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0042 - Herr der wilden Wasser

0042 - Herr der wilden Wasser

Titel: 0042 - Herr der wilden Wasser
Autoren: Susanne Wiemer
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zweiten Blick entdeckte.
    Der Tyrannosaurus bewegte sich nur noch träge, gleichsam beobachtend am Fuß der Felswand.
    Sein Gebrüll schien jedes Lebewesen in unmittelbarer Nähe verscheucht zu haben. In einiger Entfernung jedoch regte es sich im Dickicht, bewegten sich Schatten hin und her. Zwei riesige Brontosaurier zeichneten sich im Dunst über dem seichten Wasser ab, nur die braunen Rückenbuckel und die schlanken Hälse ragten hervor.
    Ein grünliches Reptil bewegte sich träge im Schatten eines Palmengewächses, und ein paar Meter hinter ihm zog, in majestätischer Langsamkeit, eine ganze Herde riesiger Echsen über die grasbewachsene Niederung.
    Stegosaurier mit zwei Reihen flossenförmiger Knochenplatten über dem plumpen Rücken und einem mit spitzen Hörnern bewehrten Schwanz.
    Ankylosaurier, deren gepanzerte Rücken ebenfalls weiße, nadelscharfe Hörner schützten.
    Grün und braun geschuppte Echsen, gigantische Leiber mit mächtigen, krallenbewehrten Gliedmaßen, bizarre Köpfe und plumpe, träge schleifende Schwänze. Langsam bewegte sich die Herde der gepanzerten Pflanzenfresser weiter, auf der Suche nach Nahrung, und hinter ihnen richteten sich plattgewalzte Gräser und Farne nur allmählich wieder auf.
    »Himmel«, flüsterte Bill. »Das ist ja phantastisch. Für einen Palä- ontologen müsste es das Paradies sein.« Er zögerte, und sein Blick wanderte zu Zamorra hinüber. »Glaubst du, dass Charles Maruth vielleicht in Island war, um das hier zu finden?«
    Zamorra hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Es ist schwer vorstellbar, aber sicher nicht ausgeschlossen – bei einem Paläontologen mit der Parapsychologie als Hobby kommen gleich zwei Antriebe zusammen.«
    Bill nickte nur.
    Sein Blick hing immer noch an dem majestätischen Bild, an diesem großartigen Panorama vorzeitlichen Lebens, das ihn für einen Moment die Gefahr vergessen ließ, die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage und die unbegreiflichen Umstände, die sie in dieses Abenteuer gestürzt hatten. Erst das Fauchen des Tyrannosaurus brachte ihm wieder zu Bewusstsein, dass sie sich allein und schutzlos in einer menschenleeren Welt befanden – falls dies alles überhaupt real war und nicht ein gespenstischer Traum. Er atmete tief durch und schluckte.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte er, ohne das Zittern seiner Stimme bezwingen zu können.
    »Wir müssen in die Höhle zurück«, murmelte Zamorra.
    »In die Höhle? Und dann? Es gibt keinen Ausweg!«
    »Es muss ihn geben. Einen Weg zurück – den gleichen, auf dem wir hierher gekommen sind. Die Zeitschranke…«
    Bill schüttelte den Kopf. Er begriff einfach nicht. Sein Gehirn schien zu fiebern, und jedes Mal, wenn er mit seinen Überlegungen an einem gewissen Punkt anlangte, verwirrten sich seine Gedanken.
    »Wie stellst du dir das vor?«, fragte er rau.
    »Der Lavasee! Wir sind hineingestürzt und hier gelandet. In der Urzeit. Vielleicht gelingt es uns, wieder in die Gegenwart zu gelangen, wenn wir den gleichen Weg nehmen.«
    Bill starrte ihn an. »Soll das heißen, du willst – du willst freiwillig in die glühende Lava springen?«
    »Siehst du eine andere Möglichkeit?«
    »Aber das ist Selbstmord, das…«
    »Willst du hier bleiben?« Ein knappes, ein wenig bitteres Lächeln spielte um Zamorras Lippen. »Es wäre vielleicht ganz interessant, die Menschheitsgeschichte um zwei frühe Exemplare in der mittleren Kreide zu bereichern, aber ich bezweifle, dass sich unser Robinsondasein besonders erfreulich gestalten würde. Obwohl wir jedenfalls bestimmt nicht über Langeweile zu klagen hätten.« Jäh wurde er wieder ernst, und seine Lippen pressten sich zusammen. »Wir müssen an Nicole denken. Was auch immer geschehen ist, sie befindet sich auf jeden Fall in Gefahr. Dieser so genannte Alte vom Meer, der hinter den Ereignissen steckt – falls er dahintersteckt –, ist den Menschen feindlich gesonnen. Die Legende sagt, dass er die Menschheit vernichten soll, um die Rache der alten Götter zu vollziehen. Er wird auch Nicole nicht verschonen.«
    Bill knirschte mit den Zähnen.
    Sein Verstand rebellierte. Er wollte, konnte das alles nicht glauben.
    Aber die Welt um ihn herum hatte die ungeheure Überzeugungskraft fassbarer, realer Materie, und er spürte einfach, dass dies alles kein Traum war, aus dem er erwachen würde, ohne irgendetwas dafür zu tun.
    »Okay«, sagte er heiser. »Entweder du hast Recht, dann bleibt uns keine Wahl. Oder aber wir träumen, dann kann uns nichts
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