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009 - Die Bestien

009 - Die Bestien

Titel: 009 - Die Bestien
Autoren: B.R. Bruss
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einen herrlich trockenen Humor. Ohne eine Miene zu verziehen, pflegte er die unglaublichsten Geschichten zu erzählen, von denen man dann nie wusste, ob sie wahr oder erfunden waren.
    »Na, Mr. Hopkins«, sagte Robert, »hier werden Sie keine große Jagdbeute machen können.«
    »Wer sagt Ihnen denn das? Sehen Sie mal!«
    Unter den bewundernden Blicken der beiden Paare zog Hopkins einen riesigen Hasen aus der Jagdtasche.
    »Aber verraten Sie mich nicht!« bat er mit Verschwörerblick. »Ich habe ihn nicht erlegt, sondern einem Wilderer abgekauft. Der Oberst wird platzen vor Neid.«
    Seine Zuhörer lachten. Robert wollte gerade etwas erwidern, als Hundegebell, Hufschläge und Rufe durch den Wald hallten.
    »Da drüben scheint sich was zu tun«, sagte Gilles. »Offenbar hat man den Eber doch noch auf gespürt.«
    »Ich reite mal hin.«
    Robert schwang sich in den Sattel, und Elina folgte seinem Beispiel. Im Galopp jagten sie zwischen den Bäumen hindurch. Schon nach wenigen Minuten hatten sie die verfallenen Mauern erreicht, die vor mehreren Jahrhunderten einmal zu einem Dorf gehört hatten. Sie zügelten ihre Pferde.
    Man hatte sie bemerkt, denn Georges Sirven rief mit lauter Stimme: »Robert, komm her! Schnell!«
    »Was ist denn los?«
    »Mach schnell! Es ist ein Unfall geschehen.«
    Robert und Elina schwangen sich vom Pferd und drängten sich gemeinsam durch das dichte Gebüsch. Nach zwei Dutzend Metern kamen sie zu einer Art Lichtung. Am Fuß einer Mauer lag der Oberst im Gras. Georges Sirven beugte sich mit besorgter Miene über ihn. Währenddessen blies auf der anderen Seite der Lichtung Pierre Coutarel ins Jagdhorn und hielt mit der Peitsche die Hundemeute in Schach. Ein Diener aus dem Schloss, der auf einem Ackergaul die Jagd begleitet hatte, kam hinter einem Trümmerhaufen hervor. Er trug eine Jagdflasche in der Hand, die er an einer nahen Quelle gefüllt hatte.
    Robert und Elina traten näher. Der Oberst war leichenblass. Georges Sirven wickelte einen Notverband um den Oberschenkel des Verletzten, der die Zähne zusammenbiss, um nicht aufzuschreien. Er zwang sich sogar zu einem Lächeln und sagte: »Ein bisschen Pech gehabt.«
    Elina betrachtete ihn ruhig. Sie schien weder erschreckt noch bewegt durch die tobenden Hunde oder den Unfall.
    »Was ist denn geschehen?« fragte sie mit ihrer hellen frischen Stimme.
    Oberst Cour schnitt eine Grimasse. »Um ein Haar wäre ich dabei draufgegangen. Kein sehr rühmliches Ende, von einem Eber getötet zu werden. Aber schließlich hat er doch dran glauben müssen. Da hinter der Mauer liegt er. Aber er hat mir ein ganz schönes Stück aus dem Bein gerissen. Und einer von den verdammten Kötern hat mich in den Arm gebissen. Ich bin bestimmt nicht empfindlich, aber das spürt man. Ich hatte es schon so im Gefühl gehabt, dass heute etwas schief geht.«
    »Hol schnell einen Wagen!« sagte Georges Sirven zu seinem Sohn. »Und fahre so nah wie möglich hier heran. Bring auch eine Bahre mit!«
    »Keine Bahre!« rief der Oberst. »Den Wagen können Sie holen, aber doch keine Bahre! Sie helfen mir aufs Pferd, und dann reit ich zum Wagen.«
    Mit zitternden Händen nahm Cour die Jagdflasche entgegen und trank durstig. Dann ließ er sich wieder ins Gras zurücksinken und schloss die Augen.
    »Es ist eine furchtbare Wunde«, raunte Georges Sirven seinem Sohn zu. »Beeil dich!«
    In diesem Moment ertönte ein seltsamer Schrei, dem ein unheimliches Lachen folgte.
    Robert war unbehaglich zumute, und Elina, die sich bisher so unerschütterlich gezeigt hatte, erbleichte. Die Hunde verstummten jäh.
    Der Oberst schlug die Augen auf.
    »Was für ein seltsamer Vogel!« sagte er. »In Südamerika gibt es einen, der so ähnlich schreit, aber in Europa habe ich so einen Schrei noch nie gehört.«
    Robert nahm den Arm der Pianistin. »Kommen Sie! Wir wollen den Wagen holen.«
    »Gehen Sie ohne mich! Ich werde hier warten.«
     

     

Es war Nacht geworden.
    Man hatte den Oberst in sein Zimmer transportiert. Trotz seines Protestes hatte Robert eine Bahre zur Unglücksstelle mitgebracht. Man hatte sie nötig gebraucht, denn der Verwundete hätte sich gar nicht auf dem Pferd halten können. Im Wagen war er zweimal in Ohnmacht gefallen.
    Dr. Vigour, ein dicker Mann mit Vollbart, der eiligst aus dem nächsten Ort herbeigeholt worden war, schüttelte den Kopf, als er die Verletzung untersuchte.
    »Höchst ungewöhnlich!« sagte er später zu Georges Sirven. »Das Stück Fleisch aus dem Oberschenkel
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