Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0057 - Finger weg von solchen Sachen

0057 - Finger weg von solchen Sachen

Titel: 0057 - Finger weg von solchen Sachen
Autoren: Helmut Kobusch
Vom Netzwerk:
stand noch ein Leuchten wie von unzerrüttbarer Energie. , Ich räusperte mich. Der Arzt fuhr herum.
    »Ich bin Cotton«, sagte ich.
    Er musterte mich mit einem schnellen umfassenden Blick. Dann warf er die Zigarette in einen Aschenbecher und stieß eine Seitentür auf. Eine einladende Gebärde von ihm forderte mich auf, hindurchzugehen.
    Ich tat’s und kam in einen Raum, der größer als die Zelle vom Vorzimmer war.
    »Nehmen Sie Platz, Mr. Cotton! Ich bin Oberlander. Sie sind schnell gekommen.«
    »Ich hatte ja gesagt, daß ich sofort kommen würde.«
    »Ja, ja, natürlich.«
    »Kann ich den Jungen mal sehen?«
    »Ja, das können Sie allerdings.«
    So eigenartig, wie seine Formulierungen waren, so eigenartig war auch sein Tonfall.
    Er stand auf und ging zu einer anderen Tür. Höflich hielt er sie für mich auf. Wir gingen hinaus.
    Es ging zwei Etagen höher und dort einen langen Korridor entlang. Vor einer weißen Tür blieb der Arzt stehen und warf mir einen eigentümlichen Blick zu.
    Dann öffnete er fast geräuschlos die Tür.
    Ein Kopfnicken beantwortete meine stumme Frage, ob ich hineingehen dürfte.
    Ich trat über die Schwelle und sah mich um.
    Rechts ein weißer Kleiderschrank. Daneben ein leeres Bett. Geradeaus ein breites Fenster mit einer eingefügten Balkontür. Links ein Bett. In diesem Bett waren die Umrisse einer Gestalt zu erkennen, über die ein weißes Laken gedeckt war.
    Ich erschrak unwillkürlich. Als ich mit dem Arzt telefoniert hatte, war der Junge doch noch am Leben gewesen, und der Doc hatte Hoffnung gehabt!
    Doc Oberlander trat ans Kopfende des Bettes. Er erfaßte mit den Spitzen seiner gepflegten schlanken Finger eine Ecke des weißen Lakens und zog es zurück.
    Ich starrte in das Gesicht des Jungen, der mir in der Aula des College als Mitarbeiter der Schülerzeitung genannt worden war und den ich nach unserem Vortrag die Meinung gesagt hatte wegen seiner idiotischen Raserei im Stadtverkehr.
    Allein dies hätte mich erschrecken können. Aber etwas anderes kam hinzu.
    Der Junge hatte in der rechten Schläfe ein Einschußloch von einer großkalibrigen Pistole. Links, wo die Kugel wieder herausgekommen sein mußte, hatte man zum Glück einen dicken Wattebausch über das Gesicht gelegt. Es war gut so, denn ich weiß aus Erfahrung, wie solche Kugelaustrittslöcher aussehen, wenn der Schuß aus nächster Nähe abgefeuert wurde.
    Wir gingen zurück in das Arbeitszimmer von Doc Oberlander. Wir setzten uns. Die große elektrische Normaluhr an der Stirnwand des Zimmers war vier Minuten vor fünf Uhr nachmittags.
    Ein paar Minuten schwiegen wir beide.
    Nach einer Weile sagte der Arzt: »Ich weiß, es ist unglaublich. Aber es ist passiert. Mitten am hellichten Tag in einem Krankenhaus.«
    »Kaum vorstellbar«, sagte ich. »Der Mörder muß ein ganz kaltblütiger Teufel sein.«
    »Ja, anders ist es nicht denkbar.«
    »Nein. Jedenfalls nicht als Schuß.«
    »Ich verstehe. Es war ein nur schwach außerhalb des Zimmers wahrnehmbares ,Plopp‘, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Schalldämpfer.«
    »Im Nachbarzimmer hörte man es natürlich am stärksten und klingelte nach der Stationsschwester. Sie sah nach.«
    »Hatten Sie nicht eine Schwester neben das Bett des Jungen setzen wollen?«
    »Das hatte ich getan. Die Schwester liegt ohnmächtig auf einer Bahre im Operationssaal. Meine Assistenzärzte bemühen sich um sie.«
    »Von hinten mit einem harten Gegenstand niedergeschlagen, nicht wahr?«
    »Ganz recht. Ziemlich große Beule, sonst nichts Ernsthaftes.«
    »Hm.«
    Ich dachte eine Weile nach.
    »Können Sie sich vorstellen, wer ein Interesse daran haben konnte, den Jungen umzulegen?« fragte der Arzt.
    Ich nickte.
    »Es gibt zwei Möglichkeiten.«
    »Darf man erfahren, welche?«
    »Warum nicht? Sie sagten, der Junge sei rauschgiftsüchtig. Es läßt sich denken, daß verschiedene Leute ein starkes Interesse daran haben mußte, daß er in dieser Hinsicht nichts ausplaudern konnte.«
    »Hm, ja. Das kann ich mir denken. Und die zweite?«
    »Sprach er nicht von Babykiller Jackson? Darf man daraus nicht vielleicht schließen, daß er ihn kannte? Und daß er das melden wollte, weil er von mir sprach?«
    »Ja, natürlich, auch das ist denkbar. Aber woher kannte Sie der Junge denn?«
    »Ich hielt heute morgen in seiner Schule mit einem Kollegen einen Vortrag über unser Polizeiwesen. Dabei sah ich den Jungen zum erstenmal.«
    »Hm. Das hat viel für sich.«
    »Leider eben nicht«, widersprach ich. »Aber es -ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher