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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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stattdessen steht nun alles still.«
    Elsa hielt dem Baby ihren kleinen Finger hin, an dem es sofort begierig zu saugen begann. »Er ist durstig. Ich werde in der Küche etwas Milch für ihn aufwärmen.«
    Gernot ging ihr hinterher. »Aber was sollen wir tun?«
    Ihre Aufmerksamkeit schien mehr dem Jungen zu gelten als den Fragen nach dem, was das Schicksal für sie vorgesehen hatte. »Erinnerst du dich, als wir einander versprachen, weder Rang noch Blut zwischen uns kommen zu lassen?«
    »Wie gestern«, bekräftigte der Prinz.
    Sie hielt auf dem Gang kurz inne, um in ihren Blick all jene Liebe zu legen, die ihren Worten vielleicht fehlte. »Dann sollst du eines wissen, Gernot von Burgund - ich werde fortgehen, und wenn du nicht deine Waffe ziehst, um mich zu hindern, nehme ich den Jungen mit.«
    Der Prinz war unfähig, dem Gedanken seiner Geliebten zu folgen. »Fort von Burgund - aber wohin? Und was soll aus mir werden?«
    Sie lächelte, als sie in die Küche kamen. »Gernot wird König von Burgund - oder Mann und Vater.«
     
    Es nieselte leicht, und düstere Wolken versprachen noch mehr schlechtes Wetter, als zwei Pferde den Hof von Burgund verließen und nordöstlich in den Wald der Nibelungen ritten.
    Elsa hatte sich ein Tuch um den schlanken Körper gewickelt, in dem der kleine Siegfried sicher schlief. Gernot hatte zwei Taschen hinter sich über den Pferderücken gehängt, die ein paar Kleidungsstücke und Proviant enthielten. Nichts davon wies auf seine Herkunft hin, nichts hatte Wert, mit dem er sich Respekt hätte erkaufen können. So hatten sie entschieden.
    »Solltest du es bereuen, werde ich dir die Umkehr nicht vorwerfen«, sagte Elsa.
    Gernot sah sie an. »Hättest du es nicht so vorgeschlagen -ich wäre bald selber darauf gekommen. König Gernot von Burgund? Ich bitte dich.«
    Sie lachte. »Du wärst ein wunderbarer König geworden.«
    »Wie Giselher, Gunther, Kriemhild gar? Mir scheint viel eher, dass der Thron auch aus guten Menschen Böses kitzelt.«
    »Der Thron - oder das Gold«, murmelte Elsa.
    »Beides hat für mich keinen Wert mehr«, erklärte Gernot. »Und wenn im Verzicht die Aussicht besteht, mit dir glücklich zu werden, ist es kein Preis, der zu zahlen war, sondern einer, der gewonnen wurde.«
    Sie ritten schweigend und in Einigkeit für eine Stunde, während das Licht des Tages trüb durch die Wolken drang. Dann und wann gab Elsa dem Kind Milch aus einem Lederschlauch, den sie immer unter der Achsel trug.
    Irgendwann erstarb das Lied der Vögel, und ein modriger Geruch kroch aus den Bäumen, zusammen mit einem Ton, der so fein war, dass man meinen konnte, er wäre gar nicht vorhanden. Die Luft schien stillzustehen, und jeder Ast und jeder Stein schien zu vibrieren.
    Gernot rieb sich die Schläfen. »Spürst du das?«
    Gernooot . . . Elsaa . . .
    Sie hielt ihr Pferd an. Obwohl ihr Kopf pochte, als wolle der Geist darin sich aus dem Staub machen, galt ihre Sorge dem Kind, das an ihrer Brust schlief. Doch Siegfried schien vom Druck des Unsichtbaren unbekümmert.

    Die Frucht . . . des Dieeebes . . . 
    Sie ritten weiter, doch das Flirren in der Luft verstärkte sich, und der Schmerz wurde wie eine Wand, die nicht einzureißen war.
    Burgunder Blut . . . und Nibelungen Gold . . . 
    Immer wieder drehte sich Gernot hastig um, wenn er meinte, einen Schatten in unnatürlicher Bewegung gesehen zu haben oder ein Gesicht in den Moosflechten auf den Findlingen.
    Das Spiel beginnt . . . erneut . . . 
    Als das junge Paar nicht mehr reiten konnte, weil die unsichtbaren Klingen ihre Leiber förmlich zu zerteilen drohten, hob Gernot die Hand. »Hier muss es sein, denn weiter können wir nicht.«
    Er zog den Ring aus seiner Jacke, den die Nibelungen schon gerochen hatten, als Gernot am Morgen über den Rhein gesetzt hatte.
    Der Ring! Ringringring! Unser! Mein! Unser!
    Nur kurz dachte der Prinz daran, was er aufgab, wenn der Ring zu dem fähig war, was man ihm zuschrieb. Dann sah er Elsas Blick, ihr leichtes Nicken, und mit kräftigem Ruck warf er das goldene Schmuckstück von sich.
    Ringringringringringringringring . . . 
    Das Flüstern der Nibelungen wurde zu einem Kreischen, und Hunderte von ungesehenen Händen griffen nach dem Ring, der in der Luft verharrte, als müsse er sich noch entscheiden, wohin er fallen wolle.
    Ein einziger Sonnenstrahl fand den Weg durch die Wolken, und im Ring fing er sich so gleißend, dass Elsa und Gernot ihre Augen schützen mussten. Als sie wieder klar sehen konnten,
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