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0097 - Der unheimliche Richter

0097 - Der unheimliche Richter

Titel: 0097 - Der unheimliche Richter
Autoren: Jason Dark
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überhaupt nicht berühren. Sein weiter Umhang flatterte, unter dem Hutrand flimmerte das grauschwarze Oval.
    Irgendwie hatten die beiden Knechte Ähnlichkeit mit dem Spuk. Und in der Tat hatte sich der unheimliche Richter diese Vasallen von dem Spuk quasi ausgeliehen.
    Die Leiter wurde unter den starken Ast gestellt. Ausgeklappt war sie längst. Der Delinquent brauchte nur hinaufzusteigen. Harold Parker schaute die Schlinge an. Seine Augen waren aus den Höhlen getreten, in seinem Mund spürte er einen scharfen Geschmack. Pelzig lag die Zunge in seinem Gaumen. Es bereitete ihm Schwierigkeiten, Luft zu holen.
    Alles verschwamm vor seinen Augen. Ein Tränenschleier lag auf seinen Pupillen.
    Maddox bückte sich und riß dem Mädchen, das zusehen sollte, die Hände vor dem Gesicht weg.
    »Los, sieh ihn dir an!« kreischte er.
    Die beiden Höllenknechte hatten Harold gepackt. Sie führten ihn auf die Leiter zu.
    »Hoch mit dir!« schrie Maddox.
    Harold blieb nichts anderes übrig, als dem Befehl zu gehorchen. Er setzte seinen Fuß auf die erste Stufe, wie es auch schon sein Vater getan hatte.
    Nun ging er denselben Weg.
    Tod allen Parkers!
    So hatte es Maddox angekündigt.
    Harold ging weiter.
    In seinem Gesicht zuckte es. Man sah ihm die Angst an, die ihn durchschüttelte. Der Tod war nah…
    Seine Schwester hockte noch immer auf dem kalten Boden. Aus großen Augen schaute sie zu Harold hoch. Sie sah, wie sich die Schlinge im Wind bewegte und dann von James Maddox festgehalten wurde, damit der Delinquent seinen Kopf hindurchschieben konnte.
    Der unheimliche Richter ging hinter ihm her. Er stieß Harold in den Rücken, damit er sich in eine bessere Position stellte.
    Links und rechts der Leiter hatten sich die beiden Gesichtslosen postiert.
    Zwei schreckliche Wärter, die den Tod des Delinquenten überwachen sollten.
    Maddox prüfte noch einmal die Schlinge und den Knoten. Er nickte zufrieden und legte sie dem Delinquenten dann um den Hals. Sie saß so, wie er es sich wünschte.
    »Jetzt wirst du sterben, Harold Parker!« versprach James Maddox.
    Er lachte und stieg die kleine Leiter wieder hinab.
    Er schnalzte mit der Zunge.
    Das Zeichen für die beiden Gesichtslosen.
    Synchron hoben sie ihre Beine ein wenig vom Boden ab. Einer das linke, der andere das rechte.
    Parker schaute geradeaus. Er sah auf das Haus, die Fassade schwankte. Ein einzelner Sonnenstrahl drang durch die Wolken und spiegelte sich in einem Fenster.
    »Ich will nicht sterben!« brüllte er plötzlich mit all seiner noch vorhanden Kraft. »Ich will nicht…!«
    Die Leiter war umgekippt, Parker hing in der Luft.
    ***
    Ich stand auf der Mauer des Grundstücks.
    Das Tor hatte ich verschlossen vorgefunden, mir blieb deshalb nur dieser etwas unkonventionelle Weg.
    Vor mir breitete sich das gewaltige Grundstück aus. Wer dieses Land sein eigen nannte, der gehörte nicht zu den Armen. Allein das Gelände war Millionen wert. Denn auch in London steigen die Grundstückspreise ins Unermeßliche, weil alles in die Stadt drängt.
    Ich sprang zu Boden. Die Distanz war nicht groß, außerdem dämpfte der Rasen meinen Aufprall.
    Das Haus konnte ich noch nicht sehen. Ein gepflegter Weg durchschnitt die weiten Rasenflächen mit dem alten Baumbestand.
    Der Wind spielte mit meinem Haar, und hier und da wurde noch Laub vom letzten Jahr hochgewirbelt.
    Schneereste sah ich nicht mehr. Der warme Südwestwind hatte auch die letzten Flecken weggetaut. Nach der Kälte der vergangenen Tage konnte man dieses Wetter direkt als frühlingshaft empfinden.
    Ich bemühte mich, immer in Deckung der Bäume zu bleiben. Nicht jeder brauchte mein Kommen jetzt schon zu bemerken. Der Rasen wirkte wie ein dicker Teppich, in den meine Füße einsanken. Das Gras war feucht, die Unterlage glitschig.
    Ein paar Spatzen lärmten in den kahlen Zweigen und Ästen der Bäume. Graue Wolken zogen über den Himmel. Hin und wieder schimmerte ein hellblauer Fleck hindurch.
    Manchmal sah ich auch die Hausfassade. Das Gebäude lag auf einem kleinen Hügel.
    Ich beschleunigte meine Schritte. Nichts war von einem dämonischen Eingreifen oder Wirken zu spüren, doch ich traute dem Frieden nicht. Die Ruhe kam mir trügerisch vor. Ich spürte, daß irgend etwas in der Luft lag.
    Da hörte ich die Stimmen.
    Oder war es nur eine?
    So genau konnte ich das nicht feststellen. Es spielte auch keine Rolle. Ich wußte nur, daß ich mich nicht allein auf dem großen Grundstück befand.
    Irgendein Gefühl zwang mich, noch
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