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006 - Die Schuld des Anderen

006 - Die Schuld des Anderen

Titel: 006 - Die Schuld des Anderen
Autoren: Edgar Wallace
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und zeigte nach oben.
    »Ich denke nicht daran, mit Ihnen zu gehen!« rief sie ängstlich. »Machen Sie, was Sie wollen - ich bleibe hier.«
    »Sie werden es sich noch überlegen, Mrs. Bell! Glauben Sie, daß ich Lust habe, Ihrem Mann im Chelmsford-Gefängnis zu begegnen?«
    Sie wurde blaß und wich einen Schritt zurück.
    Helder lachte.
    »Das haben Sie nicht erwartet, daß ich Ihr Geheimnis kenne, wie? Und verlassen Sie sich darauf, ich werde nicht davor zurückschrecken, den Gebrauch davon zu machen, den ich für richtig halte. Stellen Sie sich vor, wie sich das ›Post Journal‹ über einen kleinen Artikel von mir freuen würde! Also - ersparen Sie sich und Ihrem Mann diese Blamage und fügen Sie sich meinen Anordnungen, Mrs. Bell!« »Mein Mann ist unschuldig«, sagte sie leise. »Er ist für jemand anders ins Gefängnis gegangen.«
    Helder verbeugte sich spöttisch.
    »Natürlich, wie Sie wollen! Das behaupten die meisten Leute, die hinter Gittern sitzen. Und jetzt - einsteigen! Aber ein bißchen schnell, wenn ich bitten darf!«
    Sie wußte, daß weiterer Widerstand zwecklos war. Wenn sie sich weigerte, würde er das Geheimnis, das sie mit so viel Mühe und unter persönlichen Opfern gehütet hatte, der Öffentlichkeit preisgeben.
    Sie raffte sich auf und kletterte die Leiter hoch. Helder folgte dicht hinter ihr. Oben löste er sofort die Sperren, die das Boot festhielten. Rasch glitt es auf den leicht geneigten Holzschienen, auf denen es ruhte, ins Wasser. Gleich darauf begann der Motor dumpf zu rattern, und mit spritzender Bugwelle fuhren sie stromabwärts, der offenen See entgegen.
    Clinker war nach vorn gegangen, und Tiger Brown stand am Steuer. Helder blieb mit Verity allein in der kleinen hinteren Kabine. Er knipste das Licht an und ging auf sie zu, doch sie wich entsetzt vor ihm zurück.
    »Wie wäre es, wenn wir ein wenig miteinander plauderten?« fragte er höhnisch. »Vielleicht könnten Sie mir erzählen, ob Sie in Ihrer jungen Ehe glücklich sind oder nicht.«
    Sie hatte die Lippen fest aufeinandergepreßt und sah ihn verächtlich an. Ihr Blick brachte ihn in Wut. Wie damals in seinem Büro war er nahe daran, jede Selbstkontrolle zu verlieren.
    Mit einer raschen Bewegung knipste er das Licht aus und versuchte, sie zu fassen. Doch sie stand bereits am anderen Ende der Kabine.
    »Wenn Sie mir zu nahe kommen, springe ich über Bord!«
    »Keine Angst«, erwiderte er zynisch, »Sie sind mir viel zu wertvoll, als daß ich nicht speziell um Ihr Wohlergehen besorgt wäre. Comstock Bell wird bestimmt dumm genug sein, eine anständige Summe als Lösegeld für Sie zu bezahlen.«
    Während er sprach, hatte er sich ihr im Dunkeln leise genähert. Bevor sie ausweichen konnte, sprang er mit einem Satz zu ihr und packte sie an den Schultern. Sie schrie laut um Hilfe.
    »Halten Sie den Mund!« zischte er sie wütend an.
    »Lassen Sie mich in Ruhe!« schrie sie, so laut sie konnte, denn sie hoffte, daß wenigstens Helders Begleiter hereinschauen würden. Es wurde ihm jetzt selbst unbehaglich, und er ließ sie wieder los.
    Sie nützte ihren Erfolg aus.
    »Machen Sie sofort das Licht an!«
    Tatsächlich ging er zum Schalter, und im nächsten Augenblick war die Kabine wieder hell erleuchtet. In ihrer Aufregung wußte sie nicht, was sie jetzt tun sollte. Schnell drehte sie sich um, trat zu einem Kabinenfenster und schaute auf den Strom hinaus. Plötzlich zuckte sie zusammen.
    »Gott sei Dank -«, flüsterte sie, »die ›Seabreaker‹!«
    Helder trat sofort neben sie und sah zu seinem Schrecken einen kleinen Dampfer, der in voller Fahrt auf sie zuhielt. Im ersten Moment war er fassungslos, und diesen Augenblick benützte sie. Bevor er sie festhalten konnte, rannte sie aus der Kabine und stürzte zur Reling. Er konnte sie zwar noch einholen, doch mit der Kraft der Verzweiflung riß sie sich los und sprang ins Wasser.
    Fluchend stand er an der Reling und sah die Lichter des Dampfers immer näher kommen - es blieb ihm nichts anderes übrig, als so schnell wie möglich das Weite zu suchen.
    Tiger Brown, der das Steuer Clinker übergeben hatte, kam auf ihn zugerannt.
    »Was ist denn los, zum Teufel?«
    Helder stieß ihn zur Seite.
    »Schnell, wir müssen das Letzte aus der Maschine herausholen - wenn wir die belgische Küste vor Tagesanbruch erreichen, haben wir es geschafft!«
    Fünf Minuten später atmete er erleichtert auf. Der Abstand zwischen seinem Boot und dem verfolgenden Schlepper vergrößerte sich von Sekunde zu
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