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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wichtigen Städten von einer stattlichen Belohnung gekündet hatten. Er konnte nur hoffen, dass der Dänenkönig zu beschäftigt sein würde, seinen noch brüchigen Sieg zu festigen. Und dann würde er sicher zuerst im Umland von Xanten suchen lassen.
    Es war nicht leicht voranzukommen. Die großen Straßen und Wege mussten Sieglinde und Laurens ebenso meiden wie die Siedlungen und Städte. Der Rhein, an dessen unwegsamem Ufer sie sich halbwegs ungestört fortbewegen konnten, wand sich durch die Landschaft wie eine zappelnde Schlange in der Hand eines Jägers. Die Strecke wurde dadurch erheblich verlängert. Immer, wenn ein Schiff oder ein Floß in Sichtweite kam, schlugen sie sich ins Unterholz und warteten. Es war nicht zu erwarten, dass man sie bereits überall suchte, aber schon die Erinnerung an das seltsame Paar auf der mühsamen Route barg Gefahr.
    Die Pferde hielten gut durch. Angesichts des unsicheren Untergrunds aus Stein, Kies und Schlick tasteten sie sich langsam voran, und Ruhepausen waren selten nötig.

    Wenn der Abend kam, banden Sieglinde und Laurens die Tiere außer Sichtweite des Flusslaufs an und suchten sich einen geschützten Platz für die Nachtruhe.
    Laurens war es, der Nahrung besorgte, und trotz seiner mangelnden Ausrüstung brauchte er nie lange, um ein Rebhuhn oder ein Kaninchen zu erlegen. Das Feuer hielten sie klein, um nicht unnötig Aufmerksamkeit zu erregen. Das Fleisch des Essens war kaum durch, da schaufelte Laurens wieder Erde auf die Flammen.
    Sieglinde tat ihr Bestes, um die Mühsal der Reise zu lindern. Sie sammelte Holz, bereitete die Spieße vor und glättete den Boden für die Nachtruhe. Anfangs musste sie es tun, wenn Laurens auf der Jagd war, denn es war dem Krieger sichtlich unwohl, seiner Herrscherin bei körperlicher Arbeit zuzusehen. Aber Sieglinde setzte sich durch.
    Was sie nicht verhindern konnte, war Laurens' Entschiedenheit, mit der er sie zu bewachen verlangte. Er war sich bewusst, dass auch sein Körper Schlaf brauchte. Trotzdem legte er niemals die geschnürten Lederstiefel ab, hatte das Schwert immer an seiner Seite, und bevor er Sieglindes ruhigen Atem hören konnte, schloss er die Augen nicht.
    Am Morgen des vierten Tages erwachte er früh und fand den Platz neben sich leer. Er griff nach seiner Waffe und sprang auf. Es gab eigentlich keinen Grund, besorgt zu sein. Wahrscheinlich war Sieglinde nur einige Schritte gegangen, um die Knochen des gebratenen Hasens vom Vorabend im Erdreich zu vergraben.
    Er suchte sie in mehreren Richtungen, bis er an die Böschung kam, die zum Fluss hinunterführte. Beim letzten Hochwasser hatte der Strom das Ufer unterspült, und die Wurzeln einiger Bäume hatten den Halt verloren. Sie waren nach vorne geknickt und hingen mit ihren Kronen halb in den Rhein. Im Gewirr aus Ästen und Blättern konnte Laurens Sieglindes Gestalt ausmachen. Im Schutz der Bäume stand sie nackt im Wasser und wusch ihr Kleid.
    Es war ein seltsamer Anblick. Bis zu diesem Moment war es Laurens unmöglich gewesen, in Sieglinde etwas anderes zu sehen als seine Königin. Selbst als sie nackt im Zelt seines Herrn gelegen hatte, war sein Blick an ihrem Körper vorbeigeglitten wie etwas, das zu sehen er angesichts seines Ranges nicht vermochte.
    Er trat auf einen Ast, und Sieglinde horchte auf. Sie sah ihn unverwandt an, ohne Scheu, ohne Reiz. »Guten Morgen.«
    Laurens nickte knapp und drehte sich um. Es war nicht so, dass er Sieglinde begehrte. Aber sie war eine Frau, und sie war unbekleidet. Er dachte daran, die Lagerstätte zu räumen, als sie ihn zurückrief. »Gib mir deine Kleider, und ich werde sie auch waschen.«
    Laurens presste die Antwort zwischen den Zähnen hervor. »Das wird nicht nötig sein.«
    »Laurens«, rief Sieglinde streng. »Es ist nötig. Wenn unsere Pferde uns nicht verraten - unser Gestank wird es gewiss. Und wenn wir es bis zu Regins Schmiede schaffen, will ich von ihm nicht als alte Hexe mit einem Hammer erschlagen werden!«
    Laurens seufzte - weniger, weil ihm der Gedanke missfiel, sondern weil er wusste, dass Sieglinde Recht hatte. In der letzten Nacht hatte sein eigener Geruch es ihm schwer gemacht, einzuschlafen. Es kratzte und juckte überall, Schweiß, Blut und Dreck hatten sich im Stoff zu einer dunklen Kruste verbunden, die an seinen Beinen schabte und seinen verbliebenen Arm wund rieb.
    Er sprang die Böschung hinab zum Ufer. Dort warf er das Schwert hin. Dann löste er die Riemen seiner ledernen Stiefel, legte sie beiseite
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