsausen sehen. Es war ein Jammer, daß die Farbphotographie ein so komplizierter und wenig zufriedenstellender Vorgang war, denn die leuchtenden Farben der Kleider machten einen großen Teil des Charmes dieser Szene aus.
    Daisy verknipste den ganzen Film. Die anderen Rollen befanden sich in ihrem Gladstone-Koffer, und so packte sie ihre Sachen zusammen, löste den Photoapparat vom Stativ und schob vorsichtig das Akkordeon des Objektivs wieder ein.
    Kaum, daß sie sich nicht mehr auf ihre Arbeit konzentrierte, spürte sie die beißende Kälte, die an ihren Zehenspitzen und Wangen nagte.
    Das zusammengeklappte Stativ ungeschickt unter einen Arm geklemmt, die Kameratasche am Riemen über die Schulter gehängt, marschierte sie weiter um den See herum. Ein gesandeter, gut ausgetretener Pfad im Schnee führte sie von der Bank auf das Haus zu. Ehe sie dort ankam, war Phillip zu ihr herübergeglitten.
    »Fertig? Ich helf dir, die Sachen nach oben zu tragen, wenn du die eine Sekunde wartest, bis ich mir die Schlittschuhe ausgezogen habe.«
    »Danke, das wäre eine große Hilfe.«
    Er lief hinüber zur Bank, um sich die Schuhe anzuziehen.
    Während sie zu ihm hinüberschlenderte, fragte sich Daisy, ob er wohl vorhatte, seine gelegentlich auftretende Verehrung für sie wieder einmal aufleben zu lassen. Seit sie ihre flaschengrüne Schuluniform hinter sich gelassen hatte wie ein Schmetterling seinen Kokon, machte ihr der Hochwohlgeborene Phillip Petrie, der dritte Sohn des Baron Petrie, immer mal wieder den Hof. Manchmal hatte sie allerdings den Eindruck, das lag eher an Gervaise als an ihrer Person.
    Sie lächelte ihn an, als er sie von ihrer Last befreite. Obwohl sie seine gelegentlichen Heiratsanträge standhaft ablehnte, mochte sie ihren Jugendfreund und einstigen Zopfzieher sehr.
    »Hast du deine Schlittschuhe mitgebracht?« fragte er und verkürzte seine langen Schritte, um sich ihrem Tempo anzupassen, während sie den Hügel hinaufgingen, auf dem sie trotz des gesandeten Weges hin und wieder ausrutschten.
    »Nein, daran hab ich nicht gedacht.«
    »Sicherlich kannst du dir welche ausleihen. Wir könnten dann gleich wieder hierherkommen. Es ist doch ein Jammer, einen so famosen Tag zu verschwenden.«
    »Ja, aber ich bin nicht als Gast hier, oder jedenfalls nicht zum Vergnügen. Ich werde hier sehr viel zu tun haben.«
    Er sah sie erstaunt an. »Was in aller Welt meinst du denn damit?«
    »Ich habe den Auftrag, für Town and Country einen Bericht über Wentwater Court zu schreiben«, sagte sie voller Stolz.
    »Du und deine dämliche Schreiberei«, stöhnte er auf. »Verflixt noch mal, Daisy, es kann doch nicht länger als eine Stunde oder so dauern, irgendeinen Quatsch für die Klatschspalte zusammenzuschreiben. Das wirfst du doch nachher ganz schnell aufs Papier.«
    »Es geht nicht um ein oder zwei
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