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0059 - Hexenverbrennung

0059 - Hexenverbrennung

Titel: 0059 - Hexenverbrennung
Autoren: Richard Wunderer
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es hier ziemlich ungemütlich und unheimlich sein.
    »Das Hexenhaus an der Themse.« Suko grinste, aber seine Augen lachten nicht mit.
    »Eine besser geeignete Gegend hätten sich die Ladies gar nicht aussuchen können.«
    »Da vorne ist es!« Ich deutete auf eine dichte Hecke. Obwohl an den Zweigen keine Blätter hingen, konnten wir nicht hindurchsehen. Der einzige Zugang bestand in einer schmalen Lücke in dem natürlichen Zaun. Die niedrige Gittertür würde keine Schwierigkeiten machen, aber im Vorbeifahren sah ich dahinter einen riesigen Bluthund. Der war schon unangenehmer.
    Wir stiegen aus und gingen langsam an der Hecke entlang.
    »Wir müssen das niedliche Schoßhündchen überreden, daß es uns vorbei läßt.«
    Suko betrachtete seine Hände. »Ob es sich überreden läßt?«
    »Der Hund kann nichts dafür, daß sich in diesem Haus vermutlich Hexen treffen«, erinnerte ich meinen chinesischen Freund.
    »Engländer, die großen Tierfreunde.« Suko zuckte mit den Schultern. »Ich werde ihn mit Kuchen füttern, bis er platzt.«
    Ich trat ganz langsam an die Pforte heran und streckte die Hand nach der Klinke aus.
    Der Hund setzte sich auf und betrachtete uns aufmerksam, tat jedoch nichts. Er rührte sich auch nicht von der Stelle, als ich die Pforte öffnete, obwohl er an seiner sehr langen Leine herumlaufen konnte.
    »Versuchen wir es«, sagte ich angespannt und betrat vorsichtig den verwilderten Garten. Ich mußte meine Aufmerksamkeit zwischen dem Bluthund und dem Haus teilen. Im Moment konnte ich nicht feststellen, woher die größere Gefahr drohte.
    Der Hund war eine einzige Überraschung. Er benahm sich wie ein freundlicher Schoßhund, sah uns nur ständig an und ließ uns passieren. Mir schwante, daß das dicke Ende noch kommen würde.
    »Das wäre geschafft.« Suko atmete erleichtert auf, als wir außerhalb der Reichweite der Leine angekommen waren. »Und nun zu dem Haus! Mann, ist das ein alter Kasten!«
    Er traf den Nagel auf den Kopf. Das Gebäude sah aus, als würde es jeden Moment einstürzen. Ein Wunder, daß es überhaupt noch stand.
    Durch die blinden, dick mit Staub überzogenen Fenster konnte man nicht nach drinnen sehen. Ich hatte mir vorsorglich einen Durchsuchungsbefehl besorgt, so daß ich keine Schwierigkeiten von dieser Seite zu befürchten hatte. Dafür sollten wir Schwierigkeiten ganz anderer Art bekommen. Und zwar auf der Stelle.
    Wir hatten das Haus noch nicht erreicht, als Suko neben mir einen Schrei ausstieß und sich an meinem Arm festkrallte. Er fuchtelte mit der freien Hand in der Luft herum, verzog das Gesicht zu einer schmerzlichen Grimasse und stöhnte herzzerreißend. Ich konnte jedoch keinen Grund für sein Verhalten entdecken.
    »Suko, komm zu dir!« schrie ich meinen Freund an. »Was ist los?«
    »John, hilf mir!« Suko brach in die Knie.
    Im nächsten Moment erlebte auch ich den unheimlichen, durch magische Kräfte gesteuerten Angriff. Tausende, ja sogar Millionen geflügelter Ameisen stürzten sich auf uns. Die kleinen schwarzen Punkte ihrer Körper verdunkelten den Himmel, den wir zwischen den tiefhängenden Ästen sahen.
    In Sekundenschnelle brannte meine Haut im Gesicht, im Nacken und an den Händen wie Feuer. Hunderte von Ameisenbissen ließen mich genau wie Suko stöhnen.
    Das waren keine richtigen Ameisen. Die Hexen gaukelten sie uns nur vor. Es änderte aber nichts daran, daß die Bisse tödlich schmerzten und das Gift meinen Körper zu lähmen begann. Suko lag schon zuckend auf dem Boden und wehrte sich kaum noch gegen den dämonischen Angriff.
    Ich wollte nach dem geweihten Silberkreuz an meinem Hals greifen, doch meine Hand gehorchte mir nicht mehr. Diese dämonischen Ameisen hatten so viel Gift in meinen Körper gepumpt, daß dieser kurz vor dem endgültigen Zusammenbruch stand.
    Es war verrückt! Diese kleinen beißenden Biester existierten gar nicht, aber sie brachten Suko und mich beinahe um!
    ***
    Eine moderne, nüchterne Zeit war angebrochen, in der kein Platz für finstere Gestalten aus Sagen und Mythen blieb. Die Menschen glaubten an den Fortschritt und die Technik. Wenn doch jemand von Geistern und Dämonen sprach, wurde er ausgelacht und als Sonderling und Spinner abgetan.
    Es gab noch Gegenden auf der Welt, in denen das Böse einen festen Platz in den Gedanken der Menschen einnahm. Meist waren es abgelegene Gegenden, in denen sich das dämonische Treiben austobte, weil es kaum Zeugen gab. Denn auf eines achteten die Kräfte der Finsternis: Sie
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