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Zwoelf Rosen fuer ein Herz

Titel: Zwoelf Rosen fuer ein Herz
Autoren: Julia Jenner
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Dann nahm er Into am Halsband, zog ihn in die Wohnung und machte die Tür zu. Und ich stand da wie ein begossener Mops-Terrier.
    Mein erster Impuls war, an die Tür zu hämmern und zu brüllen: »Wie kannst du nur so einen Schwachsinn reden! Natürlich will ich dich!« Aber dann überkam mich ein ganz gruseliges Gefühl. Nämlich Zweifel. Sollte Malte recht haben?
    Ich stand noch ein paar Minuten blöd vor Maltes Tür und schlich dann leise davon. An meinem Fahrrad angekommen überlegte ich, was ich jetzt tun sollte. Zu Pia fahren? Irgendwie
schien das keine gute Idee. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich Pia mit meinen Dominik- und Golden-Retriever-Dramen reichlich überstrapaziert hatte. Plötzlich konnte ich wie von außen auf mein Verhalten der letzten zwei Wochen gucken. Und was ich da sah, war nicht so toll. Ich sah einen ziemlich durchgeknallten Teenie, eine gewisse Annette, die so richtig abdreht wegen eines Jungen, in den sie seit Jahren verschossen ist, ohne ihn überhaupt zu kennen, dann erlebt sie einen ungeheuren Absturz und Frust, und kaum hat sie dank einer schlechten Brille mal für einen kurzen hellen Moment den Durchblick angesichts dieses Jungen, dreht sie auch schon wieder ab wegen eines anderen Jungen, mit dem sie gerade ein Mal getanzt hat und den sie eigentlich auch nicht wirklich kennt. Ich musste schlucken. Peinlich irgendwie. Und in dieser Situation überkam mich das Bedürfnis, mit einem zu sprechen, der von so was Ahnung hat. Mit meinem Vater.
    Eine eifrige, am Fluss entlang führende Radelei später betrat ich den Laden meines Vaters. Ich hatte diesmal nicht zur Sicherheit vorher angerufen, ob er überhaupt da war. Vielleicht wollte ich nicht, dass er sich innerlich auf meinen Besuch einstellte. Ja, ich glaube, ich wollte ihn überraschen, und das tat ich dann auch. Ich war kaum richtig im Laden drin, da sagte ich: »Papa, ich muss mal mit dir sprechen. Über Jungs.«
    Später saßen mein Vater und ich wie immer in seinen schönsten, antiken Sesseln und ich hatte ihm alles erzählt. Alles. Er wusste von Dominik, vom fatalen Rosenstrauß am Valentinstag, von dem Irrtum, der mich glauben ließ, die Rosen seien von Dominik, von meinem »Blamier-dich-bis-zum-Geht - nichtmehr«-Moment vorm Zeichensaal. Vom Zerwürfnis mit Pia, von der Nacht im Fahrradschuppen, der Rettung durch Malte, den Gesprächen mit meiner Mutter, dem Wagnis, als Rosenkönigin zur Karnevalsfete zu gehen, und der Begegnung
mit dem geheimnisvollen Golden Retriever, der sich dann als mein Klassenkamerad Malte herausstellte.
    Jetzt wartete ich gespannt, was mein Vater sagen würde. Ich hatte ja, bildlich gesprochen, verdammt die Hosen runtergelassen. Wie würde er reagieren? Nicht wie erwartet. Denn anstatt auf meine Situation einzugehen oder mir einen konkreten Ratschlag zu geben oder mit mir zu schimpfen oder mich zu trösten, fing er selbst an zu erzählen. Von sich und seiner Exfrau. Also meiner Mutter. Das war vielleicht abgespaced!
    Um es kurz zusammenzufassen: Mein Vater hatte sich noch in der Schule in meine Mutter verliebt. Meine Mutter, die übrigens Daniela heißt, war die Schönste und Freundlichste und Beliebteste und rundherum Tollste der ganzen Schule. Ähnlichkeiten mit meiner Geschichte leider nicht rein zufällig … Mein Vater hielt sich eher für einen dicken, bebrillten Loser. Ähnlichkeiten weiterhin nicht zufällig … Aber er betete meine Mutter an. Sie war für ihn wie der lichte Tag, der frische Tau am Morgen, die wärmende Sonne … Hier benutzte mein Vater andere Worte als ich im Zusammenhang mit Dominik, aber die Ähnlichkeiten im Ton waren geradezu erschreckend … Irgendwo an dieser Stelle meinte mein Vater: »Wir sind uns da wohl ähnlich. Wir steigern uns heftig und hartnäckig in unsere Gefühle hinein.« Irgendwie tröstete mich das. Wenigstens war ich nicht allein verrückt.
    Dann begannen die Unterschiede zwischen der Geschichte »Daniela und Stefan« - so heißt mein Vater - und »Annette und Dominik«. Denn Stefan hat seine Daniela bekommen. Sie haben geheiratet und ein Kind gekriegt - also mich. Und sie haben sich mit viel Energie eingeredet, dass alles prima sei und sie glücklich wären. Dabei war das nicht so. Und irgendwann mussten sie sich eingestehen, dass sie gar nicht zusammenpassten und es einfach nicht funktionierte.

    Mein Vater
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