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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer
Autoren: Susanne Wiemer
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an andere, ähnliche Grundstücke, ein niedriger Zaun umgab ihn. Die Bewohner des Hauses – Verwandte von Jim, wie Jessica erzählt hatte – schienen schon zu schlafen, aber hinter den Fenstern des Anbaus brannte noch Licht.
    Jessica klingelte. Ein Glockengong schlug an. Zamorra identifizierte die ersten Takte von »America«, aber hinter der Tür blieb alles genauso still wie vorher.
    Jessica klingelte noch einmal – mit dem gleichen Ergebnis. Nichts rührte sich, auch nicht beim dritten und vierten Versuch. Das Mädchen ließ die Hand sinken, trat einen halben Schritt zurück und runzelte verständnislos die Stirn.
    »Aber er muß da sein«, sagte sie. »Wir waren doch verabredet. Ich komme jeden Abend hierher. Jim würde mich nicht einfach sitzenlassen.«
    »Außerdem brennt das Licht«, stellte Zamorra fest. Er sprach knapp und sachlich und versuchte, die bohrende Unruhe zu ignorieren. »Haben Sie einen Schlüssel?«
    Jessica nickte.
    Auch sie schien sich jetzt Sorgen zu machen. Rasch ließ sie ihre Handtasche aufschnappen, wühlte nach dem Schlüssel, aber sie kam nicht mehr dazu, ihn herauszuholen.
    Ein Schrei gellte auf.
    Kurz, abgehackt…
    Etwas polterte zu Boden, ging klirrend in Scherben, und dann schnitt ein Geräusch durch die Stille, das Zamorra sofort als den dumpfen Knall einer schallgedämpften Pistole identifizierte.
    Er zuckte zusammen.
    Hart packte er Jessicas Arm und schob sie zur Seite. »Sie bleiben hier! Rühren Sie sich nicht von der Stelle!«
    »Aber…«
    »Sie bleiben hier! Seien Sie vernünftig, bitte! Kauern Sie sich dicht auf den Boden!«
    Er warf ihr noch einen kurzen, beschwörenden Blick zu, dann ließ er sie los. Rasch trat er zurück, nahm Anlauf und warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die geschlossene Haustür.
    Holz splitterte.
    Schon beim ersten Versuch wurde die Tür aus den Angeln gerissen. Krachend fiel sie in die Diele. Zamorra stolperte, verlor das Gleichgewicht und prallte mit der Schulter gegen die Kante eines niedrigen Garderobenschrankes.
    Sofort schnellte er wieder hoch.
    Im Haus war es still – eine seltsam atemlose Stille. Der Professor lauschte sekundenlang, dann griff er mechanisch nach der Smith&Wesson unter seiner Achsel, huschte zu der offenen Verbindungstür und spähte vorsichtig um die Ecke.
    Das Bild das sich ihm bot, ließ fast seinen Atem stocken.
    Jim Coltrane lag auf dem Teppich – jedenfalls nahm Zamorra an, daß es sich um Jim Coltrane handelte. Der Junge war bewußtlos oder tot: Blut lief über sein Gesicht, er hatte sich zusammengekrümmt und den rechten Arm ausgestreckt, als ob er nach einem Halt suche. Ein Mädchen kauerte neben ihm – blond, helläugig.
    Zwei andere Girls standen an der rechten Seite des Zimmers, eine von ihnen hielt noch die klobige Pistole in der Rechten, und wie auf ein geheimes Kommando fuhren sie zu Zamorra herum.
    Nur für die Dauer einer Sekunde starrten sie ihn an.
    Eine Sekunde, die ihm genügte, um sich ihre Gesichter einzuprägen. Die Blondine mußte Claire Coltrane sein. Das rassige rothaarige Mädchen mit der Mannequinfigur Anabel Verton. Und ein schwarzhaariges Girl mit klassischen Zügen, großen dunklen Augen und…
    Sie war es, die die Pistole hielt.
    In einem Winkel seines Hirns registrierte Zamorra, daß sie in der Zeitungsmeldung als Maria Benetti bezeichnet worden war. Ihr Gesicht wirkte starr, vollkommen unbewegt. Sie schwang herum, ihr Finger krümmte sich, und gleichzeitig spürte der Professor die Bewegung hinter sich.
    Jessica!
    Sie war ihm gefolgt trotz seiner Warnung. Ihre Augen weiteten sich, ein heiserer Schrei kam über ihre Lippen, aber das hörte Zamorra, ohne es wirklich wahrzunehmen.
    Das schwarzhaarige Girl überzog den Druckpunkt.
    Plopp, machte es.
    Und noch einmal: Plopp, plopp, plopp.
    Sekundenbruchteile vorher war Zamorra herumgefahren.
    Seine Faust traf Jessicas Schulter, stieß sie zurück in die Diele. Sie schrie, aber er hörte es kaum. Noch in der Bewegung ließ er sich fallen. Glutheiß streifte ihn etwas am Kopf, und zwei Herzschläge lang drehte sich alles um ihn, bevor ihm bewußt wurde, daß er immer noch den 38er umklammerte.
    Er warf sich herum.
    Undeutlich sah er die Gestalt des Girls über sich. Schwarzes Haar fiel ihr in die Stirn, ihre Augen gleißten – und ihr Finger krümmte sich erneut über dem Abzug.
    Zamorra schoß.
    Er hatte keine Wahl, er mußte feuern, wenn er sich nicht abknallen lassen wollte. Sein Schuß peitschte. Im Bogen flog die Pistole mit dem
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