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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der Steppe, giftig und im Leid sich suhlend. »Du kannst doch nicht zulassen . . . «

    »Zulassen, was ich selbst geplant habe?«, hielt sie ihm entgegen. »Ich muss es, wenn endlich enden soll, was schon zu lange schwelte.«
    Gunther hatte die Worte gehört, und mühsam schwankend drehte er sich zu seiner Schwester. »Kriemhild -du . . . du hast mich hergelockt, um Rache an Burgund zu nehmen?«
    »Vergesst die Gründe«, zischte Hagen. »Wir müssen fliehen, um in der Heimat die Kräfte neu zu sammeln!«
    Die Königin der Hunnen sah Gunther fast mitleidig an. »Nicht Burgund ist das Leid zugedacht - nur dir und den Soldaten, von denen ich wusste, dass du sie bringen würdest. Nach dem heutigen Tag wird das Reich nie mehr gegen fremde Grenzen reiten. Hörst du es fallen?«
    Tatsächlich wurden die Todesschreie im Zelt, die langsam mangels Opfer verebbten, ersetzt durch ebensolch grausame Sterbensklänge von den Plätzen überall in Gran. Zum Widerstand unfähig, fielen die Burgunder schnell und zahlreich, bis von zwanzig vielleicht einer es flüchtend in die Steppe schaffte.
    »Raus hier, nichts als raus!«, schrie Hagen nun.
    Gunther stolperte rückwärts von Etzel und Kriemhild weg, hektisch in alle Richtungen blickend, da er fürchtete, eine Klinge zwischen die Schulterblätter zu bekommen. Doch keiner der Xantener Soldaten tastete ihn an.
    Etzel, bleich in Empörung und Entsetzen, packte seine Frau am Arm. »Wie kannst du es wagen, hinter meinem Rücken dieses Morden zu planen? Du stürzt die Reiche ins Unglück!«
    Sie sah ihn an, doch ihr Blick ging durch ihn hindurch. »Ich erwarte nicht, dass du verstehst, mein Gatte. Und glaube mir, dass ich deinen Edelmut bewundere, obwohl ich ihn missbrauchen musste.«

    Der junge Hunnenkönig mühte sich, noch Worte zu finden. »Du hast nicht nur Burgund verraten, deine eigene Familie, sondern auch mich. Was bin ich nunmehr als der willige Helfer dieser üblen Tat?«
    »Ein guter Mensch«, sagte sie leise, als wäre es genug. »Der letzte in diesem Zelt. Und nun entschuldige mich -denn das Buch der Rache muss noch zugeschlagen werden.«
     
    Schrecken erfasste Gernot, als er die Schreie hörte und sein Fuß in eine Pfütze aus warmem Blut trat. Den ersten burgundischen Soldaten, der an einer Xantener Klinge hing, hatte er noch zu retten versucht, doch dann war ihm klar geworden, dass hier keine trunkene Tat zu verhindern war. Das Gemetzel geschah auf Befehl, und keine Seele aus dem Rheintal sollte Gran lebend mehr verlassen.
    Der Prinz rannte auf das große Zelt zu, die eigene Sicherheit missachtend, als plötzlich ein Krieger in Xantener Kluft vor ihm auf den Weg stolperte, das blutige Schwert gezückt. Gernot hielt inne, Auge in Auge mit dem Meuchler. Sie sahen einander schweigend an. Dann nickte der Soldat in Kriemhilds Dienst knapp und trat zur Seite.
    So glücklich Gernot für sein Leben war, so entsetzt war er doch, als er die Rettung auf Kriemhild zurückführen musste. Wer außer ihr konnte befohlen haben, die Burgunder abzuschlachten, ihn selbst aber zu verschonen? Wer hätte Interesse daran gehabt, wenn nicht die Prinzessin, die nun Königin war?
    Je schneller er rannte, desto langsamer schlug sein Herz, desto schwerer wurde seine Seele. Seine Füße trugen ihn zu einem Ort, zu dem er sich mit jedem Schritt weniger gezogen fühlte.

    Mit gemessenen Schritten, wie zur Hochzeit oder Krönung, ging Kriemhild durch die Reihen der treuen Xantener Soldaten, der entgeisterten Hunnen und der toten Burgunder. Sie hatte keinen Blick für das Leid, das auf ihren Befehl hin geschehen war, und das letzte Stöhnen einiger Landsmänner drang nicht in ihr Ohr. Ihre Augen fixierten Gunther, kalt und überlegen, der rückwärts zum Ausgang taumelte, dabei immer wieder über die Leichen seiner Männer stolpernd. Er jaulte jedes Mal wie ein getretener Hund, und obwohl er nicht schluchzte, rannen Tränen seine Wangen hinunter. In seiner letzten Stunde war der König Burgunds nur ein Bündel aus Feigheit und Erbärmlichkeit. »Kriemhild - meine Schwester! Was immer du zu wissen glaubst . . . «
    Sie hob langsam die linke Hand wie zum Schwur, damit Gunther den Ring sehen konnte. »Siegfried trug den Ring, als die Klinge ihn durchbohrte, von Hagen geführt. Doch wer führte den Hagen, der niemals eigenmächtig zu handeln wusste? Der Ring hat es gesehen.«
    Hagen selbst, der keine Anstrengung machte, seinen König zu stützen, höhnte nur für Gunthers Ohren. »Dann weiß sie eben von
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