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0039 - Das Todesmoor

0039 - Das Todesmoor

Titel: 0039 - Das Todesmoor
Autoren: Friedrich Tenkrat
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war eine Nachbildung eines Sarkophags. In seinen Sockel waren apokalyptische Szenen gemeißelt. Hinter dem Tresen stand eine hexenhafte Frau. Sie hatte langes, blondes, strähniges Haar, einen stechenden Blick, dünne Lippen und einen großen Mund.
    Mochte der Teufel wissen, woran sie uns als Engländer erkannte. Sie sprach uns in unserer Muttersprache an.
    »Was kann ich für Sie tun, Gentlemen?«
    »Ist Mr. Andrew De Toth hier?« fragte ich zurück.
    »Kann schon sein«, antwortete das Mädchen vorsichtig. Sie taxierte mich mißtrauisch. »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Wir hätten ihn gern gesprochen.«
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Das würden wir ihm gern persönlich sagen.«
    Das Mädchen hob die Schultern. »Ich fürchte…«
    Da platzte Suko der Kragen. »Hör mal, Puppe, du gehst jetzt zu deinem Chef und bringst ihm schonend bei, daß ihn zwei nette Herren sprechen möchten!«
    Das wirkte. Diese Sprache verstand die Kleine. Ihre Augen wurden groß. Sie setzte sich in Bewegung, verschwand, und als sie wiederkam, war sie in Begleitung eines Mannes, bei dessen Anblick mir einen Augenblick die Luft wegblieb.
    Ich hatte schon viele häßliche Menschen gesehen, aber Andrew De Toth war die absolute Krönung.
    Sein Gesicht war zerklüftet wie eine Mondkraterlandschaft. Darüber hinaus war es unproportioniert. Das Antlitz schien aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt zu sein.
    Kein Teil wollte so richtig zum anderen passen.
    Da war die hohe, weit nach vorn gewölbte Stirn. Der starke Wulst der Augenbrauen. Darunter, in tiefen, eingesunkenen, schattigen Höhlen glänzten zwei Augen, die so seelenlos wie Glasmurmeln wirkten.
    Die Nase war so klein, daß man sie übersehen konnte. Dafür waren der Mund und die Zähne um so größer, während das Kinn so weit zurückfiel, daß der Kopf beinahe vom Mund weg in den Hals überging.
    Der Mann war groß und breitschultrig. Er verfügte bestimmt über respekteinflößende Kräfte. Und er überragte Suko und mich um einen ganzen Kopf. Seine Stimme klang, als käme sie aus einer leeren Gruft, als er sagte: »Ihr seid wohl besoffen, ihr beide! Was fällt euch ein, dieses Mädchen so zu behandeln.«
    Er sprach breiten texanischen Slang, gemischt mit der ceylonesischen Sprachmelodik.
    Wenn die Stunde nicht schon so weit fortgeschritten gewesen wäre und wenn wir nicht schon einige Aufregungen hinter uns gehabt hätten, wäre Suko bestimmt bei seiner gewohnten asiatischen Gelassenheit geblieben.
    Dieser Mann aber schien für meinen chinesischen Freund von Anfang an ein rotes Tuch zu sein.
    »Hören Sie, De Toth, wir kommen hierher, machen ein freundliches Gesicht und bitten diese Hexe, Ihnen auszurichten, daß wir mit Ihnen sprechen möchten. Sie aber tut so, als würde man um eine Audienz ansuchen müssen, wenn man mit Ihnen reden will.«
    »Hexe!« fauchte das Mädchen.
    »Hast du das gehört, Andrew? Er hat mich eine Hexe genannt, dieser gelbhäutige Bastard!«
    »So!« schaltete ich mich energisch ein. »Ich denke, jetzt seid ihr quitt. Er hat Sie eine Hexe genannt – und Sie sagten, er wäre ein gelbhäutiger Bastard! Können wir endlich ein vernünftiges Wort miteinander reden?«
    »Was wollen Sie?« fragte De Toth. Sein Blick huschte an mir auf und ab. »Wer sind Sie? Hab’ ich Sie hier schon mal gesehen?«
    »Bestimmt nicht. Mein Name ist John Sinclair.«
    »So. Und wie heißt der freche Chinese?«
    »Ich heiße Suko!« knurrte mein Partner.
    »Okay, Gents. Dies hier ist keine Wärmestube. Was darf Ihnen Bathseba zu trinken geben?«
    »Mir einen Orangenjuice«, sagte Suko.
    Ich bestellte dasselbe.
    De Toth bleckte die gewaltigen Zähne. »Sie sind wohl noch nicht lange weg von der Mutterbrust, wie?«
    Ich erwiderte frostig: »Gehören Sie auch zu der Sorte, die denkt, ein Mann ist nur dann ein Mann, wenn er wie ein Loch säuft?«
    Andrew De Toth winkte ab. Er übernahm von Bathseba die gefüllten Gläser und stellte sie vor uns hin. »Wohl bekomm’s.«
    Er machte dem Mädchen ein Zeichen. Sie verschwand.
    »So«, sagte er zu mir. »Und jetzt können Sie ungestört loswerden, was Sie auf dem Herzen haben.«
    »Ein reichlich ungewöhnliches Lokal führen Sie hier«, sagte ich.
    »Es gefällt Ihnen nicht, wie?«
    »Ich müßte lügen…«
    »Das verlangt niemand von Ihnen, Mr. Sinclair. Ich mache mein Geld damit. Alles andere ist mir wurscht. Speziell die Meinung Fremder, die zum erstenmal hier hereinschneien, interessiert mich nicht.«
    »Das war deutlich«, sagte
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