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01- Die Normannenbraut

01- Die Normannenbraut

Titel: 01- Die Normannenbraut
Autoren: Heather Graham
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gesessen hatte. Die süße, schöne Bridget lachte so fröhlich, aber dann wurde Alarm geschlagen, und sie zwang Erin zu flüchten. Das Mädchen drehte sich um und sah, wie die Tante ihren kleinen Dolch mit dem perlenbesetzten Griff tief ins eigene Herz bohrte, von wilder Angst vor den heranrückenden Nordländern getrieben. Schrille Schreckensrufe hatten sich in den grausigen Lärm der trommelnden Pferdehufe gemischt, als die Norweger über Clonntairth hergefallen waren, das Königreich des Onkels.
    Immer noch hatte Erin das Gefühl, das Kriegsgeschrei der Feinde zu hören, die wilde Klage des unvorbereiteten Irlands, das Feuer zu riechen, die bebende Erde zu spüren …
    Sie holte tief Atem, versuchte, die bösen Erinnerungen zu bannen, und dann sah sie die Eltern endlich aus dem Wäldchen am Bach zurückkehren. Unruhig hatte sie dagesessen, seit Maeve gerufen worden war, die Augen unverwandt auf die Bäume gerichtet. Ihre Finger schlangen Knoten in die Fäden des Kleids, das sie gerade flickte. In den zwei Jahren nach dem Fall von Clonntairth hatte sie versucht, ihr altes Leben weiterzuführen, ihre Position als Prinzessin von Tara zu genießen, Vater und Mutter vorzugaukeln, sie hätte jenen Schreckenstag vergessen. Doch das konnte sie nicht.
    Wie sie wusste, trafen sich an diesem Tag die Prinzen und Könige Irlands, um ihren Standort im bevorstehenden Kampf zwischen den Dänen und den Norwegern zu erörtern. Und wenn sie die Dänen Hasste, so verachtete sie die Norweger, vor allem Olaf den Weißen.
    Allein schon der Gedanke an seinen Namen erfüllte sie mit heißem Zorn und jagte ein wildes Zittern durch ihren Körper. Nun wollte sie endlich erfahren, ob die irischen Herrscher beschlossen hatten, Stellung zu beziehen. Wenn ja, so hoffte sie inständig, man hätte nicht entschieden, die Norweger wären das kleinere der beiden Übel.
    »Wenn du auf deine Stiche achten würdest, Schwester«, unterbrach Gwynn ungehalten Erins Überlegungen, »wären sie klein und regelmäßig. Du solltest dich endlich vom Fenster entfernen. Es ziemt sich nicht für eine Prinzessin, wie eine neugierige Bäuerin hinauszustarren.«
    Erin wandte sich zu ihrer älteren Schwester und seufzte gottergeben. Schon den ganzen Tag nörgelte Gwynn an ihr herum, aber Erin nahm ihr das nicht übel, denn sie wusste, wie unglücklich die junge Frau war.
    Natürlich war Gwynns Ehe aus dynastischen Gründen geschlossen worden, aber der junge König von Antrium hatte das Herz seiner Braut schon lange vor der Hochzeit gewonnen. Zu spät erkannte sie, dass die Ritterlichkeit ihres Mannes nicht über den Traualtar hinausreichte. Jetzt, da seine Frau, seit fünf Monaten schwanger, im Elternhaus lebte, übte der hübsche, wortgewandte, verführerische Heith seine Anziehungskraft offenbar auf andere Frauen aus. Aber sie wagte es nicht, sich bei ihrem Vater zu beschweren. Aed würde sie wegen ihrer Eifersucht schelten oder - noch schlimmer - sein jähzorniges Temperament, das er meistens zu zügeln wusste, gegen den Schwiegersohn ins Feld führen.
    »Du hast recht«, gab Erin mit sanfter Stimme zu. »Wenn ich nähe, muss ich versuchen, meine Gedanken im Zaum zu halten. «
    Sie lächelte ihre Schwester an und spürte den tiefen Kummer, der das heitere Mädchen in eine schwermütige Frau verwandelt hatte. »Aber du warst immer die Tüchtigste von uns allen. Weißt du noch, wie Mutter angesichts unserer Stiche zu verzweifeln pflegte und deine immer lobte?«
    Unsicher erwiderte Gwynn das Lächeln, und ihr wurde bewusst, dass sie diese freundlichen Worte eigentlich gar nicht verdiente, nachdem sie ihre Schwester den ganzen Tag schikaniert hatte. »Tut mir leid, Erin. Heute bin ich einfach unerträglich.«
    Erin verließ ihren Platz am Fenster, ging zu ihr und kniete vor ihr nieder. Sie legte den Kopf auf Gwynns Knie, dann schaute sie ihr in die Augen. »Das verzeihe ich dir nur zu gern, denn ich weiß, wie sehr dir das Baby zu schaffen macht.«
    »Süße Erin«, flüsterte Gwynn, und ihr Blick verschleierte sich. Trotz der Schwangerschaft war sie immer noch eine hübsche Frau. Ihrem Gesicht fehlte die Vollkommenheit, die ihre jüngste Schwester auszeichnete, aber zahlreiche Fürsten aus allen Landesteilen hatten sie umworben. Und deshalb fand sie ihr jetziges Schicksal um so bitterer.
    Plötzlich lachte sie ihre Lieblingsschwester verlegen an. »Um Himmels willen, steh auf! Ich führe mich wie eine ekelhafte Hexe auf, und du redest mir auch noch gut zu. Wie wir
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