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0069 - Das Gericht der Toten

0069 - Das Gericht der Toten

Titel: 0069 - Das Gericht der Toten
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Mann aus Indien hörte aufmerksam zu. Eine sich stetig steigernde Spannung ergriff Besitz von ihm.
    Zamorra! Professor Zamorra, den sie den Meister des Übersinnlichen nannten.
    Er kannte den Professor, nicht persönlich, wohl aber von seinen Veröffentlichungen her. Und von Gesprächen, die er mit anderen Gurus und Magiern geführt hatte. Ein gefährlicher Mann, dieser Zamorra. Und, wie man sagte, immer auf der Seite des Rechts. Undenkbar, daß er in Seymours Villa eingedrungen war, um zu stehlen, wie der Millionär vermutete. Mit großer Sicherheit war an der Geschichte mit dem Kaa des unbekannten Pharaos etwas dran, auch wenn Seymour dies alles nur für Bluff und Ablenkungsmanöver hielt.
    Während er redete, hatte ihn der Industrielle aus dem Haus in den Garten geführt. Per Knopfdruck setzte er eine Art Flutlichtanlage in Betrieb, die den Bau, den er sein Museum nannte, von allen Seiten illuminierte. Die Nachbildung einer Pagode. Madhvakrishna konnte über diese nicht sehr gelungene Imitation nur geringschätzig lächeln. Im Stillen natürlich, denn es vertrug sich nicht mit seinem Image, überhaupt irgendwelche Gefühlsregungen zu offenbaren.
    Umständlich öffnete der Millionär den Zugang zu seinem Hobbyhaus. Wieder ein Knopfdruck, der Lichtquellen sprudeln ließ. Diesmal gab es kein Augen blendendes Gleißen, sondern eine ziemlich raffinierte indirekte Beleuchtung, die die Ausstellungsstücke in einen beinahe geheimnisvollen Schimmer tauchte. Aber auch damit konnte er dem Guru nicht imponieren. Die Wirklichkeit der Magie war weitaus geheimnisvoller als die tollsten künstlichen Effekte.
    Madhvakrishna ging direkt auf den Sarkophag zu, der in der Mitte des Raumes stand. Er war vorbereitet auf das, was ihn erwartete, insbesondere nachdem ihn Seymour über Zamorras Spekulationen ins Bild gesetzt hatte. Trotzdem konnte er sich der augenblicklichen Faszination nicht entziehen.
    Die Kräfte der Magie waren nahezu körperlich spürbar. Ein normaler Mensch mit normalen Sinnen würde sie gar nicht bemerken.
    Er jedoch, den die Mächte des Schicksals mit einer besonderen Gabe versehen hatten, war sich ihrer Nähe mit jeder Faser seines Körpers bewußt.
    »Glauben Sie, daß Sie es schaffen können, das verdammte Ding aufzukriegen?« störte ihn der Industrielle.
    Der Guru hob abwehrend die Hand.
    »Stören Sie mich jetzt nicht«, sagte er. »Ich muß mich konzentrieren.«
    Und er konzentrierte sich.
    Mit geschlossenen Augen und geneigtem Kopf stand er da. Die uralten Formeln, die seinen Geist von allem überflüssigen Ballast, von allen diesseitigen Nichtigkeiten reinigten, huschten wie von selbst durch sein Bewußtsein. Er versank in einer Trance, die sein Blut langsam durch die Adern fließen ließ und den Herzschlag zu einem kaum noch hörbaren Pochen verlangsamte.
    Alle Energie, die der Körper auf diese Weise einsparte, floß in seinen Geist, steigerte dessen Kapazität um ein Mehrfaches.
    Madhvakrishnas Gedankenströme waren wie Elektrizität, eine Elektrizität allerdings, die kein Generator erzeugen konnte. Und der Guru beherrschte die Gedankenströme, konnte sie dirigieren wie ein Puppenspieler seine Marionetten.
    Er sandte sie aus, dem steinernen Sarg entgegen. Wie Fühler glitten sie über die steinerne Oberfläche, ohne diese allerdings zu berühren, denn dazwischen war ein Feld, das wie eine Barrikade wirkte. Ein magisches Feld, errichtet von einer Macht, die größer zu sein schien als die seine.
    Aber Madhvakrishna ließ sich nicht beirren. Er änderte die Zielrichtung der geistigen Ströme, ließ sie eintauchen in eine andere Dimension, in die Welt des Jenseits, in der Götter, Geister und Dämonen zu Hause waren. Er ließ einen Hilferuf erschallen, flehte den furchtbaren und düsteren Gott Rudra seiner indischen Heimat an, ihm Unterstützung zu gewähren in seinem Kampf gegen die Magie der alten Ägypter.
    Die erflehte Hilfe wurde ihm zuteil, und erneut richtete er seine Gedankenströme gegen den Sarkophag, wild entschlossen den Bann zu brechen, das magische Feld zu zerschmettern.
    Bläuliche Flammen zuckten über den steinernen Sarg, loderten auf, verloschen wieder. Der Guru spürte, wie die Kraft des Bannfeldes geringer wurde, aber noch nicht gering genug, um den magischen Schutzschirm vollends zum Zusammenbrechen zu bringen.
    Dennoch zweifelte er nicht daran, daß er es letzten Endes schaffen würde.
    Und dann war da plötzlich eine Stimme in seinem Bewußtsein, eine Stimme, die ihn eindringlich
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