Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
abgedichtet waren. Diese waren allerdings kaum noch zu sehen, denn der Wald hatte sich im Verlauf der Jahre - oder Jahrzehnte, Sieglinde konnte es nicht sagen - des Bauwerks bemächtigt und es mit dicken Moosflechten und Gräsern überwuchert. Es sah nun tatsächlich wie ein Hügel aus, der einen höhlenartigen Eingang zu haben schien, ein schwarzes Maul unter grüner Haube.
    Der Durchmesser der Waldhütte mochte an die zwanzig Schritte betragen, und Sieglinde bemerkte schräg hinter dem Hauptbau noch einen weiteren, kleinen Hügel, der vielleicht als Schlafstatt oder Lager diente.
    Obwohl Sieglinde noch niemals eine solche Bauweise gesehen hatte, erkannte sie die Vorteile auf Anhieb: Die Gräser schützten das Haus vor Wind und Regen und hielten im Winter die Kälte ab. Es war unauffällig und ideal für jemanden, der keinen Wert auf durchreisende Gesellschaft legte.

    Sie hörte nun das kräftige, aber deutlich gedämpfte Schlagen von Metall auf Metall. Offensichtlich hielten die Wände der Hütte auch den Lärm bei sich, so gut es ging.
    »Woher wissen wir überhaupt, ob er uns aufnehmen wird?«, wollte Sieglinde wissen. »Schließlich steht er nicht mehr im Dienst des Königs.«
    »Nicht in seinem Dienst, aber in seiner Schuld«, murmelte Laurens.
    Er wollte fortfahren, aber die Schläge in der Behausung hatten schlagartig aufgehört. Laurens sagte sich, dass Regin ihr halblautes Gespräch unmöglich gehört haben konnte, als bereits die Gestalt des Schmieds im Eingang der Hütte auftauchte.
    Sieglinde wusste nicht, was sie erwartet hatte. Vielleicht einen alten, knorrigen Mann mit kräftigen Händen und lederner Haut - so, wie man sich einen Schmied am Ende seines Lebenswegs vorstellte. Aber Regin entsprach diesem Bild in keinster Weise. Er war sehr klein, fast von geduckter Gestalt. Aufgrund seiner überbreiten Schultern schwangen die muskulösen Arme frei hin und her, ohne auch nur in die Nähe seines Oberkörpers zu kommen. Sie waren so lang, dass der kurze Hammer, der in Regins rechter Faust steckte, über den Boden schleifte. Struppige schwarze Haare wurden nur mühsam von einer Kappe gebändigt, und strahlend blaue Augen blitzten unter ebenso dunklen Brauen hervor. Um den Brustkorb war eine lederne Schürze gebunden, und die Beine waren bis zum kurzen Beinkleid ebenfalls in Leder gehüllt. Er sah aus wie dreißig, vielleicht vierzig Jahre.
    Am meisten fielen Sieglinde jedoch seine Hände auf. Sie waren schmutzig, das war kein Wunder, aber selbst auf die zwanzig Schritte, die sie noch von der Hütte entfernt sein mochten, konnte sie die glatten, vom Leben unangetastet wirkenden Finger sehen, die eher einem Barden als einem Schmied zur Ehre gereicht hätten. Keine Narben, keine Hornhaut, selbst die Nägel waren wie von Quarzsand poliert.
    Regin sagte kein Wort und stand nur im Eingang seiner Hütte. Sieglinde und Laurens gingen langsam und schweigend auf ihn zu.
    Der Schmied erkannte Laurens und folgerte, was geschehen war, denn der Wald hatte ihm vom Krieg und von Siegmunds Tod erzählt. Es war nicht schwer zu erraten, wen der treue Gefährte des Königs von Xanten hierher geleitete. Auch der Grund des Besuchs stand damit fest. Und der Schmied brauchte keine Bitte, die anzunehmen er sowieso verpflichtet war.
    Auch Laurens wusste, dass Regin ihn erkannte und dass der Schmied die notwendigen Schlüsse ziehen würde. Sieglinde wurde befangen und atmete tief ein, als wolle sie das Schweigen brechen. Laurens griff ihre Hand und drückte sie leicht, um sie davon abzuhalten.
    Regin ließ den kleinen Hammer fallen und fiel auf die Knie. Er senkte den Kopf, bis das Kinn seine schmutzige Brust berührte. »Mein Leben für Euer Leben, Majestät.«
    »Ich wünschte, ich könnte dir versprechen, dass es dazu nicht kommen wird«, sagte Laurens. »Steh auf.«
    Regin hob leicht den Kopf und sah Sieglinde an. Auch sie bedeutete ihm, sich zu erheben. Regin stand auf.
    »Keine Königin«, erklärte Sieglinde. »Line ist mein Name, und für die Zeit, die ich absehen kann, werde ich deine Gehilfin sein, so gut ich es vermag. Wenn Xanten nicht frei ist - bis ans Ende meiner Tage.«
    Es fiel Regin sichtlich leichter als Laurens, Sieglinde nicht länger als Königin von Xanten zu betrachten. »Line also. So sei es.«

    Er drehte sich kurz um, blickte in die Hütte und erschrak ein wenig. »Oh, mein Tagewerk! Einen Augenblick.«
    Der Schmied eilte in seine Werkstatt. Laurens und Sieglinde banden ihre Pferde an einen Baum und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher