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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande
Autoren: E Kellison
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zurück. Und schlug zu. Custo wurde schwarz vor Augen.
    Schmerz schoss durch seinen Wangenknochen und sprengte seinen Schädel. Custo blinzelte heftig gegen einen dichten Film an, der seinen Blick verschleierte, und konnte dennoch seltsamerweise ganz klar sehen. Der Raum veränderte sich, wurde heller. Lange fluoreszierende Lichter blendeten ihn von oben, wobei das Schlafzimmer eigentlich von Deckenstrahlern beleuchtet wurde. Seine Brust war auf eine andere, bedrückend unangenehme Art beengt. Intensive, derbe Gerüche von Blut, Körperflüssigkeit und Schweiß stiegen ihm in die Nase.
    Ein Mann mit einer hellen blaugrünen Maske vor dem Gesicht starrte auf ihn herab und befahl: »Noch ein Klaps!«
    Oh, Gott. Seine Geburt.
    Es folgte ein Schrei: das laute Kreischen eines Kindes, das aus seinem eigenen Hals stammte.
    Ein Stups gegen sein Kinn beförderte Custo zurück in das Schlafzimmer des Lofts.
    Spencer beugte sich zu ihm vor, und Custo spürte den Atem in seinem Gesicht. »Du kannst schnell und einfach oder langsam und elend sterben.«
    Custos Herz pumpte, denn er weigerte sich zu atmen – keine gebrauchte Luft von Spencer, nein danke.
    »Es ist deine Entscheidung.« Spencer kratzte sich mit dem Pistolenlauf an der Wange.
    »Lang…« Custos Kiefer arbeitete nicht richtig. Er versuchte noch einmal langsam und elend zu sagen. Adam Zeit zu verschaffen.
    »Überlass ihn mir«, nörgelte der Geist. »Adam und das Mädchen sind wahrscheinlich sowieso schon lange weg.«
    »Nein. Und halte dich aus meinen Angelegenheiten heraus«, erwiderte Spencer.
    Der Geist stand auf und legte die Hand auf die Türklinke. »Was für eine Verschwendung … «
    Spencer stieß noch einmal mit der schweren Waffe in der Hand zu.
    Eine dunkle Welle schwappte über Custo hinweg und bescherte ihm ein zweites Mal völlig klare Erinnerungen. Eine private Bibliothek, glänzende Holzregale. Ein junger Mann in einem dunklen Anzug thronte hinter einem breiten Schreibtisch, während Custo auf einem harten, gestreiften Sofa saß, über dem Boden mit den Füßen schwang und versuchte, nicht zu … – wie hatte seine Mom ihn genannt? – Zappelphilipp. Einer seiner Schnürsenkel hatte sich geöffnet.
    »Ich habe gesagt, ich würde für seine Schulausbildung bezahlen, aber das war’s.« Die Stimme des Mannes tönte kühl.
    »Er ist dein Sohn«, entgegnete seine Mutter. Sie trug eine Bluse, unter der ihr Büstenhalter hervorlugte. Custo hasste diese Bluse – wieso schloss sie nicht den obersten Knopf?
    »Er ist mein Bastard – das ist ein bisschen etwas anderes – , und ich will nichts mit ihm zu tun haben.«
    Die Realität drängte zurück in Custos Bewusstsein, Spencer ohrfeigte ihn. Custo versuchte, den Kopf zu heben, aber sein Kinn sank immer wieder zurück auf die Brust. In seinen Ohren rauschten Meer und Wind, was mitten in der Stadt keinen Sinn ergab.
    »Das würde Adam nicht für dich tun«, behauptete Spencer. »Er sollte wissen, dass du hier bist und was ich mit dir anstelle. Letzte Chance.«
    Nicht einmal, wenn es seine erste Chance wäre. »Nein.«
    »Du kannst ihn nicht retten. Nicht einmal, wenn er heute entkommt.« Spencer beugte sich zu Custos Ohr herab. »Ein kleines Geheimnis, ganz unter uns. Es gibt noch jemanden in Segue, der mit den Geistern zusammenarbeitet. Jemanden, dem ihr beide vertraut. In dem Augenblick, in dem Adam ihm den Rücken zudreht, … «
    Spencer richtete sich auf, um Schwung zu holen, schlug zu, und die Welt teilte sich erneut. Custo befand sich auf einem Schulhof, umgeben von großen weißen Gebäuden und dem intensiven Geruch von Geißblatt. Das war der erste Tag an der Shelby-Schule für Jungen.
    Irgendein blaublütiger Schönling rammte ihm eine Faust ins Gesicht.
    Custo schüttelte sich überrascht und sah sich nach dem Angreifer um. Das Kind war groß und dürr, sein Gesicht gerötet, und aus den blauen Augen sprach blanke Angst. Ein Pulk Jungen feuerte ihn an.
    »Schlag zu! Schlag zu! Schlag zu!«, skandierten die Jungen.
    Das durfte einfach werden. Als der Waschlappen wild um sich schlug, wich Custo zur Seite aus und donnerte ihm die Faust gegen den Kiefer.
    Der Junge fiel der Länge nach auf den Boden.
    Custo trat nach vorn und machte Anstalten, den Jungen in den Bauch zu treten, denn er wollte jedem zeigen, was passierte, wenn es einer wagte, die Hand gegen den armen, dummen neuen Schüler zu erheben. Aber jemand riss ihn am Kragen zurück. Der Stoff brannte an seinem Hals.
    »Er hat mich zuerst
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