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008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg
Autoren: Gimone Hall
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diesen Zwischenfall. Peter hatte sich symbolisch für seine eingebildete Schuld bestrafen wollen, indem er die Bilder wieder an den alten Platz gehängt hatte. Dies hatte ihr Dr. Bollard Jahre später erklärt.
    Beth blieb immer öfter allein zu Hause, während Peter beruflich unterwegs war. Hin und wieder fuhr sie mit, aber dieser Zustand dauerte nicht lang. Beide wünschten sich sehnlichst ein Kind, und Beth war nach wenigen Monaten wieder in anderen Umständen. Diesmal behielt sie das Kind sechs Monate. Peter war gerade unterwegs, als Beth die Fehlgeburt erlitt. Sie schleppte sich ans Telefon, rief um Hilfe und brach neben dem Apparat zusammen.
    Aus einem Meer von Schmerzen hörte Beth ein Stöhnen. Ein grässliches Geräusch. Sie wollte sich die Ohren zuhalten, doch das Geräusch schien aus ihrem eigenen Mund zu kommen. Vor ihren Augen tauchte ein verwirrendes Bild auf: die weiße Schwesterntracht bestand aus staubigen weißen Tüllgardinen.
    »Peter …« Sie wurde in die Kissen zurückgedrückt. War er es?
    Sie hörte seine Stimme: »Beth, Beth, warum tötest du unsere Kinder?«
    Ein Traum als Nachwirkung der Narkose. Natürlich hatte er das nicht wirklich gesagt. Dieses erste Mal, da man sie Mörderin nannte, war eine bloße Täuschung gewesen. Ein anderes Mal würde sie es von allen Seiten zu hören bekommen – und es würde die Wahrheit sein.
     
     
    ***
     
     
    Beth wurde gewahr, dass sie in Karen Allenbys Schlafzimmer lag. Sie stieß die Decke weg und stand auf. Die Wahrheit. Dr. Bollard hatte sie in unzähligen Gesprächen von dieser Wahrheit überzeugt. Aber war es die Wahrheit? Sie hatte sich nie erinnern können, Peter ermordet zu haben. Niemals. Sie legte die Puppe in Karens Kommode und ging ins Wohnzimmer.
    Beth schlug eine Seite im Telefonbuch auf, suchte und nahm den Hörer zur Hand. Sie genoss seit fünf Tagen die Freiheit und stand im Begriff das zu tun, wovor man sie gewarnt hatte. Mit zitternden Händen wählte sie die Nummer.
    Es gab nur zwei Menschen, die wissen konnten, was damals in jener Nacht in dem alten, unheimlichen Haus geschehen war. Diese zwei Menschen waren jetzt beisammen. Ihre Tochter Starla und Effie Saxton, Starlas Kinderfrau, mit dem gutmütigen, runden Gesicht, die vor Gericht gegen sie ausgesagt hatte. Seit Beth die klinische Atmosphäre hinter sich gelassen hatte, war der alte Glaube an ihre Unschuld in ihr immer stärker geworden. Sie musste Effie Saxton finden.
    Im Hörer summte es. Sie drückte den Hörer ans Ohr. Eine schläfrige Stimme meldete sich.
    Sie wusste sofort, dass sie sich geirrt hatte. Sie entschuldigte sich und wählte noch einmal. Sie wählte jede Nummer, die Effies Nummer hätte sein können. Als sie endlich Schluss machte, und den Hörer auflegte, war sie innerlich ausgehöhlt, und ihre Hände waren feucht. Effie war unauffindbar.
    Im Telefonbuch war eine einzige Nummer übrig geblieben. Beth hatte daneben ein Zeichen gemacht. Eine Nummer, unter der sich niemand gemeldet hatte.
     
     
    4
     
     
    Es war einige Tage später. Die Sonne zeigte sich endlich. Ihr kaltes und unwirklich helles Licht ließ alles flach und zweidimensional erscheinen. Die Farben waren grell und ohne Zwischentöne, die Nachmittagsschatten dunkel und hart.
    Beth saß an einem verkramten Schreibtisch und war in ihre Arbeit vertieft. Vor ihr stand eine Tasse mit kaltem Kaffee und ein angebissenes Brötchen. Die Schreibtischlampe verbreitete einen warmen Schein, in dessen Mitte Beth sich in einer angenehmen Welt verlor und alles um sich herum vergaß.
    Leise trat jemand ein, kam näher und wurde schließlich von Beth bemerkt. Sie drehte sich erschrocken um.
    »Marq! Siehst du mir schon lange so über die Schulter?«
    »Und wie! Du warst total in deine Arbeit vertieft.«
    Er warf einen Blick auf ihre Zeichnung. »Die Skizze gefällt mir.«
    »So? Wirklich?«
    »Sehr gut. Und du wolltest mir einreden, du könntest jetzt nicht mehr entwerfen!« Er setzte sich auf einen Hocker vor dem Schreibtisch und stützte die Ellbogen auf die Schreibtischplatte. »Fühlst du dich nicht zu Höherem berufen?«
    »Ist Ärger damit verbunden?«
    »Was glaubst du denn von mir?« Marq tat entrüstet.
    Beth lächelte. »Marq, ich kenne dich. Wenn du so ein Gesicht machst, möchtest du mich ’reinlegen.«
    Er zuckte die Achseln und begann ihr angebissenes Brötchen zu essen. »Man könnte es auch eine Herausforderung nennen – für jemanden, der konstruktiv sein will.«
    »Na schön. Um was geht es?
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