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0079 - Der Tyrann von Venedig

0079 - Der Tyrann von Venedig

Titel: 0079 - Der Tyrann von Venedig
Autoren: Richard Wunderer
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und Ihre Begleiter gekümmert habe. Explosion beim Arsenal, Kampf gegen sehr merkwürdige Gondolieri, eine herabgestürzte Säule im Dogenpalast, ein verschwundenes Ehepaar… Soll ich alles aufzählen?«
    »Genügt«, sagte ich nur. Es genügte wirklich. Der Commissario war über jeden unserer Schritte informiert. »Wissen Sie auch, wo sich Signora Sina, Antonio Gianelli und der Schwarze Doge aufhalten?«
    Er hob bedauernd die Schultern. »Da kann ich Ihnen leider nicht helfen, Signor Ispettore!«
    »Beruhigend«, brummte ich. »Habe schon gefürchtet, Sie wären allwissend.«
    Bennato nahm das als köstlichen Scherz und lachte schallend. Der Fahrer wußte indessen sehr gut Bescheid, wie er sich verhalten sollte. Er folgte dem Linienboot nicht im Kielwasser. Das hätte nur unnötig Tarrant gewarnt. Wir wußten schließlich, wo die nächste Station lag. Es war natürlich möglich, daß Tarrant noch weiter fuhr. Dieses Boot steuerte anschließend die Glasbläserinsel Murano an. Ich persönlich aber tippte auf San Michele, die Friedhofsinsel.
    Genau auf diese Insel hielt das Polizeiboot in weitem Bogen zu. Ich konnte Tarrant am Bug des Linienschiffes stehen sehen. Er blickte sich nicht mehr nach allen Seiten um. Offenbar fühlte er sich sicher.
    Der Außenborder beschleunigte. Schon jetzt konnte ich abschätzen, daß wir kurz vor dem Linienschiff die Insel erreichen würden.
    »Wir gehen vor Signor Tarrant an Land«, erklärte der Commissario, noch bevor ich ihn fragen konnte. »Ich halte es für besser, wenn wir ihn bereits erwarten.«
    »Sie sind hier zu Hause, ich bin nur Gast«, sagte ich höflich.
    Bennato warf mir einen unbeschreiblichen Blick zu. Er wußte, daß ich die Tatsachen ein wenig verbog, denn wenn es nötig war, ging ich auf eigene Faust vor.
    »Sie passen sich schnell einer neuen Situation an, verehrter Kollege«, sagte er gereizt.
    »Würde ich das in meinem Job nicht tun, wäre ich schon längst nicht mehr am Leben«, erwiderte ich ernst. »Ich habe es nicht mit Handtaschendieben zu tun.«
    Er wollte noch etwas sagen, doch unser Boot hatte die Friedhofsinsel erreicht. Bennato und ich sprangen an Land, hasteten durch das Tor und verschwanden hinter zwei Grabstätten.
    Es konnte losgehen. Wir waren bereit.
    Hätte ich nur gewußt, was Tarrant hier wollte! Ich kam mir wie auf einem Pulverfaß vor, dessen Lunte bereits glühte.
    Ich sollte mich getäuscht haben. Die Lunte glühte nicht, sie brannte lichterloh!
    ***
    Jane Collins fand, daß man sie gut behandelte. Sie war in weiche Watte verpackt und schwebte auf einem Luftkissen. Nur seltsam, überlegte sie, daß dieses Luftkissen so schwankte, aber vielleicht trieb sie gerade durch einige Turbulenzen.
    Dann fand sie es seltsam, daß sie in ihrer Wattekiste nicht in einem Flugzeug lag, sondern daß frische Luft über sie hinwegstrich und sie direkt in den Himmel blicken konnte. Außerdem hörte sie keinen Düsenlärm.
    Das herrliche Wohlgefühl war plötzlich weg. Sie bekam rasende Kopfschmerzen und wollte die Hände gegen die Schläfen pressen, doch das schaffte sie nicht. Sie war nicht einmal in der Lage, den kleinen Finger zu heben.
    Panik durchflutete sie. Schreien konnte sie genauso wenig wie sich bewegen! Was war geschehen?
    Es dauerte noch einige Minuten, bis Jane Collins so weit aus der Betäubung erwachte, daß sie sich an alles erinnern konnte. Dieser Schuft Tarrant hatte nur so getan, als ob er sie küssen wollte. Nur deshalb hatte Jane ihn so nahe an sich herankommen lassen.
    Hinterrücks hatte er sich mit einer Betäubungsspritze ausgeschaltet. Sie rollte die Augen. Wenigstens diese Freiheit hatte sie. Aber sie sah nicht Joe Tarrant, sondern einen Totenschädel, der sich mit einem seelenlosen Grinsen über sie beugte.
    Das war der letzte Beweis dafür, daß Tarrant für den Schwarzen Dogen arbeitete! Jetzt erkannte Jane auch, wo sie wirklich war. Sie lag in einer Gondel. Keine Rede von Wattekissen! Sie ruhte auf einer Luftmatratze. Für zufällige Beobachter mußte es so aussehen, als würde sich eine Touristin durch die Kanäle rudern lassen.
    Wieder verdrehte sie die Augen. Jetzt sah sie den Gondoliere.
    Die Gondel wurde von einem Skelett in der Tracht der Gondolieri gerudert, rotweiß gestreiftes T-Shirt, schwarze Hose und schwarzer Hut mit bunten Bändern. Das Gesicht wechselte. Richtete das Skelett den Blick auf Jane, so sah sie den Totenschädel. Drehte das Scheusal den Kopf jedoch dem Ufer zu oder glitten sie unter einer Brücke
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