0006 - Ich stürmte das graue Haus

Kabel!« rief ich Moolt zu.
    »Kneifen Sie es mit der Isolierzange durch!« sagte er.
    Als die Metallbacken der mit Gummi isolierten Zange durch das Kabel auf das Metall trafen, sprühten grüne und blaue Funken.
    »Hallo, das war es!« rief Moolt. »Mr. Decker, haben Sie auf Ihrer Seite auch so ein Kabel?«
    »Schon erledigt«, antwortete Phil.
    In diesem Augenblick wurde vom Haus her zum erstenmal auf uns geschossen. Eine Handbreit von mir entfernt stäubte der Mörtel aus der Mauer, während die Kugel als Querschläger durch die Luft zwitscherte. Die Kollegen hinter dem Streifenwagen antwortete sofort als allen Rohren. Sie stellten das Feuer erst ein, als kein zweiter Schuß vom Haus erfolgte.
    Mit der Eisenkurbel probierten wir, ob das Tor tatsächlich stromlos war. Das schien in Ordnung zu sein. Es zuckten keine Funken mehr.
    Wir beschlossen, mit drei Fahrzeugen über den Parkweg bis zum Fuß der Treppe durchzubrechen, aber vorher untersuchten wir Gummigeschützten den Rand der Mauer ab. Wir fanden einen starken Kupferdraht, der ebenfalls elektrisch geladen war. Wir entfernten diesen Draht an mehreren Stellen der Mauer, obwohl Moolt schon die Zertrennung genügt hätte, um den Stromkreis zu unterbrechen. Die freigemachten Stellen wurden von Cops mit Maschinenpistolen besetzt. Sie fuhren ihre Wagen so nahe heran, daß sie auf den Dächern stehen und so die Mauer überblicken konnten.
    Dann war es soweit. Phil und ich suchten uns zwei Wagen aus, nahmen die Fahrersitze ein und luden uns den Fond mit Kollegen voll.
    Wir starteten den Motor, legten den Gang ein, und auf Mr. Highs Zeichen hin brausten wir an. Gleichzeitig wurde das graue Haus von den Cops auf der Mauer unter Feuer genommen.
    Wir hatten mehr als die Hälfte des Weges hinter uns gebracht, als Gradness und seine Leute trotz des Deckungs-Feuers auf uns zu schießen begannen. Jetzt machten sie ernst und setzten auch Maschinenpistolen ein.
    Ich steuerte meinen Wagen fast im Liegen. Die G-men im Fond lagen ohnedies auf dem Bauch. Über meinem Kopf zerklirrte die Windschutzscheibe und prasselte mir auf den Schädel. Die Kugeln klackerten gegen die Karosserie wie Erbsen.
    Da war die Freitreppe. Ich kurbelte am Steuer, drehten den Wagen, so daß er quer vor der Treppe stand, stieg in die Bremsen, packte die Maschinenpistole, öffnete den linken Schlag und ließ mich auf den Kies der Auffahrt fallen. Unmittelbar hinter mir purzelten die Kollegen aus dem Fond. Phil brachte seinen Wagen nicht rechtzeitig zum Stehen und knallte auf mein Fahrzeug auf, aber es gab nur Blechschaden. Less Baker, der den dritten Wagen steuerte, stoppte kurz hinter Phil.
    Die drei Fahrzeuge boten uns insgesamt zwölf G-men gute Deckung gegen das Haus. Der Feuerzauber dauerte zwar an, und sie zerbliesen uns jetzt sämtliche Seitenfenster. Solange unsere Haut dabei unbeschädigt blieb, störte es uns nicht.
    Phil kroch zu mir heran, kurz darauf auch Less Baker.
    »Wie lange sollen wir hierbleiben, Jerry?« fragte er. »Für ein Picknick ist es mir zu ungemütlich, und außerdem habe ich den Frühstückskorb vergessen.«
    »Paß auf!« antwortete ich. »Für den Sturm auf das Haus kommen nur Phil und ich in Frage. Die Tür ist ebenso mit Hochspannung geladen wie das Tor. Sieh zu, daß du sie von den Fenstern verscheuchst.«
    »Werde ich versuchen.«
    Unter der Deckung der Fahrzeuge sprach er mit jedem einzelnen Mann von uns und teilte ihnen die Fenster zu, die sie unter Feuer halten sollten. Wir waren ja jetzt ziemlich nahe am Haus, und keiner der Schützen konnte es riskieren, weiterzuschießen, wenn er aus der geringen Entfernung von uns beschossen wurde.
    Zunächst zerrten wir Phil und Bakers Wagen ein wenig auseinander, so daß sich uns ein Durchschlupf bot. Wir kauerten nieder. Die Maschinenpistolen mußten wir zurücklassen. Sie behinderten uns im Laufen, und da jeder von uns ohnedies einen der schweren Isolieranzüge trug, begnügten wir uns als Waffe mit dem vertrauten Revolver.
    »Fertig?« fragte Less.
    »Fertigt« sagte ich.
    »Feuer, Jungs!« schrie er und richtete sich selbst auf.
    Zehn G-men tauchten hinter den Wagen auf, zehn Maschinenpistolen ballerten los. Von den Mauerumrandungen der Fenster spritzte der Mörtel, wimmerten die Querschläger, zersplitterten die letzten Reste der Fensterscheiben, aber von diesen Einzelheiten bekam ich nicht viel mit. Ich rannte schon. Nur einen Schritt hinter mir keuchte Phil.
    Ich hetzte die Treppe hoch. Die Gummistiefel hingen mir an den