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0084 - Schreie in der Hexengruft

0084 - Schreie in der Hexengruft

Titel: 0084 - Schreie in der Hexengruft
Autoren: Dieter Saupe
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sagte sie mit ihrer rauhen Stimme. »Trink, und du wirst es dir bald anders überlegen.«
    Was Marja darauf antwortete, versetzte die Hexen in große Verwunderung. Nur Idrina durchschaute das Manöver des Mädchens, als sie dessen Worte hörte.
    »Ihr braucht mich nicht zu zwingen«, rief Marja. »Ich glaube nicht daran, daß euer Getränk meinen Willen lähmen kann. Ich fürchte nicht, was ihr zusammengebraut habt. Gib her die Flasche, verdammte Hexe. Ich zeige dir, daß ich unverwundbar bin. Zehn Flaschen von diesem Zeug werde ich austrinken. Und ihr werdet meinen Willen nicht beeinflussen. Sieh mich nicht so verdattert an, du Hexe Mihaila. Gib her das Zeug!«
    Mihaila war wirklich perplex. Sie konnte keine Fragen stellen. Sie war verwundert über die Ruhe und Sicherheit des zierlichen Mädchens. Sie mußte einfach daran glauben, daß Marja sich fügte und trinken wollte.
    Da reichte sie ihr die Flasche.
    Mit einer schnellen Bewegung zog Marja den Stöpsel heraus. Dann setzte sie die Flasche an den Mund. Die Hexen glaubten, daß sie wirklich von dem giftigen Gebräu trinken würde.
    Aber Marja hatte anders geplant.
    Wohl nahm sie einen Schluck von dem Zeug, dessen Zusammensetzung sie nicht kannte.
    Aber sie schluckte den Saft nicht. Sie ließ ihn gerade bis hinter ihre Lippen kommen.
    Dann trat sie einen Schritt auf Mihaila zu. Ihr Mund öffnete sich, und Marja spie der Hexe die Flüssigkeit ins Gesicht.
    Mihaila schrie auf. Das flüssige Gift brannte in ihren Augen, auf ihrem Gesicht, auf ihren Lippen. Instinktiv hielt sie die Hände vors Gesicht.
    Marja holte schon zum nächsten Schlag aus. In der alten Baba hatte sie die Anführerin der Hexen erkannt. Sie mußte versuchen, zuerst diese unschädlich zu machen.
    Sie holte zu einem gewaltigen Wurf aus. Ihr Arm zuckte zurück, und im nächsten Augenblick schnellte er durch die Luft nach vorn.
    Die Giftflasche traf voll ins Ziel.
    Krachend landete sie auf Babas Schädel. Sie zerbarst in tausend Stücke und ließ die Flüssigkeit über Babas Kopf rinnen.
    Nun war es die alte Baba, die gellend aufschrie. Niemand hatte mit einer solchen Reaktion des schmächtigen Mädchens gerechnet.
    Baba hörte nicht auf zu schreien. Das Gift fraß sich ätzend durch ihr Haar, brannte wie Feuer auf ihrer Kopfhaut. Es ergoß sich über ihre Ohren, lief über die Wangen bis zum Hals hinunter.
    »Biest!« schrie die Hexe los. »Du kleines, niederträchtiges Biest! Schlagt sie nieder! Ich verbrenne! Haltet sie!«
    Aber die anderen standen sekundenlang wie gelähmt.
    Als sie den ersten Schreck überwunden hatten, sahen sie Marja fünfzig Meter vor sich.
    Das Mädchen hatte die Schrecksekunden der Hexen genutzt. Sie nahm alle Kräfte zusammen. Lief um ihr Leben, um ihre Freiheit.
    Zunächst sah es so aus, als würde sie den Hexen entkommen.
    Schon hatte sie fast den ganzen Stollen hinter sich gebracht. Da hörte sie das wütende, fauchende Atmen der Hexenweiber hinter sich.
    Sie fand den Schacht, der nach oben führte. Ihre Hände suchten Halt, griffen nach den untersten Steinen, die aus der Wand ragten.
    Mühsam zog sie sich nach oben, kletterte, keuchte, fand Halt an den nächsten Steinen, die als Sprossen dienten.
    Da fühlte sie die knochigen Finger der Hexen an ihren Beinen. Die Hexen hängten sich mit ihrem ganzen Gewicht an ihren Körper. Es war unmöglich, sich weiter nach oben zu ziehen.
    Mit letzter Kraft umkrallte Marja zwei der Steine. Wollte sich festhalten. Aber sie verlangte Übermenschliches von sich.
    Eine Zentnerlast hängte sich an ihre Waden, und die Kraft ihrer Hände ließ schnell nach.
    Sie glaubte, daß sich ihre Finger aus den Gelenken rissen. Da mußte sie loslassen. Die Anstrengung und der Schmerz waren zu stark.
    Sie fiel, und sie fiel weich. Bei ihrem Sturz riß sie zwei der Hexen mit zu Boden, kam auf sie zu liegen.
    Aber die anderen waren sofort über ihr. Es waren Andra und Jadwiga.
    Kratzend fuhren ihre Hände über den zarten Körper der Gefangenen. Sie rissen die Gesichtshaut des Mädchens auf, krallten sich in das Fleisch ihrer Waden und Schenkel. Unbarmherzig schlugen sie das Mädchen, kratzten, rissen, zerrten an dem jungen geschundenen Körpern.
    »Aufstehen!« brüllte die alte Baba.
    Marja versuchte es. Aber sie war zu geschwächt.
    Da wurde sie von den Hexen an den Armen gepackt.
    »Schleift sie hinüber in die große Kammer!« schrie die alte Baba.
    Widerstandslos mußte Marja es mit sich geschehen lassen.
    Die Hexen zerrten das Mädchen mit sich.
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