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008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg
Autoren: Gimone Hall
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Etwa um die Dame, die vor einer Stunde bei dir im Büro war?«
    Er kniff die Augen zusammen. »Du kannst Gedanken lesen.«
    »Keine Rede. Ich habe sie gesehen, das ist alles.«
    »Mrs. Duane Hillburton«, sagte er. »Kennst du Mrs. Hillburton?«
    »Nur dem Namen nach.«
    »Sie gehört zur besten Gesellschaft und ist steinreich. Ihre Tochter Linda steht kurz vor der Hochzeit. Man hat das Haus Gipson mit der Angelegenheit betraut – Ausstattung, Hochzeit, Brautkleid – das ganze Drum und Dran. Hochzeit des Jahres. Vielleicht sogar des Jahrzehnts.«
    »Gratuliere. Und was weiter?«
    »Ich persönlich würde lieber eine Schimpansin einkleiden als diese Linda Hillburton. Das wundert dich?«
    »Ehrlich gesagt, ja. Es kann keine Frau geben, die so hässlich wäre, dass der große Marq Gipson sie nicht wenigstens passabel zurechtmacht.«
    »Ich habe nicht behauptet, Linda Hillburton wäre hässlich.«
    »Was dann?«
    »Das solltest du selbst herausfinden. Wenn ich es dir jetzt sage, verderbe ich dir den Reiz des Abenteuers. Los, begib dich in die Höhle des Löwen. Der Chauffeur der Hillburtons wird dich abholen – oder um genauer zu sein: er erwartet dich unten.«
    Marq klappte ihr Skizzenbuch zu und reichte es ihr. Er half ihr in den Mantel und küsste ihr die Hand.
    »Beth, du bist meine Retterin. Meine besten Wünsche begleiten dich.«
    »Marq …«
    Er winkte ihr zu und verschwand ohne weiteren Kommentar.
    Unten in der Halle fand Beth den stoisch wartenden Chauffeur vor. Sie würde in Mrs. Hillburtons Haus auf Long Island bereits erwartet, teilte er ihr mit. Während der Fahrt unternahm Beth, die verloren im Fond des Cadillacs saß, vergebliche Versuche, ihn auszuhorchen.
    Der erste Besuch bei einer Kundin war sehr wichtig. Man musste sich ein Bild von ihr machen, ungefähr die gleiche Wellenlänge anpeilen, herausbekommen, was für ein Mensch sie war, gleichgültig, was sie einem sagte oder vormachte. Je mehr man wusste, desto besser wurden die Entwürfe. Die Körpermaße waren nur eine Angelegenheit am Rande. Beth hatte diese Dinge im Gefühl. Das war auch einer der Gründe, warum Marq auf sie angewiesen war, wenn es sich um schwierige Kundinnen handelte.
    Aber warum war Linda Hillburton schwierig? Der Chauffeur jedenfalls ließ sich keine Indiskretion zuschulden kommen.
    »Sind Sie schon lange bei den Hillburtons?«
    »Ein paar Jährchen«, lautete die Antwort.
    »Na, dann müssen Sie Linda Hillburton einigermaßen kennen. Wie ist sie denn?«
    »Hm, das könnte ich gar nicht sagen.«
    »Ihre Heirat ist wahrscheinlich ein Volltreffer?«
    Der Chauffeur beantwortete diese Bemerkung mit einem undefinierbaren Geräusch – einem Mittelding zwischen Rülpsen und unterdrücktem Niesen. Erst als sie auf dem Land dahinfuhren, auf einer Straße, die zwischen weiträumig angelegten Landsitzen dahinführte, verlor er einen Augenblick seine Haltung.
    Denn hinter ihnen war ein blauer Mercedes aufgetaucht, der andauernd Überholversuche machte. Der Chauffeur ließ sich nicht beirren, bis schließlich der Fahrer des Mercedes bei einer leichten Kurve, die über eine steinerne Brücke führte, aufs Gas trat und laut hupend vorbeizog. Auf der Gegenfahrbahn tauchte ein Wagen auf. Beth drückte sich in den Sitz und sah weg. Das Hupen wurde zu einem Heulton. Sie spürte, wie der Wagen schleuderte und hörte dann ein Knirschen.
    Der Hupton brach ab, und der Chauffeur des Cadillacs stieß jetzt ein Wort hervor, das weit, ganz weit unter seiner gezeigten Würde lag. Beth öffnete wieder die Augen. Der blaue Mercedes brauste davon und verschwand. Der Cadillac hatte das Brückengeländer gestreift, um ihn vorbeizulassen.
    »Mr. Ramon Garza«, sagte der Chauffeur.
    »Wer ist das?«
    »Miss Lindas Verlobter.«
    »Ein rücksichtsloser Fahrer«, wagte Beth zu bemerken. »Ist er ein Playboy?«
    »Nein, Playboy könnte man ihn nicht nennen. Er ist ein radikaler Linker – war in Südamerika in alle möglichen Sachen verwickelt. Würde mich gar nicht wundem, wenn der …« Er verschluckte im letzten Moment das Wort und entschuldigte sich für seine respektlose Sprache. Natürlich wollte er vermeiden, dass seine Brotgeberin davon erfuhr. Ihm reichte es vollauf, dass er ihr den verbeulten Kotflügel erklären musste.
    Als Beth vor dem Haus der Hillburtons dem Cadillac entstieg, stand der Mercedes bereits da. Ein schlanker junger Mann verschwand eben im Haus.
    Beth läutete. Sie wurde vom Hausmädchen eingelassen und in einen noblen Empfangsraum
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