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0049 - Ich und der Teufel MAM

0049 - Ich und der Teufel MAM

Titel: 0049 - Ich und der Teufel MAM
Autoren: Ich und der Teufel MAM
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merken sollten.
    Was die unter Hypnose stehende Sol tanzte, war wahrscheinlich ein obskurer Tempeltanz, wie sie ihn in der Hafenschänke schon getanzt hatte, als der Schiffsarzt sie zum ersten Male sah, und wie sich der Direktor einer Schmiere assyrische, javanische oder indianische Tempeltänze vorstellte.
    Die ehrfurchtsvoll gaffende Menge unter uns bildete sich natürlich ein, die Inkarnation einer Mayagöttin im körperlichen Gefüge einer Mestizin, nicht von ungefähr in den Urwald von Chichen Itza verschlagen, tanzte die Kosmologie der Mayas.
    Wir Beobachter auf unserer Plattform empfanden alles wie Kitsch, schlechte Imitation, die zum Lachen reizt. Mit Ausnahme des Arztes. Für diesen von Gin und Tropenklima zermürbten Menschen, dessen Phantasie keine Grenzen mehr kannte, war Sol Fox — seine Frau, die ihn haßte, und die er immer noch liebte — so etwas wie ein Symbol oder eine Hieroglyphe für das begehrenswerteste weibliche Wesen.
    Sie können mir glauben, daß sich ein abgebrühter G-man, wie ich einer bin, von Frauen nicht mehr verzaubern läßt. Aber diese Frau kam mir trotz des lächerlichen Aufzuges ihrer Umgebung, der wie ein plumper roter Bär sie umwatschelnden India aus Campeche und des verrückten Flötengedudels wie das Urbild der Circe vor, die Männer in Halbgötter oder in Tiere verwandelt.
    Sie war schlank, zäh, kräftig, ihre Haare glichen dem Feuerbrand der Hibiskusblüten, die grünen Augen im schmalen Gesicht verliehen ihrer seltsam schillernden Persönlichkeit etwas Hexenhaftes, Dämonisches. Um den schönen Mund schwebte ein Lächeln.
    Der Tanz erstarb, das Flötenkonzert auch. Sol wurde zu ihrem Tragsitz geleitet und mit dem Umhang aus unzähligen schillernden Federn bedeckt. Die Hauptdarstellerin auf der Bühne war jetzt die India Modeste. Der alte Kazike und sein Sprößling Inucho führten sie an den Rand des Wassers, umarmten sie und traten zurück.
    Und nun nahm Inucho eine ihm dargereichte Flöte, beugte sich vor und entlockte ihr nur einen einzigen Ton. Einmal lang, dann wieder kurz.
    Währenddessen stand Modeste, fünf bis sechs Yard von Inucho entfernt, bis zu den Knöcheln im Wasser, die Augen geschlossen, die Arme über der Brust gekreuzt.
    »Der alte Halunke Pichale«, flüsterte Larry Jopling, »läßt jetzt eine Massensuggestion vom Stapel. Gaukelt seinen Indios vor, Uxmal werde aus dem Wasser steigen und seine Opfergabe gnädigst in Empfang nehmen. So was Verrücktes!«
    »Schußfertig machen!« hörte ich Olas Almonte flüstern. »Gleich geht's los!«
    Wie gebannt starrte ich auf die Wasserfläche und die rothäutige India, die sich aus freien Stücken als Opfer angeboten hatte.
    Da… was war mit dem Wasser los? Die ruhige Oberfläche begann zu zittern… kleine Wellen kräuselten… wirbelten… wurden größer… schaumig. »Tod und Teufel! Spuk oder Wahrheit?« zischte Larry Jopling.
    Plötzlich tauchte ein grausiges Etwas auf — ein Schlangenkopf. Träge hob er sich empor, das Wasser floß von ihm ab wie rieselndes Lametta. Er fiel zurück… stieg wieder auf… reckte sich…
    »Wenn man uns nicht zum Narren hält«, meinte der schwammige Juan Rivas am rechten Flügel unserer kleinen Schützenlinie, »ist das eine ausgewachsene Anakonda.« In der Aufregung hatte er vergessen, leise zu sprechen. Aber keiner unter und vor uns wäre aufmerksam geworden, auch wenn der Mexikaner gebrüllt hätte.
    Der feuerrot einbandagierte »Mayateufel Mam« ließ immer noch den einen Ton hören. Man gewann den Eindruck, daß er es nicht zum ersten Male machte und auf diese Weise das Reptil dressiert hatte, sein Futter zu holen.
    Wie ein aus dem Wasser ragender umgekehrter Perpendikel pendelte der Schlangenkopf hin und her, als bewegte er sich nach der monotonen Musik.
    Was ich jetzt erlebte, wage ich heute nicht einmal mehr im besten Freundeskreis zu erzählen, weil ich befürchten muß, als Aufschneider ausgelacht zu werden. Aber es war genauso und nicht anders:
    Die India, immerfort den Schlangenkopf anstarrend, fing auch an, sich zu bewegen — auch ihr Oberkörper pendelte von links nach rechts und von rechts nach links, genau im gleichen Rhythmus. Verharrte Uxmal auf der Stelle, unterbrach auch Modeste ihr Wiegen. Sie wiegte sich ohne Grazie, hielt den Kopf seitwärts geneigt und die Arme von sich gestreckt. Ihr Gesicht war schrecklich verzerrt.
    »Erst schießen, wenn ich es sage!« rief ich. Meine Kaltblütigkeit war wieder zurückgekehrt. »Auf den Schlangenkopf!«
    Das
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