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006 - Der Fluch der blutenden Augen

006 - Der Fluch der blutenden Augen

Titel: 006 - Der Fluch der blutenden Augen
Autoren: Larry Brent
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Bruchteil eines Augenblicks war es dem Amerikaner, als vernehme er
im Rauschen der Lautsprecher und im Gewirr der Stimmen, die aus dem Dunkel an sein
Ohr klangen, ein einziges, leises, aber intensiv geflüstertes Wort.
    »Hira?«
    Dann war der Wagen an dem grünen Zeltvorhang vorüber und wurde auf der
kurvenreichen Schiene rasch auf die andere Seite hinübergetragen. Der Agent der
Psychoanalytischen Spezialabteilung fühlte den reglosen Körper neben sich.
    Er drückte die Inderin langsam in die Höhe, indem er sie an den Schultern
packte.
    »Ist Ihnen schlecht, Miss?« fragte er leise. Da sah er im grellen
Aufleuchten eines langen Blitzes, der über einer künstlichen, gespenstischen
Landschaft den düsteren Himmel spaltete, die Hände der Inderin. Sie steckten in
schwarzen, seidig schimmernden Handschuhen, die sie zuvor nicht getragen hatte!
    Ihr Gesicht wirkte blass und eingefallen, die Backenknochen traten hervor.
Die Augen waren weit aufgerissen, der Mund halb geöffnet.
    Sie atmete nicht mehr!
    Sie war tot.
    Zeit, sich lange Gedanken über das Wie und Warum der Dinge zu machen, hatte
Larry Brent nicht.
    Es war etwas Ungeheuerliches geschehen. Larry erinnerte sich an den
Zwischenfall, als die Puppe von dunkler Hand in den Wagen geschleudert worden
war.
    Die Inderin war von ihr getroffen worden, daran gab es keinen Zweifel. Doch
er sah die Puppe nicht mehr, sie musste wieder aus dem Wagen gefallen sein. Die
schwarzen Seidenhandschuhe der Fremden irritierten ihn. Sie musste sie
unbemerkt im Dunkeln angezogen haben. Der Wagen stieß mit den breiten
Gummipuffern die Ausgangstür auf und rollte aus. Larry beugte sich nach vorn
und sagte dem Besitzer durch das halbgeöffnete Kassenfenster von der Seite her:
»Benachrichtigen Sie bitte sofort die Polizei! Es ist ein Unfall geschehen!«
    Das Gesicht des Amerikaners war hart und entschlossen. Er war Zeuge eines
Mordes – und doch konnte er praktisch nichts aussagen.
    Bis zum Eintreffen der Polizei vergingen knapp zehn Minuten. Inspektor
Hopkins von Scotland Yard leitete die Untersuchung. Er traf mit fünf Beamten
ein.
    Die Geisterbahn war auf Larry Brents Anordnung außer Betrieb gesetzt
worden.
    Nachdem sich Inspektor Hopkins ein erstes Bild von dem Fall gemacht hatte,
ging er an der Seite eines Beamten und Larry Brents durch die hellerleuchtete
Geisterbahn.
    Der Besitzer folgte zwei Schritte hinter ihnen. Er war bleich und verstört.
Mister Turing bedauerte offensichtlich den unerklärlichen Vorfall, noch mehr
aber den Verlust, der ihm durch das Ereignis entstand. »Wir Schausteller haben
es nicht leicht, Inspektor«, sagte er einmal, nachdem er sich endlich
aufgerafft hatte, seinen Unwillen kundzutun. »Ich möchte Sie doch bitten, die
Dinge voranzutreiben. Wir müssen das Geschäft nützen, wenn es sich bietet.
Nicht jeden Tag läuft es so gut.«
    Inspektor Hopkins nickte. Er warf dem Schausteller einen kurzen Blick zu.
»Ich habe Verständnis für Ihre Lage, Mister Turing. Aber bitte, wir haben es
auch nicht leicht. Haben Sie auch Verständnis dafür! Wir sind gekommen, um
einen Unfall zu klären.«
    Larry Brent merkte, wie merkwürdig Hopkins das Wort Unfall betonte. Die
erste Untersuchung des Polizeiarztes hatte ergeben, dass die Inderin
offensichtlich an einem Herzschlag gestorben war. Eine äußere Verletzung, sei
es ein Einschuss oder eine Stichwunde, war jedenfalls nirgends festzustellen.
    Das hatte Larry Brents Stand, der von Inspektor Hopkins ziemlich hart
bearbeitet worden war, ein wenig erleichtert. Der erste Verdacht, der ohne
Zweifel auf ihn gefallen war, war beiseite geräumt.
    In knappen, präzisen Worten hatte X-RAY-3 die Situation geschildert.
Inspektor Hopkins wollte wissen, was wirklich dran war. Die mysteriöse Puppe,
die sich von der Schnur gelöst haben sollte, interessierte ihn.
    Sie kamen durch die Höhle mit den zahllosen unheimlichen Gestalten. Jetzt
aber, im Schein aller Lampen, wirkte sie eher lächerlich als gruselerregend.
Die grellen Gestalten, die hauptsächlich in den Farben giftgrün, violett und
rot bepinselt waren, hingen an scherenartigen Armen, die automatisch
vorschnellten, sobald der Wagen eine bestimmte Stelle auf den Schienen
überfuhr.
    Die meisten Spukgestalten wurden auf diese Weise zu gespenstischem Leben
erweckt.
    Jetzt aber erkannte man das Kulissenhafte, das Unechte. Dennoch blieb eine
Spur von Unbehagen in den zahlreichen verwinkelten Nischen und Ecken, die durch
Blechwände oder Zeltbahnen voneinander getrennt
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