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Treffpunkt Las Vegas

Treffpunkt Las Vegas

Titel: Treffpunkt Las Vegas
Autoren: A. A. Fair
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1
     
    Im Korridor des Sanatoriums kam mir schon eine Krankenschwester entgegen, die mich offensichtlich erwartet hatte: »Dr. Crabtree hätte Sie gern gesprochen, bevor Sie zu der Patientin gehen. Darf ich Sie zu ihm führen?«
    Ohne meine Antwort abzuwarten, ging sie voraus. Das forsche Klappern ihrer Absätze auf dem blitzblanken Linoleumbelag und das leise Rascheln ihrer frisch gestärkten Schwesterntracht erzeugten ein akustisches Fluidum beruflicher Tüchtigkeit. Nach rechts abbiegend, stieß sie eine Tür auf und meldete mich an: »Mr. Lam.«
    Ich trat ein, und sie schloß geräuschlos die Tür hinter mir.
    Dr. Crabtree hatte ein hageres Gesicht mit einer schmalen Nase. Mit durchdringenden Blicken musterte er mich. Betrachtete man sein Gesicht länger, so hatte man den Eindruck, auf eine gerade Linie mit einem Punkt auf jeder Seite zu schauen.
    »Mr. Donald Lam?« fragte er und trat hinter seinem Schreibtisch hervor.
    »Ja.«
    Lange, kalte Finger schlossen sich um meine Hand.
    »Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Dabei wies er auf einen Polsterstuhl.
    »Mein Flugzeug startet in siebenundvierzig Minuten«, sagte ich zögernd mit einem Blick auf die Uhr und setzte mich auf die Stuhlkante.
    »Ich werde Sie nicht lange aufhalten und mich kurz fassen. Sie wollen nun Mrs. Cool abholen?«
    »Ja. Sie schrieben mir doch, sie könne jetzt entlassen werden.«
    »Sind Sie eigentlich über ihren Gesundheitszustand informiert?«
    »Kaum. Sie hatte Grippe und Lungenentzündung. Ihr Hausarzt in Los Angeles empfahl ihr dann dieses Sanatorium für einen längeren Erholungsaufenthalt. «
    »Hat er Ihnen nicht auch gesagt, warum?«
    »Nein.«
    »Sie sind doch ihr Teilhaber, nicht wahr?«
    »Gott bewahre, nur ihr Angestellter.«
    »Wie ich hörte, leitet sie eine Detektei?«
    »Ja.«
    »Und sie hat Ihnen die Leitung anvertraut, als sie krank wurde?«
    »So ist es.«
    »Sie hält sehr viel von Ihnen, Mr. Lam. Man könnte schon fast von Zuneigung sprechen.«
    »Mag sein, aber an meinem Gehalt macht sich das leider noch nicht bemerkbar.«
    Der Arzt mußte lächeln. »Nun, das geht mich nichts an. Ich halte es jedenfalls für notwendig, Sie über ihren Gesundheitszustand zu informieren. Da ich Mrs. Cool nicht unnötig beunruhigen will, habe ich ihr selbst nichts gesagt. Sollte es aber einmal erforderlich werden, dann veranlassen Sie bitte ihren Hausarzt, sie darüber zu unterrichten, wie es um sie steht.«
    »Was fehlt ihr denn? Hoffentlich nichts Ernstliches?«
    »Ich nehme an, Sie wissen ungefähr, was sie wog, als sie krank wurde.«
    »So ungefähr. Irgendwann erzählte sie mir, daß sie alles, was sie esse, in Fett umsetze. Sie nehme selbst dann noch zu, wenn sie sich nur von Wasser ernähre.«
    Dr. Crabtree nahm das zu wörtlich. »Das wohl kaum«, meinte er, »sie wollte damit sicherlich sagen, daß ihre Verdauungsenzyme sehr wirksam sind und daß sie...«
    »... auch den letzten Tropfen Nährwert aus jedem Bissen Nahrung herausquetscht«, unterbrach ich ihn.
    »Nun ja. So könnte man es wohl laienhaft nennen«, pflichtete er mir bei.
    »Das ist typisch für Bertha«, antwortete ich lächelnd. »Ihr gelingt es, selbst dabei noch voll und ganz auf ihre Kosten zu kommen.«
    Dr. Crabtree sah mich eine Minute lang prüfend an, wobei er mit seinem Bleistift spielte. »Ich habe ihr eine strenge Diät verordnet, die sie unter allen Umständen einhalten muß.«
    »Ich glaube kaum, daß sie Ihre Anordnung befolgen wird.«
    »Deshalb habe ich Sie ja auch um diese Unterredung gebeten. Sie müssen unbedingt dafür sorgen. Auf Sie wird sie vielleicht hören.«
    »Das ist ganz ausgeschlossen. Ich stecke bis über beide Ohren in Arbeit und kann mich nicht auch noch darum kümmern.«
    »Sehen Sie« — Dr. Crabtree ließ sich durch meinen Einwand nicht beirren — »infolge ihres Gewichts befand sie sich geradezu in einem lebensgefährlichen Zustand. Das darf sich nicht wiederholen.«
    »Ach, sie kümmert sich den Teufel um ihr Gewicht«, erwiderte ich resigniert. »Früher achtete sie auch einmal auf ihre schlanke Linie wie andere Frauen. Dann aber kam sie dahinter, daß ihr Mann sie betrog. Sie ließ ihm zwar seine Freundinnen, pfiff aber auf die schlanke Linie und hielt sich an Kartoffelbrei und Süßspeisen schadlos. Jedenfalls hat sie es mir so geschildert. Und als er dann gestorben war — na, da war sie schon zu sehr an das viele gute Essen gewöhnt.«
    »Jetzt ist die Situation doch etwas anders. Wir haben ihr Gewicht auf ein erträgliches
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