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006 - Die Schuld des Anderen

006 - Die Schuld des Anderen

Titel: 006 - Die Schuld des Anderen
Autoren: Edgar Wallace
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»und es war ausgemacht, daß sie mich in Southend erwarten sollte. Und gleichzeitig sollte sie Ihnen ihre eigene Adresse mitteilen.«
    »Das hat sie getan.«
    »Zu meinem Erstaunen war sie nicht in Southend. Ich fand dort nur eine Nachricht vor, mit der sie mich aufforderte, zur Farm zu kommen.«
    »Wir können jetzt nichts anderes tun«, meinte Gold, »als in London die Polizei zu verständigen und dann zu Ihrem Dampfer zu fahren. Möglicherweise finden wir Ihre Frau dort.«
    »Vielleicht ist sie aber auch«, vermutete Bell, »zu Ihnen ins Hotel gegangen, um Näheres zu erfahren.«
    »Dann brauchten wir uns keine Sorgen zu machen«, erwiderte Gold. »Auf jeden Fall wird es am besten sein, wir fahren sofort nach Southend, wo Ihr Schiff liegt.«
    Den Rest der Fahrt legten sie schweigend zurück, bis sie in Southend das Themseufer erreichten. In einiger Entfernung sahen sie die ›Seabreaker‹ vor Anker liegen, und auf dem Landungssteg stand Captain Lauder, dem es offenbar an Bord seines Schiffes zu langweilig geworden war.
    Leider hatte er keine guten Nachrichten - Mrs. Bell war nicht zurückgekehrt. Trotzdem hatte Lauder eine Idee. Sie ließen sich zur ›Seabreaker‹ hinüberrudern, und in der Kajüte erklärte ihnen der Kapitän, was ihm eingefallen war.
    »Ich muß vorausschicken, daß es nur ein Verdacht ist, aber ich habe das Gefühl, daß meine Beobachtung mit dem Verschwinden Mrs. Bells zusammenhängt. Wie Sie sich denken können, kenne ich so ziemlich jedes Gebäude am Themseufer. Vor drei Monaten etwa ist mir aufgefallen, daß zwischen Tilbury und Barking ein neues Bootshaus gebaut wurde. Ich fand das seltsam, denn meiner Meinung nach war dieser Platz für ein Vergnügungsboot nicht gerade günstig gewählt.«
    »Was verstehen Sie unter einem Vergnügungsboot?« erkundigte sich Gold.
    »Nun, eben ein Motorboot, das nur für Vergnügungsfahrten verwendet wird. Doch dieses Motorboot ist etwas ganz Besonderes. Es hat einen ungewöhnlich starken Motor und ist meiner Meinung nach auf kürzeren Strecken ohne weiteres seetüchtig. Ich will damit sagen, daß das Boot für einen bestimmten Zweck vorgesehen sein muß. Einmal habe ich es im Wasser gesehen - der Besitzer machte eine Probefahrt damit. Seither aber liegt es im Bootshaus und wird nur ab und zu von einem Mann kontrolliert. Eines Tages lagen wir in der Nähe, um auf Mrs. Bell zu warten, und mein Sohn unterhielt sich ein wenig mit diesem Mann, einem arbeitslosen Mechaniker. Dabei erfuhr er, daß das Boot genügend Brennstoff und Vorräte an Bord hat, um sich einige Wochen lang auf hoher See zu halten.«
    »Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen«, sagte Gold und überlegte einen Augenblick. »Das wäre für Helder natürlich eine Möglichkeit, England zu verlassen, wenn er die Katastrophe kommen sieht. Ich muß sagen, ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß Helder jetzt auf diese Weise zu entkommen versucht.«
    »Ja, sicher«, warf Captain Lauder ein. »Der Mann, der mit meinem Sohn sprach, erzählte nämlich, daß der Besitzer des Bootes Amerikaner sei.«
    »Dann also«, schlug Bell vor, »wird es am besten sein, wir fahren sogleich zu diesem geheimnisvollen Bootshaus. Entdecken wir dort nichts Verdächtiges, dann lassen wir einen Beobachtungsposten zurück und dampfen nach London.«
    Der Kapitän lief zur Kommandobrücke, und einige Minuten später hatte die ›Seabreaker‹ die Anker gelichtet und keuchte den Strom hinauf.
    Die Nacht war sehr dunkel. Drei große Schiffe passierten den Schlepper, die mit der Ebbe zur offenen See hinausfuhren. Aber von dem Motorboot war nichts zu sehen, bis sie Tilbury erreichten.
    Captain Lauder hatte die schärfsten Augen. Er stieß einen lauten Ruf aus und legte gleichzeitig das Steuer herum, so daß der Schlepper eine scharfe Kurve beschrieb.
    »Dort!« rief er und zeigte auf den Fluß. Ein langgestrecktes, schnittiges Motorboot war in voller Fahrt an der ›Seabreaker‹ vorübergeglitten. Deutlich hörten sie das Dröhnen der schweren Maschine.
    Die kleine hintere Kabine des Motorbootes war hell erleuchtet, aber plötzlich erloschen die Lichter.
    »Es fährt ein wenig zu schnell für unser Schiff«, knurrte der Kapitän. »Wenn wir aufs offene Meer hinauskommen, wird sich das aber schon ändern - wir haben ziemlichen Wellengang.«
    Bell hatte sich einen Feldstecher geholt und schaute unablässig auf den schwarzen Schatten, der vor ihnen dahinglitt. Das Boot fuhr mit völlig abgeblendeten Lichtern. Captain Lauder
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