Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0014 - Der Schreckenskult

0014 - Der Schreckenskult

Titel: 0014 - Der Schreckenskult
Autoren: Walter Appel
Vom Netzwerk:
zurückgebildeten Flügel schlugen, und die Lianenranken rissen, die über den Körper des Dämons wucherten. Der Trommelklang verstummte für Augenblicke.
    Alles war totenstill. Die Natur selbst schien den Atem anzuhalten.
    Bill Turner wollte seinen Augen nicht trauen. Der Dämon zog, steif noch und etwas ruckhaft, den rechten Klauenfuß hervor, der tief im Morast steckte. Das linke, angewinkelte Bein ruhte auf einem im weichen Boden versunkenen Sockel.
    Ein giftiges, phosphoreszierendes Leuchten ging von der unheimlichen Erscheinung aus. Die Augen begannen rötlich zu glühen. Das Federkleid hob und senkte sich, plusterte sich auf und glättete sich wieder.
    Es schillerte in allen Farben, viel bunter als das des farbenprächtigsten Papageis. Doch selbst diese bunte Farbenpracht hatte noch etwas Schreckliches an sich. Grausig und bedrohlich wirkte der Dämon, unheimlich und furchtbar, aus Sphären jenseits der menschlichen Vorstellungskraft herbeibeschworen, stand er im düsteren Sumpfwald.
    Die Seminolen, in respektvoller Entfernung stehend, fielen aufs Gesicht und wagten nicht, den Kopf zu heben. Der Medizinmann in der Schuppenhaut des Alligators richtete sich zum Knien auf. Er verbeugte immer wieder den Oberkörper nach vorn, was grotesk aussah, so, als nicke ein Alligator.
    »Hunger!« grollte der Dämon.
    Es war nicht auszumachen, welcher Sprache er sich bediente, doch Bill und Sandra Turner verstanden ihn wie die Seminolen. Bill zitterte an allen Gliedern. Seine gefesselte Frau war vor Schreck erstarrt.
    Ein atemloses Keuchen drang aus ihrer Kehle.
    Der Dämon stapfte auf sie zu. Seine sieben Arme, deren sechsfingrige Hände krallenartige Fingernägel aufwiesen, streckten sich ihr entgegen.
    Sandra Turner stieß einen gellenden, schrecklichen Schrei aus, als sie in die roten tellergroßen Augen des Monstrums starrte. Der gebogene Schnabel klaffte auf und schloß sich um den Kopf der unglücklichen Frau.
    Ihr Schrei erstickte. Bill sah, wie der Schnabel zukniff wie eine Zange, ruckte und drehte. Blut strömte über den Oberkörper seiner Frau.
    Außer sich vor Zorn und Entsetzen, stürzte Bill sich auf den Dämon. Der gab ihm mit zweien seiner sieben Arme einen Stoß, daß er ein paar Meter weit zurückflog und in einem stachligen Gebüsch landete. Als Bill wieder aus dem Gebüsch hervorgekrochen war und sich aufgerafft hatte, ließ der Dämon gerade von seiner Frau ab.
    Vor Entsetzen traten Bill die Augen aus den Höhlen. An die Sumpfzypresse war nur noch der Rumpf Sandras angebunden. Den Kopf der Frau hatte Cochanoee verschlungen.
    Mit einem bösartigen Krächzen kam die groteske Schreckensgestalt auf Bill zu. Der hünenhafte Mann wandte sich zur Flucht, und hinter ihm her eilte der Dämon. Bill lief wie noch nie zuvor in seinem Leben.
    Trotz seiner Todesangst fand er den Pfad durch den Sumpf. Hinter ihm knackte es, Äste brachen, wenn Cochanoee sich ungestüm seinen Weg bahnte. Schmatzend gab der sumpfige Boden Bills Stiefel nur widerwillig frei. Bis über die Knöchel versanken seine Füße bei jedem Tritt im Schlamm.
    Schweiß rann über Bills Gesicht, tränkte sein Hemd und seine Hose. Die Stiche der großen Sumpfmoskitos peinigten ihn, doch er beachtete es nicht. Er hatte stets die Szene vor Augen, wie der Dämon hoch ragend neben dem kopflosen Rumpf seiner Frau stand, und eine furchtbare Angst erfüllte ihn, Sandras Schicksal teilen zu müssen.
    Erst nach einer ganzen Weile wurde sich Bill bewußt, daß er allein im tückischen Sumpf war. Der Dämon war zurückgeblieben. Als Bill sich umdrehte, konnte er nichts mehr von ihm in der fetten, üppigen Sumpfvegetation von Farnen, Gräsern und allerlei Büschen sehen und auch keinen Laut hören.
    Schwer atmend blieb Bill stehen, sein Herz hämmerte bis zum Halse. Mechanisch begann er nach den Moskitos zu schlagen, die ihn umsummten. Allmählich klang der Schock so weit ab, daß sein Verstand wieder in normalen Bahnen zu arbeiten begann.
    Bill war sich klar darüber, daß er die sieben Meilen entfernte Eisenbahnlinie erreichen mußte, wenn er eine Chance haben wollte.
    Was sieben Meilen durch den Floridasumpf bedeuteten, wo jeder Schritt in ein bodenloses Morastgrab führen konnte, wo es Alligatoren und Schlangen in Massen gab, darüber machte sich Bill keine Illusionen.
    Er kannte den Pfad durch den Sumpf nur aus Schilderungen, er hatte ihn nie selber beschritten. Leicht konnte er im Okaloacoochee Slough sein Grab finden wie so viele andere vor ihm. Doch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher