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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer
Autoren: Susanne Wiemer
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Streifschuß. Er wird sich bestimmt sehr schnell erholen, darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.« Er stockte und sah sie voll an. »Haben Sie eines von den drei Mädchen erkannt, Jessica?«
    Sie atmete tief durch.
    Mit einer fahrigen Geste rieb sie sich über die Stirn und nickte.
    »Alle drei«, sagte sie. »Jims Schwester Claire, Anabel Verton und Maria Benetti. Ich kann es selbst kaum glauben, aber ich schwöre, daß es wahr ist…«
    ***
    Das Erwachen war wie das Emportauchen aus einem Meer voller dunkler Visionen und Schrecknisse.
    Alban Marrics Bewußtsein kämpfte sich mühsam durch die schwarzen Wogen, die ihn immer wieder mitzureißen drohten. Er glaubte zu schwimmen, zu schweben. Eine Art körperlose Leichtigkeit vermittelte ihm für einen Moment das Gefühl trügerischen Wohlbefindens. Dann setzten Schmerzen ein, aber sie waren seltsam fern, nicht genau zu bestimmen.
    Irgendeine Kraft, die tiefer wurzelte als Gefühl und Gedanke, ließ den Magier spüren, daß etwas Ungeheueres mit ihm geschehen war, und die Angst überflutete ihn, noch ehe er auch nur einen Splitter der Wahrheit begriffen hatte.
    Er versuchte, die Augen zu öffnen.
    Licht blendete ihn, schien wie mit hellen spitzen Pfeilen durch den Spalt seiner Lider zu dringen, doch nach ein paar Minuten gewöhnte er sich daran. Die roten Schleier um ihn wurden durchsichtig. Er erkannte kahle Wände, feucht schimmernde Steinquader, und er nahm eine Art Schattenwolke wahr, die sich nach und nach zu einer Gestalt verdichtete.
    Giordano Calgaro…
    Aber ein verwandelter Calgaro, eingehüllt wie eine Art Mumie.
    Marric sah den langen weißen Kittel, eine eng um den Schädel liegende weiße Haube, wie sie Chirurgen benutzten, und etwas an diesem Anblick weckte Widerhall in seinem fiebernden Hirn.
    Der Operationssaal!
    Sie hatten ihn festgeschnallt, betäubt. Calgaro wollte eins seiner verbrecherischen Experimente machen. Marric erinnerte sich, daß ihn die Narkose in einen Abgrund aus Angst und hilflosem Grauen gestürzt hatte, und die Erkenntnis, daß die Operation vorbei sein mußte, daß nichts mehr rückgängig gemacht werden konnte, was immer es war, traf seinen Geist mit der Wucht einer Lawine.
    Er starrte Calgaro an. Die gelben Augen glitzerten. Mit einer raschen Bewegung hob er die Hand und zog sich die Haube von dem kahlen Schädel.
    »Nun?« fragte er gedehnt.
    Marrics Lippen waren trocken. Er öffnete sie und befeuchtete sie mit der Zunge.
    »Was hast du mit mir gemacht?« krächzte er.
    Calgaro lächelte. Seine Stimme klang kalt, sachlich, gefühllos.
    »Zunächst noch nicht viel, Alban. Ich habe dich von deinem Körper befreit, jedenfalls von dem größten Teil deines Körpers. Ursprünglich wollte ich dein Gehirn isolieren, aber dann habe ich mich dafür entschieden, vorerst noch die sinnliche Wahrnehmung zu erhalten. Du kannst hören, sehen, fühlen…«
    Er sprach weiter. Aber Marric hörte nicht. Seine Gedanken jagten.
    Er begriff nicht. Er konzentrierte sich, er versuchte, die Bedeutung der Worte zu verstehen – und tief in ihm erwachte die erste winzige Flamme eines Grauens, das er nicht wahrhaben wollte.
    Schweiß perlte auf seiner Stirn.
    Er wollte ihn wegwischen, hob die Hand und…
    Da war keine Hand!
    Der Befehl seines Hirns ging ins Leere. Marric schloß die Augen, öffnete sie wieder, wollte den Kopf senken – und merkte, daß er aus irgendeinem Grund nicht dazu in der Lage war.
    Er preßte die Lippen zusammen.
    Das Grauen wuchs, flutete gegen die Schranken der Beherrschung.
    Marric bewegte die Augen, blickte so weit wie möglich nach unten und erfaßte die Kante eines merkwürdigen gläsernen Sockels, der knapp unter seinem Kinn begann, seinen ganzen Körper umgab.
    Körper?
    Marrics Blick zuckte hoch, begegneten den gelben Augen seines Peinigers. Giordano Calgaro lächelte. Rasch trat er einen Schritt zur Seite, glitt an die Seitenwand des Raumes heran – und erst jetzt gewahrte Marric den mannshohen Spiegel, der an den feuchten Steinquadern lehnte.
    Calgaro hob das schwere Ding mit einer Kraft hoch, die man seinem hageren Körper kaum zutraute. Ohne ersichtliche Mühe schleppte er den Spiegel quer durch den Raum und stellte ihn so auf, daß Marric sich sehen konnte.
    Sich – oder das, was ein wahnsinniger Verbrecher aus ihm gemacht hatte.
    Marrics Augen schienen von innen her zu erstarren.
    Er blickte in den Spiegel.
    Sah sein Gesicht, den Kopf mit dem weißen Haar, die vertrauten Züge.
    Und darunter einen
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