Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0068 - Die Geisternacht

0068 - Die Geisternacht

Titel: 0068 - Die Geisternacht
Autoren: Hans Wolf Sommer
Vom Netzwerk:
lebloser, pulvriger Materie wurde. Außer der Asche blieb nur der Beutel, der ihm vorher entfallen war.
    Die anderen mochten es ahnen. Professor Zamorra jedoch, der einen sechsten Sinn hatte für Phänomene, die den Rahmen des Normalen sprengten, wusste es: Das verzehrende Feuer war nicht von dieser Welt gewesen.
    ***
    Später, nachdem die Polizei auf den Plan getreten war und ein ausführliches Protokoll von dem rätselhaften Geschehnis aufgenommen hatte, kehrten Zamorra, Nicole und Bill in ihr Hotel zurück.
    Der Professor hatte eigentlich keinen offiziellen Grund, noch in der Hauptstadt von Mexiko zu weilen. Der Kongress der Parapsychologen, der in der mexikanischen Hauptstadt stattgefunden hatte, gehörte bereits seit ein paar Tagen der Vergangenheit an. Zamorra und seine Sekretärin und Freundin Nicole Duval waren jedoch noch geblieben. Einmal war Ciudad de Mexiko – wie sie von den Einheimischen genannt wurde – eine der schönsten Städte der Welt, die auf reizvolle Weise das Supermoderne mit den Überbleibseln einer vergangenen Kultur in sich vereinigte. Die Zahl der Sehenswürdigkeiten war Legion. Und zum zweiten war ihr alter Freund Bill Fleming extra aus New York herübergeflogen, um sie zu sehen. Mexiko-Stadt lag halt näher als Château Montagne im französischen Loire-Tal, wo Zamorra und Nicole sonst lebten.
    Der Kongress war ein großer persönlicher Erfolg für Professor Zamorra gewesen. Alle Kollegen hatten seinen Vortrag über die Existenz von Bruchstellen innerhalb des Raum-Zeit-Gefüges als bedeutsamsten der gesamten Veranstaltung angesehen und entsprechend gewürdigt. Auch die Tage nach dem Kongress waren angenehm und harmonisch gewesen.
    Und nun hatte es diese unwillkommene Störung gegeben. Zamorra hatte bereits jetzt im Gefühl, dass die Zeit der Ruhe und Entspannung vorbei war.
    An der Hotelbar des ›Gonzales‹ diskutierten sie, was vorgefallen war.
    Zamorra berichtete von seinen Beobachtungen, die den Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite betrafen.
    »Wenn ihr mich fragt«, schloss er, »dieser Kerl ist für die Verbrennungsaktion verantwortlich zu machen. Sah fast so aus, als ob er verhindern wollte, dass der Indio mit mir sprechen konnte.«
    »Sprechen ist gut«, kommentierte Nicole. »Ich habe von seinem Gestammel kein Wort verstanden. Ihr vielleicht?«
    Bill Fleming wiegte gedankenvoll sein Whiskyglas in der Hand.
    »Nicht viel«, sagte er. »Aber immerhin. Da war ein Name…«
    »Xamodekutti?«
    »Xamotecuhtli«, berichtigte Zamorra, der auch fremdartige Vokabeln nicht vergaß, wenn er sie einmal gehört hatte.
    »Darauf kommen wir gleich«, fuhr Bill fort. »Den anderen Namen meine ich. Tezcatlipoca! Als Historiker kenne ich mich ein bisschen aus. Tezcatlipoca ist ein Gott der Azteken. Der Herr des Nachthimmels. Eine schillernde Gestalt wie alle Götter der alten Azteken. Er galt als Schutzpatron der Magier und Zauberer. Magie und Zauberei – natürlich alles Unsinn…«
    Zamorra musste unwillkürlich lächeln. Bill war und blieb ein unverbesserlicher Skeptiker. Obgleich er in der Vergangenheit bereits des öfteren mit übersinnlichen Kräften und den Mächten des Jenseits konfrontiert worden war, versuchte er nach wie vor stets, allem Unerklärlichen mit seinem naturwissenschaftlich geschulten Verstand zu Leibe zu rücken. Erst wenn er damit partout nicht weiterkam, war er zögernd bereit, Zugeständnisse an das Irrationale zu machen.
    »Wirklich alles Unsinn, Bill?«, schaltete er sich ein. »Dann erkläre mir doch einmal, wie es möglich ist, dass ein Mensch vollständig zu Asche verbrennt. Normalerweise bleibt ein verkohlter Torso zurück. Aber in diesem Fall…«
    Darauf wusste Bill auch nichts zu sagen. Beinahe ruckartig hob er sein Glas an den Mund und leerte es mit einem Schluck.
    »Dieser andere Name…«, setzte die grazile Nicole nach. »Xamotedingsda! Ist das auch so ein alter Aztekengötze?«
    Der Amerikaner hob die Schultern. »Ich kenne mich eigentlich recht gut in der aztekischen Götterwelt aus, aber dieser Name ist mir nie begegnet. Außerdem glaube ich auch nicht, dass es sich um einen Gott handelt. Bedenken wir, dass der Mann Zamorra mit dieser Bezeichnung angeredet hat: Tecuhtli! Das ist ein Begriff aus dem Nahuatl , einer alten Kultursprache, die noch heute von einigen Indianerstämmen verwendet wird. Im alten Mittelamerika wurde dieser Dialekt fast ausschließlich gesprochen. Natürlich auch bei den Azteken.«
    »Und was heißt Tedingsda?«, wollte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher