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0097 - Der unheimliche Richter

0097 - Der unheimliche Richter

Titel: 0097 - Der unheimliche Richter
Autoren: Jason Dark
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hatte bereits einen Teil aufgesaugt, trotzdem hing der Gestank wie eine Wand in dem Raum.
    Schnüffelnd trat Sir James Powell näher. Er wurde zum ersten Mal mit einem Ghoul konfrontiert, sonst kannte er ihn nur aus den Erzählungen, und er nahm auch zum ersten Mal diesen Verwesungsgestank wahr.
    »Pfui, Teufel, da kommt einem ja der Magen hoch«, knurrte Powell.
    »Da sehen Sie mal, womit ich mich alles herumschlagen muß«, erwiderte ich.
    Powell schaute mich nur an. »Schließen Sie die Tür.«
    Wir gingen wieder zurück ins Vorzimmer, wo eine blasse Glenda Perkins wartete.
    »Was ist mit Ihnen?« fragte ich.
    »Der Geruch…«
    Ich hob die Schultern. »Eine Tasse Kaffee wirkt da oft Wunder.« Sie bereitete frischen vor. Sir Powell trank keinen, er nahm nur sein Magenwasser.
    »Und damit wäre der Fall Grimes abgeschlossen«, stellte der Superintendent fest.
    Ich schwieg.
    Powell blickte mich mißtrauisch an. »Oder etwa nicht, Herr Oberinspektor?«
    »Doch, doch, Sir…«
    »Aber?«
    Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung, aber mir erschien die ganze Sache viel zu leicht.«
    »Seien Sie doch froh.«
    »Bin ich im Prinzip auch, doch ich traue den Burschen nicht. Die andere Seite ist raffiniert, für meinen Geschmack zu sehr. Die haben bestimmt noch einen Trumpf in der Hinterhand. Vor allen Dingen läßt sich Asmodina nicht so ohne weiteres ausbooten.« Powell winkte ab. »Sie sehen Gespenster, John.«
    Ich grinste. »Die sehe ich bei meinem Job öfter.«
    Für diese Antwort kassierte ich einen strafenden Blick. Powell erhob sich und ging zur Tür. An seinem Gesicht war abzulesen, wie sehr sich seine Laune schon gebessert hatte. »Ich werde sofort mit dem Innenministerium telefonieren und Bescheid geben, daß sie Grimes abhaken können.«
    Ich sagte dazu nichts.
    Als Powell keine Antwort erhielt, verließ er das Vorzimmer. »So ganz sind Sie mit dem Chef nicht einer Meinung«, sagte Glenda Perkins.
    »Das stimmt.«
    »Und was werden Sie jetzt tun?«
    »Sehen, daß mein Büro gesäubert wird. Solange werde ich unterwegs sein.«
    Glenda wurde leicht rot. »Ich dachte, Sie würden bei mir Ihre Zelte aufschlagen.«
    »Das wäre mir zu gefährlich.«
    »Wieso?« fragte sie unschuldig.
    »Raten Sie mal«, gab ich lächelnd zurück und verließ mit einem knappen Gruß das Vorzimmer.
    ***
    Asmodina und Sir James Maddox, der unheimliche Richter, blieben allein in dem düsteren Gewölbe zurück.
    »Steht noch eine Verhandlung an?« fragte Maddox gierig.
    »Nicht sofort.«
    »Wann denn?«
    »Wenn ich Sinclair habe. Über ihn kannst du zu Gericht sitzen.«
    »Warum holst du ihn dir nicht?« fragte Maddox.
    »Weil ich noch etwas anderes zu tun habe.«
    »Der Schwarze Tod?«
    »Ja, genau.«
    Maddox kicherte. »Du kommst nicht an ihn heran, wie? Hat Asmodis dir noch keine freie Bahn gegeben?«
    »Doch, aber er ist verflucht stark. Er ist dabei, seine Vasallen neu zu informieren. Er bläst zum Großangriff auf John Sinclair.«
    »Wann schlägt er zu?«
    »Ich weiß es nicht genau. Aber ich hörte, daß es nach der irdischen Zeitrechnung nur noch ein paar Wochen dauert.«
    »Vielleicht brauchst du dich um Sinclair danach nicht mehr zu kümmern«, vermutete Maddox.
    »Das wäre möglich.«
    »Und ich käme nicht zu meiner Verhandlung.«
    »Stimmt.« Mit dieser Antwort verließ Asmodina das Gewölbe. Die Wärter machten respektvoll Platz, als die Teufelstochter hinaus in die Alptraumlandschaft trat.
    Zurück blieb Maddox, ein unzufriedener Richter.
    Er ahnte, daß ihm Sinclair durch die Lappen gehen würde. Das war nicht der Sinn der Sache. Er hatte soviel von ihm gehört, wollte ihn vernichten. Es bestand zwar ein Plan, den er und Asmodina ausgeheckt hatten, doch Maddox traute dem nicht so recht. Deshalb wollte er selbst die Dinge in die Hand nehmen. Ein grausames Lächeln umspielte seine faltigen Mundwinkel, als er daran dachte, daß der Richter seine schreckliche Arbeit bald wieder aufnehmen würde…
    ***
    Wenn Ezra Parker in seinem Büro saß und durch das große Fenster über der Themse schaute, dann war er stolz.
    Stolz auf sich und das, was er erreicht hatte, und stolz auf seine Familie.
    Ihm gehörten zwei große Konservenfabriken, und er hatte auch mehrere Fischkutter laufen. Die Firma florierte trotz der allgemein schlechten Wirtschaftslage, und sein ältester Sohn Harold war so geraten, daß er in wenigen Jahren den Laden übernehmen konnte. Maud, seine zwanzigjährige Tochter, studierte in Cambridge, und er selbst hatte
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