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0093 - Vlado - der Schreckliche

0093 - Vlado - der Schreckliche

Titel: 0093 - Vlado - der Schreckliche
Autoren: Franc Helgath
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Männer in ihre Arbeiten einteilte.
    Der alte Kroutek wankte vom Dorfkrug nach Hause. Er bezog eine bescheidene Rente und setzte sie fast ausschließlich in Kartoffelschnaps um, weil er am Tisch seiner Söhne und Enkel mitessen konnte. Am zehnten dieses Monats würde er keine einzige Krone mehr in den Taschen haben. Doch bis dahin fühlte er sich wohl.
    Er brabbelte vor sich hin, als er auf einen Bretterverschlag zuschlurfte, den seine Söhne ihm ans Haus angebaut hatten und in dem er seine Räusche ausschlief.
    Vom Garten her hatte man einen guten Ausblick auf die Seewand und die Ruine auf dem vorgeschobenen Felsen.
    Der alte Kroutek mied normalerweise ihren Anblick.
    Doch in dieser Nacht schaute er hoch und hielt sich am Zaun fest, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
    Dann ballte er eine Faust und reckte sie dem dunklen Gemäuer entgegen.
    Manche im Dorf, besonders die Jugendlichen, verlachten ihn, weil Kroutek erzählte, er hätte ›Gesichter‹. Er würde Dinge sehen, deren Anblick Sterblichen normalerweise verwehrt ist.
    »Das ist das Delirium, Kroutek«, hänselten sie ihn dann. »Was siehst du denn, Alter? Weiße Mäuse oder rosa Elefanten?«
    Dann wandte sich der alte Kroutek immer ab. Denn er sah grässliche Dinge.
    So wie in diesem Augenblick.
    Er schauderte zusammen, während er so mit geballter Faust zur Ruine hinaufstarrte.
    »Vlado! Blutfürst! Reicht es immer noch nicht, was du uns schon angetan hast? Ich wünsche dir die dreckigste Hölle an deinen gierigen Hals.«
    Hinter einem der Fenster flammte Licht auf, die Tür zum Haus wurde geöffnet. Ein Mann mit einem langen weißen Nachthemd schaute heraus.
    »He, Vater!«, sagte er mürrisch. »Ruf nicht wieder die ganze Nachbarschaft zusammen. Leg dich hin und schlafe endlich. Es ist spät genug.«
    Der alte Kroutek hörte nicht auf den Mann. Er starrte weiterhin zur Burgruine hinauf.
    »Vlado feiert wieder ein Blutfest«, sagte er mit seiner dünnen Greisenstimme. »Pavel, Basci, meine Freunde. Wir werden uns nicht Wiedersehen. Der Blutfürst hat euch in den Fängen.«
    »Du sollst aufhören, Vater«, brummte der Mann von der Tür her und etwas schärfer. »Du bist betrunken.«
    »Ja, ja«, murmelte der alte Kroutek. »Ich bin betrunken. Und unsere Freunde sind bald tot…«
    ***
    Nicole erlebte alles mit wie einen Alptraum. Sie sah, wie Zamorra davon geschleudert wurde, doch alles war ihr seltsamerweise egal. Sie ließ sich von dem buckligen Zwerg willig abführen. Sie machte sogar die erste in der langen Reihe und betrat die Burghalle gleich hinter Burko.
    Sie fühlte nicht, ob es heiß war oder kalt. Sie empfand überhaupt nichts. Ohne innere Anteilnahme nahm sie ihre Umgebung wahr.
    Ein langgestreckter Saal. Wenige Kerzen, die den größten Teil des Raums in düsterem Dunkel ließen. Eine lange Tafel. Blankpoliertes Holz. Nichts darauf. Einige Bilder an den Wänden und altertümliche Waffen, wie Schwerter, Hellebarden und Lanzen mit abgegriffenen Schäften. Hallten ihre Schritte von den Wänden wider?
    Mechanisch bewegte sich Nicole vorwärts.
    Der Zwerg schlug einen schwerfallenden Vorhang zur Seite. Dahinter brannten stark rußende Fackeln in eisernen Halterungen. Ausgetretene Steinstufen führten in die Tiefe. Nässe glänzte im Schein der Flammen. Roch sie irgend etwas?
    Nicole spürte nicht einmal den Boden unter ihren Füßen, spürte nicht den kalten Schweiß auf ihrer Stirn, den ihr Körper ohne ihr Zutun aus den Poren sickern ließ.
    Sie zählte die Stufen nicht, verschwendete keinen Gedanken an die Männer hinter ihr. Nicole Duval setzte einen Fuß vor den anderen wie eine Aufziehpuppe.
    Ihre Augen nahmen Eindrücke auf, ohne dass ihr Gehirn sie wirklich verarbeitete.
    Schließlich gelangten sie in einen Raum, der dem oberen bis auf unwichtige Einzelheiten glich. Die Bilder waren andere. Doch auch hier stand ein blankgescheuerter Tisch und an seinem Kopfende ein hochlehniger Stuhl. Rechts und links der Tafel befanden sich nur einfache Schemel.
    Burko, der Dämonenknecht, befahl aufgeregt, dass sie sich an einer der kahlen Seitenwände entlang aufstellen sollten. Nicole und die Männer gehorchten, als hätten sie zusammen geübt. Mit abgezirkelten Schritten nahm jeder seinen Platz ein.
    Unmöglich zu schätzen, wie lange sie so gestanden hatten.
    Später kamen noch weitere fünf Männer zu ihnen. Ihre Gesichter waren bleich und ausgezehrt. Nicole sah den Prager Professor und blieb in ihrer stoischen Ruhe verhaftet.
    Sie hatte ihn
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