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0079 - Der Tyrann von Venedig

0079 - Der Tyrann von Venedig

Titel: 0079 - Der Tyrann von Venedig
Autoren: Richard Wunderer
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Kapelle heran. Sie war nicht größer als die anderen und bedeckte nur eine Gruft. Sie besaß jedoch in ihrer Seitenwand eine Gittertür, die jetzt offenstand. Eine Treppe führte in die Tiefe.
    Tarrant war hinuntergegangen. Das stand fest. Nicht fest stand jedoch, was da unten geschah. Traf er sich mit jemandem? Hinterlegte er etwas? Oder befand sich in der Tiefe ein magisches Tor, durch das er an einen ganz anderen Ort gehen konnte?
    Je nachdem mußte ich ihm folgen oder hier auf ihn warten. Die Entscheidung fiel mir schwer und wurde mir gleich darauf abgenommen. Ich hörte aus der Tiefe unterdrücktes Husten. Gleich darauf erklangen Schritte auf der steinernen Treppe.
    Blitzschnell zog ich mich zurück und preßte mich hinter einer Türe gegen eine Steinsäule. Selbst wenn Tarrant auf Armeslänge an mir vorbeiging, würde er mich nicht bemerken.
    Er kam tatsächlich wieder an die Oberfläche, schloß das Gitter, ohne es zu versperren, und wollte zurück zum Ausgang. In diesem Moment passierte es.
    Commissario Bennato hustete!
    Tarrant reagierte geistesgegenwärtig. Er schnellte sich mit einem weiten Sprung in Richtung Ausgang.
    Ich sprang aus meiner Deckung und versperrte ihm den Weg. Er konnte nicht rechtzeitig ausweichen und prallte gegen mich. Im nächsten Augenblick hing er in einem Polizeigriff, aus dem sich nicht einmal ein Orang-Utan befreit hätte.
    »Veranstalten Sie eine Besichtigung der Friedhofsinsel?« zischte ich ihm ins Ohr. »Wo haben Sie denn Ihre Reisegruppe gelassen? Haben Sie die Leute bei der Ruhestunde im Hotel verloren, Tarrant?«
    Er zuckte bei jedem Wort zusammen. Ich fühlte, wie er am ganzen Körper zu zittern begann.
    Der Commissario tauchte aus seinem Versteck auf und breitete mit einem verlegenen Lächeln die Arme aus. »Tut mir leid, Signor Sinclair! In der Polizeischule ist es mir zum bisher ersten und letzten Mal passiert, daß ich einen Einsatz durch Husten verpatzt habe.«
    Ich winkte ab. »Kann jedem passieren! Also, Tarrant, was ist nun? Wie sind Sie an den Schwarzen Dogen gekommen? Bezahlt er Sie? Hat er Ihnen Macht und Glück auf Erden versprochen? Reden Sie! Wo versteckt er sich?«
    Trotz seiner Angst lachte Tarrant gehässig auf. »Sie wissen überhaupt nichts, Sinclair!« schrie er. »Der Schwarze Doge ist so mächtig, daß ihn niemand vernichten kann! Erst wird er diese Stadt übernehmen! Dann schickt er seine Sklaven aus! Ich bin stolz darauf, daß ich ihm fünf Sklaven zugeführt habe, und es werden mehr werden! Oh ja, er bezahlt mich! Ich habe Erfolg im Leben, keine Frau kann mir widerstehen!«
    »Eine hat dir widerstanden!« schrie ich. »Jane Collins! Was hast du mit ihr gemacht, du… du…! Wo ist sie?«
    »Beim Schwarzen Dogen, wo sonst?« Er nutzte den Moment, in dem ich über die ungeschminkte Wahrheit erschrak, obwohl ich damit gerechnet hatte. Für einen Sekundenbruchteil lockerte sich mein Griff.
    Im nächsten Moment trat er unfair nach mir und traf mich, daß ich mich krümmte. Ehe der Commissario eingriff, schnellte sich Tarrant wieder in die Gruft und hastete die Treppe hinunter.
    Ich war ihm dicht auf den Fersen. Mit einem einzigen Tritt ließ ich mich nicht ausschalten.
    Die Stufen waren feucht. Ich mußte scharf aufpassen, daß ich nicht ausrutschte und kopfüber in die Tiefe sauste.
    Tarrant erreichte eine kleine, leere Gruft. Ich stieß mich von der untersten Stufe ab und wollte mich auf ihn werfen. Im letzten Moment sah ich den leuchtenden roten Bogen. Etwa so hoch wie eine normale Tür, flimmerte er in der Mitte der Gruft.
    Tarrant warf sich mit einem Satz hindurch und war verschwunden. Ich wollte ihm auf Gedeih und Verderb folgen, doch mit Tarrant löste sich auch der rote Bogen auf.
    Vielleicht würde ich nie erfahren, was aus dem Reiseleiter wurde!
    Enttäuscht kehrten Commissario Bennato und ich zu dem Polizeiboot zurück. Schweigend fuhren wir nach Venedig. Der Commissario setzte mich am Hotel ab. Als ich ausstieg, wandte er sich ernst an mich.
    »Bitte, verständigen Sie mich sofort, wenn Sie etwas erfahren«, bat er flehentlich. »Ich… ich habe ein persönliches… Interesse.« Er schluckte. »Gloria Gianelli ist meine Schwester. Signor Sinclair, mein Neffe befindet sich in der Gewalt des Schwarzen Dogen! Ich setzte meine ganze Hoffnung in Sie!«
    Das war eine überraschende Eröffnung. »Ich tue, was ich kann, Signor Commissario«, versprach ich und betrat das Hotel. Ich fand Suko und Shao in heller Aufregung und am Rand eines
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