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0069 - Das Gericht der Toten

0069 - Das Gericht der Toten

Titel: 0069 - Das Gericht der Toten
Autoren: Hans Wolf Sommer
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wieder fallen. Tatsache war, daß sie sich widerrechtlich Zutritt zum Grundstück Seymours verschafft hatten.
    Jetzt auch noch gewaltsam gegen den Eigentümer vorzugehen, der objektiv gesehen natürlich das Recht auf seiner Seite hatte, hätte das Faß des Vertretbaren wohl zum Überlaufen gebracht. Schließlich waren er und Bill keine Gangster, die ohne Rücksicht auf Verluste aufs Ganze gingen, sondern lediglich zwei Männer, die das beste wollten.
    Zamorra ließ sich von Bills Schultern gleiten und blieb ganz ruhig stehen. Er spürte, wie sich die Muskeln des Freundes spannten. Bill lauerte ganz offensichtlich auf eine Gelegenheit, losschlagen zu können.
    »Keinen Gewaltakt«, raunte er dem Historiker zu. »Für den Augenblick müssen wir erst einmal klein beigeben.«
    Seymour trat näher an sie heran, war dabei jedoch umsichtig genug, nicht in die Schußlinie seines Begleiters zu geraten.
    »Ah, die Herren Fleming und Zamorra«, sagte er höhnisch, »etwas ähnliches hatte ich mir schon gedacht, als die Lichtschranke lieben Besuch ankündigte.«
    Also doch nicht die Hunde, fuhr es Zamorra durch den Kopf. Seymour hatte ganz offensichtlich ein äußerst vielfältiges Alarm- und Sicherheitssystem installieren lassen. Verständlich wenn man bedachte, welche Werte er in seinem Museum untergebracht hatte.
    »Hören Sie, Mr. Seymour«, sagte der Professor. »Lassen Sie sich erklären…«
    Der Millionär schnitt ihm brüsk das Wort ab.
    »Ihre Anwesenheit hier ist Erklärung genug«, stieß er hervor. »Alles weitere können Sie unmittelbar der Polizei erzählen.«
    Es sah ganz danach aus, als ob Robert T. Seymour auch die zweite Runde im Kampf um den Sarkophag Neferptahs gewonnen hatte.
    ***
    Befriedigt blickte Robert T. Seymour den roten Rücklichtern des Streifenwagens nach, die in diesem Augenblick hinter der nächsten Straßenbiegung verschwanden. So, diese beiden dreisten Kerle, die sich nicht einmal gescheut hatten, wie gemeine Verbrecher seinen Besitz zu überfallen, war er erst einmal los. Erstaunlich doch, wie die Besitzgier einen Menschen verändern konnte. Dieser Fleming!
    Bisher hatte er ihn immer für einen durch und durch anständigen Menschen gehalten. Und nun? Es war wirklich nicht zu fassen.
    »Brauchen Sie mich noch, Sir?«
    Die Stimme seines Chauffeurs, der neben ihm im Villeneingang stand, riß ihn aus seinen Überlegungen.
    »Nein, Ditton«, antwortete er. »Sie können wieder ins Bett gehen.«
    Ditton wünschte ihm noch eine gute Nacht und ging dann ins Haus, um in seine im Souterrain liegende Dienstwohnung zurückzukehren. Auch Seymour selbst beschloß, das Ehebett wieder aufzusuchen. Er schloß die Tür und wandte sich um.
    Dann jedoch kamen ihm Bedenken. Dieser Zamorra schien ein äußerst durchtriebener Bursche zu sein. Dem Kerl war glatt zuzutrauen, daß er die Polizisten, die ihn und Fleming einkassiert hatten, mit irgendeinem schmutzigen Trick hereinlegte und sich dem Behördengewahrsam entzog. Vielleicht noch in dieser Nacht.
    Eine merkwürdige Nervosität überkam ihn. Zamorra war wie versessen darauf, den Sarkophag in die Hände zu bekommen. Vielleicht sollte er jetzt keine Zeit mehr verlieren, dem Burschen endgültig den Wind aus den Segeln zu nehmen.
    Kurz entschlossen ging er nicht ins Schlafzimmer, sondern machte sich auf den Weg zu einem der Telefone.
    Der Guru aus Indien wohnte im Hilton, und die Nummer dieser Luxusherberge kannte er auswendig.
    »Mr. Madhvakrishna, bitte!« sagte er in die Muschel, als sich das Telefonfräulein des Hilton meldete.
    Es dauerte ein Weilchen, bis er seinen Mann am Apparat hatte. Es war der Stimme des Guru deutlich anzumerken, daß er nicht gerade beglückt war, gestört zu werden.
    »Ich befinde mich gerade mitten in einer Seance, Mr. Seymour«, sagte er beinahe ungnädig.
    Seymour kümmerte das nicht, zumal er sich gut vorstellen konnte, daß die Seance blond oder schwarz war und Evelyne oder Jayne hieß. Madhvakrishna predigte nicht umsonst von der Liebe unter den Menschen.
    »Für das Honorar, das wir vereinbart haben, sollten Sie etwas Entgegenkommen zeigen, Mr. Madhvakrishna«, sagte der Millionär.
    »Aber ich bin sogar bereit, einen zehnprozentigen Zuschlag für Nachtarbeit draufzulegen.«
    »Zwanzig Prozent«, forderte der Guru.
    »Fünfzehn! Aber nur wenn Sie unverzüglich in meiner Villa erscheinen.«
    Seymour legte auf. Ihm wurde bewußt, daß er noch immer seinen Pyjama trug, über den er lediglich einen Morgenmantel geworfen hatte.
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