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009 - Die Bestien

009 - Die Bestien

Titel: 009 - Die Bestien
Autoren: B.R. Bruss
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sind fast alle noch im Wald verstreut. Nur vier sind zurückgekommen.«
    Der kleine Andre war zwölf oder dreizehn Jahre alt. Er war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, untersetzt, kräftig und die gleichen dicken, roten Wangen.
    »Die Hundsviecher sind heute wie verrückt«, sagte er. »Was die alles anstellen!«
    »So? Was denn?« fragte Elina.
    »Na, heute Nachmittag während der Jagd …«
    Er verstummte.
    »Ja, was war denn da?« wollte Catherine wissen.
    »Da – da ist einer auf einen Baum geklettert.«
    »Auf einen Baum geklettert?« wiederholte Gilles. »Das hast du geträumt, mein Junge. Hunde klettern doch nicht auf Bäume. Wie soll denn ein Hund auf einen Baum kommen?«
    »Nicht so wie ich. Er ist einfach ’raufgelaufen, am Stamm entlang, als ob der Baum eine Straße wäre. Ich hab’ den Hund sogar erkannt. Es war Turenne, der mit den langen Ohren. Ich hab’s ganz genau gesehen, dass er es war.«
    Pierre Coutarel, der Jagdaufseher, kam hinzu. Er hatte die Worte seines Sohnes gehört.
    »Du sollst nicht immer das Blaue vom Himmel lügen, Andre, sonst ziehe ich dir die Ohren lang. Dann siehst du auch aus wie Turenne.«
    »Es ist keine Lüge, Papa. Ich habe …«
    »Wirst du wohl still sein! Los, bring Mutter die Milch!«
    Hopkins lachte.
    »Verrückt so was«, sagte er. »Ich habe nämlich heute Nachmittag auch einen Hund gesehen, der was Seltsames anstellte. Er flog durch die Luft. Aber ich habe das natürlich geträumt.«
    Vom Schloss her ertönte ein Gong, der die Gäste zum Abendessen rief.
    Beim gemeinsamen Mahl herrschte eine etwas gedrückte Stimmung. Der Unfall des Oberst Cour hatte die allgemeine Heiterkeit gedämpft. Als man sich erhob, wandte sich Dr. Vigour, den der Hausherr aufgefordert hatte, zum Essen zu bleiben, an Georges Sirven.
    »Ich werde noch einmal nach meinem Patienten sehen«, sagte er, während sich die anderen Gäste in den Salon begaben. »Er wird sicher schlafen, denn ich habe ihm ein Beruhigungsmittel gegeben. Eigentlich bin ich mit seinem Zustand wirklich recht zufrieden.«
    »Ich komme mit.«
    Georges Sirven schritt neben ihm zur Treppe.
    Robert sah Elina, die seine Tischdame gewesen war, fragend ah. Sie nickte, und beide folgten dem Arzt und dem Hausherrn in den ersten Stock.
    Die Tür zu Cours Zimmer war nur angelehnt. Vermutlich hatte der Arzt vergessen, sie zu schließen, als er zuletzt nach ihm gesehen hatte. Auch das Licht brannte.
    Sie traten leise näher und sahen, dass der Oberst schlief. Und dann bemerkten sie noch etwas.
    An der Zimmerdecke, einer weißgestrichenen Decke mit Stückarbeiten an den Rändern, waren deutlich die schmutzigen Pfotenabdrücke eines Hundes zu sehen. Die Pfotenspuren gingen an der linken Wand des Zimmers hinauf, quer über die Zimmerdecke, führten mehrmals um die Lampe herum und dann an der gegenüberliegenden Wand wieder herunter.
    Wortlos sahen sich Robert und sein Vater an.
    »Das gibt’s doch nicht!« sagte der Arzt schließlich. »Hunde können doch nicht wie Fliegen an der Zimmerdecke herumspazieren. Da hat sich jemand einen dummen Witz erlaubt.«
    »Und wer?« fragte der Hausherr. »Ich wüsste wirklich nicht …«
    »Es ist doch ausgeschlossen, dass ein Hund dort oben herumgelaufen ist«, sagte der Arzt. »Vielleicht will Ihnen jemand weismachen, dass es hier spukt, damit Sie ausziehen.«
    Der Hausherr runzelte die Stirn. »Das kann ich mir nicht denken.«
    »Vielleicht möchte jemand das Schloss kaufen, und um Sie zu vertreiben, hat er einen der Dienstboten bestochen, einen solchen Spuk vorzutäuschen.«
    »Das ist doch wirklich zu unwahrscheinlich«, meinte Georges Sirven.
    »Allerdings. Aber wissen Sie eine bessere Erklärung?« fragte Dr. Vigour.
    Der Hausherr schüttelte nur stumm den Kopf und betrachtete die Spuren an der Decke.
    »Bitte, tun Sie mir den Gefallen, niemandem von diesem Unfug etwas zu erzählen«, wandte er sich dann an die anderen. »Ich möchte vor allem nicht, dass mein? Frau etwas davon erfährt. Sie hat sehr schwache Nerven. Am besten beseitigen wir die Spuren so schnell wie möglich, damit der Oberst nicht vielleicht auch noch durch sie beunruhigt wird, wenn er erwacht. Sie scheinen ganz frisch zu sein und werden sich leicht abwischen lassen. Bist du so nett, das zu erledigen, Robert?«
    »Sofort, Vater.«
    Robert holte eine Leiter und einen Wassereimer mit einem Schwamm. Sein Vater hatte recht gehabt, die Spuren ließen sich leicht beseitigen. In einer Viertelstunde waren die Wände und die
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