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0014 - Der Schreckenskult

0014 - Der Schreckenskult

Titel: 0014 - Der Schreckenskult
Autoren: Walter Appel
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Neugierde, sondern um Hinweise zu erhalten. Nicole war es, die Gladys’ Tagebuch in der Nachttischschublade fand. Sie setzte sich aufs Bett und blätterte es durch.
    Gladys hatte dem Buch ihre kleinen Geheimnisse anvertraut, die Nicole nur überflog. Das Buch war im Herbst letzten Jahres begonnen worden und fast voll. Jeden Tag hatte Gladys mit ihrer akkuraten Schrift ihre Eintragungen gemacht.
    Zu Anfang war von einem Harry die Rede, der sich dann gegen Anfang Januar als Schuft entpuppt hatte. Das Warum und Weshalb las Nicole so genau nicht nach. Dann tauchte ein Robert auf, von dem Gladys schwärmte wie ein Backfisch aus der Zeit der Gartenlaube. Von einem Streit mit ihrem Vater war in Gladys’ Tagebuch die Rede, von einem leichten Auffahrunfall mit dem neuen Wagen, den sie vor ihm vertuscht hatte.
    Das Tagebuch hatte etwas Rührendes an sich. Gladys hatte ihre kleinen Sorgen und Freuden darin aufgezeichnet. Einmal hatte sie ernsthafte Bedenken, als ihre Periode sich verspätete und sie fürchtete, von Robert schwanger zu sein, aber ein paar Tage später schrieb sie dann erleichtert, daß alles in Ordnung sei.
    Anfang Juli dann begannen Eintragungen, denen Nicole größere Aufmerksamkeit widmete. Robert trat in den Hintergrund, statt dessen schrieb Gladys immer öfter von einem Mann namens Lionel, dessen Namen sie später zu Lion abkürzte. Gladys schrieb, daß dieser Mann Geheimnisse habe, die niemand wissen dürfe. Zuerst hatte er ihr Angst eingeflößt und sie abgestoßen, aber dann fühlte sie sich mehr und mehr von ihm fasziniert und zu ihm hingezogen.
    Die Tagebucheintragungen des jungen Mädchens wurden flüchtiger, knapper und zugleich wirrer. Nicole las Eintragungen wie: »Feier bei E. W. Rede Oscanoras«. Oder: »Zusammenkunft bei Cindy. Boten Cochanoees beschworen. Wann werde ich zum inneren Kreis gehören?«
    Eine Woche vor der Ankunft Zamorras, Nicoles und Bills in Miami brachen die Aufzeichnungen ganz ab. Nicole fand nur noch ein paar knappe Terminangaben, die bereits ausgestrichen waren. Eine lautete: »Mo., 22.00 Uhr, E. G.«. Beim Weiterblättern fand Nicole auf dem Blatt mit dem Datum des heutigen Tages eine Eintragung, die sie sehr interessierte.
    Da stand: »25° 56’ 12’’ nördl. Breite, 80° 1’ 30’’ nördl. Länge, 22.30 Uhr.«
    Nicole zeigte das Tagebuch Zamorra und machte ihn besonders auf die letzte Eintragung aufmerksam.
    »Es handelt sich um eine geographische Ortsbestimmung«, sagte sie. »Ich kann allerdings nicht sagen, wo der bezeichnete Punkt sich befindet.«
    »Auf See in den Gewässern vor Miami«, antwortete Zamorra. »Der 80. Längengrad verläuft knapp vor der Florida-Halbinsel. Und wir sollten uns hier etwa auf der Höhe des 26. Breitengrads befinden.«
    Bill Fleming, der in solchen Dingen immer bestens Bescheid wußte, stimmte zu.
    »Es sieht so aus, als sollte heute auf See etwas Besonderes stattfinden«, sagte Zamorra. »Gönnen wir Chester Trenton etwas Ruhe, er kann sie brauchen. Aber dann will ich ihn fragen, ob er etwas über die Bedeutung dieser Positionsangabe im Tagebuch seiner Tochter weiß.«
    Er wollte sich zur Tür wenden, als er ein gereiztes und bösartiges Fauchen hörte. Zamorra wirbelte herum. Die alte einäugige Puppe hatte sich aufgestellt. Das glatte Puppengesicht war zu einer Grimasse des Hasses verzerrt. Nadelspitze Zähnchen, von denen eine helle Flüssigkeit tropfte, bleckten.
    Die Puppe lief übers Bett, sprang elastisch herunter und jagte plötzlich auf Zamorra zu. Sicher waren die Zähne der Puppe, die dämonische Kräfte zum Leben erweckt hatten, vergiftet. Zamorra war sich über die tödliche Gefahr im klaren, die ihm von dem kleinen Ding drohte.
    Er holte aus und traf die Puppe mit einem Fußtritt, der sie aufjaulend quer durchs Zimmer schleuderte. Ehe sie sich noch wieder aufraffen konnte, sprang Zamorra zu dem Skelett unter der Decke und zog den Eispickel hervor, mit dem er das Ungeheuer getötet hatte.
    »Was ist das?« rief Nicole entsetzt.
    Bill hatte eine schwere Blumenvase genommen und stand bereit, sie auf die Puppe niederzuschmettern.
    Fauchend und knurrend stand die Puppe auf, zog ihr Röckchen zurecht, was angesichts der Situation grotesk und erschreckend wirkte. Aus den kleinen Puppenhänden und -füßen wuchsen Klauen, die wie die Zähne von einer hellen Flüssigkeit glänzten, von der ein paar Tropfen auf den Teppich fielen.
    Zischend brannte die Flüssigkeit faustgroße Löcher.
    Die dämonische Puppe stieß einen
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