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Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Titel: Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
Autoren: Sandra Neumann
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verstehen, was das alles mit den jüngsten Geschehnissen zu tun hatte.
    »Dermaßen mit dem Studium beschäftigt, kehrte ich nur noch in den Semesterferien zurück. Meine Überraschung darüber, dass aus meinem besten Freund und meiner kleinen Schwester ein Paar geworden war, kannst du dir sicherlich vorstellen.«
    »Hattest du denn etwas dagegen, dass die beiden ein Paar waren? Er war dein bester Freund, was sprach dagegen? Etwa seine Herkunft?« Für einen Snob hatte ich Richard bisher nicht gehalten .
    »Nein, ich hatte nichts dagegen, ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass aus meiner kleinen Schwester eine erwachsene Frau geworden war. Klaus hatte in der Zwischenzeit seine Lehre beendet und eine Stelle in einer der Firmen meines Vaters bekommen, wo er schnell die Karriereleiter emporklomm. Wie gesagt, er war ehrgeizig und wollte die Armut seiner Kindheit hinter sich lassen. Erst als mir bei einem Klassentreffen ein alter Klassenkamerad im Vertrauen mitteilte, dass er Klaus mit einem anderen Mädchen in einer eindeutigen Pose gesehen hatte, wendete sich das Blatt. Mein Gedanke galt meiner kleinen Schwester, ich wollte nicht, dass ihr das Herz gebrochen wird. Als ich Klaus darauf ansprach, leugnete er es vehement, beteuerte, Christine sei die Einzige und ihr gehöre sein Herz. Doch es war zu spät und das Gift war gesät. Von da an war ich äußerst misstrauisch, was ihn anging.« Ich erinnerte mich an Phils Worte, dass er Klaus als Mann mit ständig wechselnden Frauen in Erinnerung hatte. Vielleicht war die Behauptung des Klassenkameraden gar nicht mal so weit hergeholt.
    »Wie ging es mit den beiden weiter?«
    »Ich haderte lange mit mir, ob ich es Christine sagen sollte, entschied mich aber dann dagegen, denn ich hatte ja keinen Beweis dafür, dass er sie wirklich betrog. Stattdessen wollte ich ihn auf die Probe stellen. Ich machte ihn mit einem Mädchen bekannt, das ab und an auf Gesellschaften meiner Eltern als Bedienung aushalf. Sie war dafür bekannt, dass sie leicht zu haben war, wenn Klaus meiner Schwester untreu war, dann würde er bei ihr nicht nein sagen können.« Hier machte er eine Pause und nahm wieder einen Schluck aus seinem Wasserglas. Hatte Richard das wirklich getan? Ich wollte es nicht glauben.
    »Auf einer Abendgesellschaft meiner Eltern kam es dann zum Showdown. Klaus war als Freund meiner Schwester ebenfalls eingeladen. Meine Eltern hatten inzwischen akzeptiert, dass er der Freund ihrer Tochter war, und Christine war ein ziemlicher Dickkopf, wenn es um so etwas ging. Aber zurück zur Party, im Laufe des Abends verschwand Klaus plötzlich, und auch Marion, so hieß das Mädchen, wurde nicht mehr gesichtet. Zusammen mit Christine suchte ich ihn im ganzen Haus und fand ihn in einem der Gästezimmer, wo er mit ihr zugange war.« Er verstummte und ich musste erst einmal verdauen, was ich da gerade gehört hatte.
    »Wie hat er reagiert, als ihr ihn gefunden habt?«, fragte ich heiser und fast atemlos.
    »Christine rannte weinend davon und Klaus versuchte sie aufzuhalten, doch ich hielt ihn fest und stellte ihn zur Rede. Er versuchte sich rauszureden, behauptete, das Mädchen sei über ihn hergefallen. Weißt du, was das Verrückte an der Geschichte war? Er war immer noch mein Freund und irgendwie bereute ich, was ich getan hatte. Aber mir war meine Schwester wichtiger und es war gut, dass sie herausgefunden hatte, dass er nicht treu war, bevor sie verheiratet waren. Kannst du das verstehen?« Ich nickte, und das Unglaubliche daran war, dass ich ihn tatsächlich verstand.
    »Was kam danach? Ihr seid ja weiterhin befreundet gewesen, habt sogar die Zeitmaschine zusammen erfunden.«
    »Ich tat das, was ein großer Bruder für seine kleine Schwester tun muss, und verpasste ihm erst mal eine. Im nächsten Atemzug versprach ich ihm, ein gutes Wort für ihn bei Christine einzulegen. Was ich natürlich nie tat, sondern sie darin bestärkte, dass er der Falsche für sie war. Doch davon erfuhr er niemals, er glaubte, dass ich ihm helfen wollte. Bin ich deswegen ein schlechter Mensch, weil ich ihn so hintergangen habe?« War er das? Ich wusste es nicht und wollte mir kein Urteil erlauben. Auf der einen Seite war es verwerflich, aber auf der anderen Seite auch wieder verständlich. Was würde ich machen, wenn Marie etwas mit einem meiner Brüder angefangen hätte und es zu so einem Zwischenfall gekommen wäre? Hätte ich die ganzen Jahre unserer Freundschaft vergessen können? Ich hatte keine Antwort auf
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