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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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lüftenden Öffnungen der Außenwand gelangte er nach draußen, wo die feiernden Soldaten ihn mit lauter Stimme und klappernden Bechern weitertrugen.
     
    Gernot hörte den Jubel leise im Wind wehen, als er sich auf dem Schiff des Königs das Tuch mit dem Zeichen Burgunds unter den Arm steckte.
    Seltsam. Es gab kaum eine andere Erklärung für die Fröhlichkeit als Etzels und Kriemhilds Vermählung. Aber hatte seine Schwester nicht versprochen, dass er bei den heiligen Worten anwesend sein würde?
    Der Prinz sprang vom Schiff und eilte auf Gran zu, das eine halbe Stunde Fußmarsch vom Ufer der Donau entfernt war. Er war verirrt und verängstigt. Und es verwirrte ihn noch mehr, dass er nicht sagen konnte, was ihn ängstigte. Es war ein Schatten, der sich über seine Seele gelegt hatte und dessen Klauen sein Herz umklammerten. Er dachte an Elsa und daran, dass sie oft von diesem Gefühl sprach, wenn sie die Ränke am Hof von Burgund beobachtete. Erstmals konnte Gernot nachvollziehen, was sie damit meinte.
    Wie konnte die Begeisterung ihn so schrecken? War jetzt nicht alles besser und sicherer? War nicht endlich ein neues Kapitel aufgeschlagen, mit jungfräulich weißen Seiten, noch nicht vom Blut befleckt?
    Er lief noch schneller.

    Es dauerte einige Zeit, bis die Menge in und um das Häuptlingszelt sich wieder beruhigte und die Namen von Etzel und Kriemhild nicht mehr aus hunderten von Kehlen tönten. Zufrieden sah der Herrscher der Hunnen, wie seine Männer mit den Gästen sich verbrüderten und wie die Hochzeit neue Bande schloss. Auch Kriemhild sah sich lächelnd um, doch seltsam gespannt war ihr Blick. Immer wieder huschte ihr Blick zu mehreren Xantener Soldaten, die mit steinernen Mienen überall im Zelt verteilt waren.
    Als endlich wieder Ruhe einkehrte, stand Gunther auf und hob die Arme. »Fürwahr, ein großer Tag. Die dritte Hochzeit mit Burgunder Blut vor Jahresfrist. Die Hunnen können sich keine bessere Königin wünschen - und Burgund keinen besseren Schwager. Auf die Reiche! Auf den Frieden!«
    Wieder wurde geklatscht und gejubelt, selbst Hagen zollte den Worten seines Königs ungesehen Tribut.
    Kriemhild nickte ihren sorgsam verteilten Männern zu, die sich wie beiläufig daranmachten, die lüftenden Löcher in der Zeltwand zu verschließen und das Haupttor zuzuziehen. Alles geschah zur Überraschung, aber nicht gegen den Widerstand der Hunnen. Die burgundischen Krieger, vielfach schon im trunkenen Delirium, merkten nichts davon.
    Nur Hagen von Tronje sah aus den Augenwinkeln die seltsamen Aktivitäten und stellte sich neben Gunther. »Mein König, es liegt Unbill in der Luft. Die Wege ins Freie sind soeben verschlossen worden.«
    Gunther hörte kaum hin, er genoss den Zuspruch der Männer im Zelt. »Wer sollte auch den gastlichen Ort verlassen wollen?«
    In seine letzten Worte mischte sich der erste Todesschrei eines burgundischen Soldaten, erstickt von scharfem Eisen. Kaum war röchelnd ein Leben ausgehaucht, folgte ein zweites, drittes, fünf, dann zehn.
    Xantener Soldaten zogen gut versteckte Klingen und stachen die Burgunder, eben noch in Freundschaft vereint, ab wie Schweine, die es zu einem Festmahl auszunehmen galt. Manche zogen sie von Frauen, deren nackte Haut in Blut aus sprudelnden Kehlen gebadet wurde.
    »Mein König, wir wurden in eine Falle gelockt!«, rief Hagen, sofort den Platz vor seinem Herrn einnehmend.
    Kaum hatte sich das blutige Schauspiel durch die vom Wein getrübten Gedanken der anwesenden Könige gedrängt, schrie Gunther: »Burgunder! Zu den Waffen!«
    Doch es war kein Kampf, den es zu gewinnen gab. Es war ein Massaker, bei dem nüchterne und sorgfältig ausgewählte Garden vom Xantener Hof die schreiend torkelnden Soldaten Gunthers von links nach rechts und von oben nach unten zerteilten.
    Die Hunnenkrieger sprangen auf und hatten schnell eigene Klingen ergriffen. Sie blickten zu ihrem Herrscher, den Befehl zum Eingreifen erwartend. Doch als Etzel mit feurigem Blick der Schlachterei ein Ende bereiten wollte, spürte er die Hand seiner Frau am Arm. »Es geschieht nun, was geschehen musste. Altes Unrecht wird in neuem Blut gewaschen. Noch sind die Hunnen unbeteiligt, und wenn dein Befehl unterbleibt, wird heute nur Burgunder Tod gefeiert. Wenn du versuchst, mich aufzuhalten, nehme ich mir selbst das Leben, bevor die Sonnenscheibe Gran findet.«
    Kriemhilds Stimme war vollkommen ruhig und ohne jeden Zweifel. Etzel sah seine Frau an, als sei sie keine Frau, sondern ein Dämon
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