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0066 - Ich folgte dem roten Wagen

0066 - Ich folgte dem roten Wagen

Titel: 0066 - Ich folgte dem roten Wagen
Autoren: Ich folgte dem roten Wagen
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riss meine Hände hoch. Kleine Finger, sagte mein Gehirn. Der Jiu-Jitsu-Lehrgang mit all seinen goldenen Regeln der wirksamen Selbstverteidigung wachte auf und diktierte mein Handeln.
    Ich drehte ihm die Hände an den kleinen Fingern weg. Er brüllte im Schmerz, aber er ließ los.
    Als ich mich frei fühlte, musste ich erst zwei Atemzüge lang verschnaufen. Als ich mich dann suchend umwandte, dröhnte mir ein Schlag aufs rechte Schulterblatt, der mich garantiert aus den Schuhen geworfen hätte, wenn er seine Stelle am Hals getroffen hätte, wo er eigentlich hatte hingehen sollen.
    Ich schlug zurück. Kurz, trocken und hart.
    Er taumelte vor mir her in den erleuchteten Raum hinein. Ein Stuhl stand dicht neben ihm. Im Zurückweichen riss er den Stuhl hoch.
    Ich sprang zur Seite.
    Er kam nach. Mit erhobenem Stuhl.
    Ich hatte nur eine Möglichkeit. Ein solides Stuhlbein verträgt der härteste Schädel nicht. Ich unterlief ihn und warf meine Arme um sein breites Kreuz. Mit aller Kraft presste ich ihn an mich heran.
    Der Stuhl kam herunter und traf nur noch mit halber Kraft mein verlängertes Rückgrat.
    Ich zog die Arme heran. Meine Hände griffen seine Schultern, stießen den Kerl von mir. Er knallte mit dem Rücken gegen die Kante eines Tisches. Sein Gesicht verzog sich. Ich holte aus, meine Augen nahmen Maß…
    »Noch eine Bewegung, und du bist eine Leiche!«, knirschte Cell hinter mir.
    Gleichzeitig fühlte ich den kühlen Stahl einer Pistolenmündung in meinem Genick.
    ***
    Ralph McPherson drückte seine nur halb gerauchte Zigarette aus und warf den Rest zum Seitenfenster hinaus. Er griff nach dem Hörer des Sprechfunkgerätes und meldete sich mit leiser Stimme.
    »Hier Lexy zwo! Hier Lexy zwo! Hallo, Zentrale! Hallo, Zentrale!«
    Durchsetzt von atmosphärischen Störungen durch das ferne Gewitter vernahm er die Stimme des Beamten aus der Funkleitstelle.
    »Hier Zentrale! Hallo, Lexy zwo! Melden Sie sich!«
    »Lexy zwo an Zentrale! Bin in Kidnappersache Märshall unterwegs. Befinde mich einige Hundert Yards von Cells Sunny Inn am Highway 68 entfernt. Suchen Sie die nächstgelegene Polizeistation und verbinden Sie mich! Dringlichkeitsstufe Eins, Dringlichkeitsstufe Eins!«
    »Zentrale an Lexy zwo! Wir verbinden sofort mit dem Posten der State Police, sechs Meilen von Ihrem augenblicklichen Standort entfernt. Berufen Sie sich auf Kidnappersache Marshall!«
    »Natürlich«, brummte Ralph. Und in Gedanken hängte er dran: Ob die glauben, ich würde mich auf den Weihnachtsmann berufen, wenn sie es mir nicht gesagt hätten? Dass doch die Zentrale immer alles besser wissen muss!
    »State Police, Highway-Überwachungsposten 17«, sagte eine sonore Stimme nach einer Weile, in der nur das Knistern der Umschaltungen in seiner Leitung gewesen war.
    »Hier Lexy zwo, FBI Lexington, in Kidnappersache Marshall. Erbitte sofortige Einsatzhilfe. Brauche möglichst schnell möglichst viele Leute zu Cell Sunny Inn. Ich glaube, ich habe die Kidnapper. Wenigstens ein paar von ihnen.«
    »Bleiben Sie auf Ihrem Posten. Wir sind in spätestens zehn Minuten mit zwei Streifenwagen bei Ihnen. Pro Wagen vier Mann Besatzung. Reicht das?«
    »Ich denke schon.«
    »Gut, wir kommen sofort!«
    »Bringen Sie Maschinenpistolen mit und Tränengas!«
    »In Ordnung. Ende!«
    »Ende…«, murmelte Ralph und legte den Hörer auf. Mit zufriedenem Gesicht griff er ans Schulterhalfter zu seiner Dienstpistole.
    ***
    »Wie bist du hierher gekommen?«, fragte Cell in meinem Rücken, während sich der andere Gangster vor mir ächzend auf die Beine rappelte.
    »Mit einem Fahrrad«, knurrte ich wütend auf mich selbst.
    Die Pistolenmündung wich nicht aus meinem Genick.
    »Hast du noch irgendwelche Wünsche für deine Beerdigung?«, fragte Cell.
    »Ja«, murmelte ich. »Hängt mir ein Schild an die Brust: Hier ruht der dümmste G-man, der sich je mit Kidnappern herumgeschlagen hat.«
    Die beiden brachen in ein dröhnendes Gelächter aus. Dabei war es mein voller Ernst. Wie hatte ich im Jagdfieber nur vergessen können, die Leitstelle in Louisville wenigstens von meiner Fahrtroute zu verständigen?
    Jetzt konnten sie mich hier beiseiteschaffen, ohne dass irgendjemand wusste, wohin ich überhaupt gefahren war.
    »Also dann…«, murmelte Cell. Ich fühlte richtig, wie er langsam den Finger krümmte.
    Und da heulten auf einmal die Sirenen.
    Ich begriff nichts, gar nichts. Ich wusste nur: Das sind Polizeisirenen. Ich warf mich so schnell zu Boden, wie ich noch nie zu
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