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0057 - Finger weg von solchen Sachen

0057 - Finger weg von solchen Sachen

Titel: 0057 - Finger weg von solchen Sachen
Autoren: Helmut Kobusch
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sich eine breite Freitreppe von acht Stufen, die zu einem säulengetragenen Portal hinanführte. Ich stellte den Jaguar auf einem kleinen Parkstreifen ab und ging die Treppe hinauf.
    Schon als ich den Flur betrat, fiel mir der Lärm auf, den man in einem Krankenhaus nicht erwartet. Er kam von irgendwoher aus den oberen Stockwerken. Genaues war nicht zu verstehen, aber es schien mir, als seien es vor allem helle Frauenstimmen, die in ziemlicher Erregung aufeinander einsprachen.
    Nun, ich war nicht verantwortlich für die Einhaltung der Hausordnung in diesem Krankenhaus. Mochte sich meinetwegen darum kümmern, wessen Aufgabe es war. Ich sah mich statt dessen suchend um.
    Links vom Portal fand ich einen Schalter in der Wand mit der üblichen Aufschrift: »Anmeldung — Auskunft.«
    Ich trat ein und klopfte an das geschlossene Fenster.
    Obgleich ich ganz deutlich sah, daß eine Schwester dahinter saß, wurde mir das Fenster doch nicht geöffnet. Erst beim zweiten Blick merkte ich, daß die Schwester telefonierte.
    Ich wartete ungeduldig, aber höflich auf das Ende des Gesprächs. Endlich war es soweit, und sie legte den Hörer hin. Ich klopfte zaghaft noch einmal ans Fenster.
    Ihre energische Hand stieß es auf. Ich bückte mich, damit mein Kopf in Fensterhöhe kam und sagte: »Guten Tag, ich bin…«
    »Wer auch immer Sie sein mögen, Sie können jetzt keine Besuche mehr machen!« fiel mir die Schwester barsch ins Wort.
    Zum Teufel, nun war ich es aber leid! Nirgendwo kam man heutzutage noch dazu, seine angefangenen Sätze zu beenden.
    Schön, dann eben anders. Ich knallte ihr meinen Dienstausweis auf das Schalterbfett, daß der Verputz in der Wand ein leises Knirschen hören ließ.
    Neugierig, wie Frauen immer sind, warf sie einen Blick auf den Ausweis. Ihr Benehmen änderte sich schlagartig. »Oh, Sie sind Mr. Cotton vom FBI?«
    »Wie Sie aus dem Ausweis entnehmen können, allerdings.«
    »Doc Oberlander erwartet Sie schon sehnlichst. Es ist nämlich etwas Entsetzliches passiert! Vor ein paar Minuten erst! Augenblick, ich verbinde Sie sofort mit dem Vorzimmer.«
    »Ich will keine Verbindung mit irgendeinem Vorzimmer, ich will Doc Oberlander sprechen. Und zwar in höchsteigener Person.«
    »Aber natürlich, Mr. Cotton! Das sollen Sie ja auch! Ich sage nur im Vorzimmer Bescheid, damit jemand hier herkommt und Sie abholt.«
    »Danke. Das ist nicht nötig. Ich finde meinen Weg auch allein, wenn Sie ihn mir richtig beschreiben können.«
    »Natürlich, Mr. Cotton. Erster Stock, linker Flur, Zimmer 11.«
    »Na, also. Vielen Dank.«
    Ich machte mich auf die Strümpfe. Der Lärm in den oberen Stockwerken hatte nachgelassen, aber mir fiel auf, daß alle Schwestern, die mir begegneten, mit einem sehr verstörten Gesicht herumliefen. Was war denn hier passiert, daß alles so durcheinandergeriet?
    Ich sollte es schnell erfahren.
    Vor der Tür mit der Ziffer 11 blieb ich stehen und klopfte.
    »Herein!« rief eine weibliche Stimme.
    Ich tät’s. Der Raum, in den ich geriet, war nicht viel größer als in manchen Gefängnissen die Einzelzellen aussehen. Hinter einem peinlich genau aufgeräumten Schreibtisch saß ein ziemlich hübsches Mädchen in Schwesterntracht. Sie musterte mich aus weitgeöffneten Augen. Ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet, wenn ich mir auch nicht denken konnte, daß ich vielleicht so ein aufregendes Exemplar darstellen konnte.
    »Bitte?« fragte sie.
    »Ich bin Jerry Cotton vom FBI«, sagte ich.
    »Ach, Mr. Cotton!« echote sie. »Nehmen Sie doch Platz! Doc Oberlander wird gleich kommen. Er erwartet Sie ja.«
    »Ja, ich habe mich telefonisch mit ihm verabredet.«
    Ich ließ mich in einen Stahlrohrsessel mit Segeltuchbespannung fallen und zog die Beine ein, um nicht irgendeine Wand damit durchzustoßen, denn hier sah wirklich alles sehr eng aus.
    Plötzlich ging die Tür auf, und ein Mann in einem weißen Kittel kam herein. Er sah mich gar nicht, sondern sagte nur: »Machen Sie mir das Ding auf!« Sie zog ihm auf seinem Rücken die Schleifen des Operationskittels auseinander. Er fuhr heraus, und sie warf den gebrauchten Kittel in einen eingebauten Wandschrank, wo schon mehrere schmutzige Kittel lagen.
    Dann ging sie zurück zum Schreibtisch und nahm eine Zigarette aus einem Kästchen. Sie schob sie sacht an ihre rotbemalten Lippen, zündete sie an und gab sie dem Arzt.
    Der sah geistesabwesend zum Fenster hinaus und rauchte schweigend. Sein Gesicht wirkte jetzt müde und verfallen, aber in seinen Augen
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