Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Verkauftes Sterben
Vom Netzwerk:
drückte wieder die Rücklauftaste des Kassettenrekorders, dann auf Start.
    »In der Schulstraße in Recklinghausen-Suderwich riecht es nach Gas«, hörten sie scheppernd eine Stimme aus dem Lautsprecher. »Direkt vor der Heiligen-Apotheke. Kommen Sie sofort.«
    »Ihren Namen bitte.« Das war der Beamte in der Einsatzzentrale, der den Anruf entgegengenommen hatte.
    »Kommen Sie, schnell.« Mit einem Knacken wurde die Verbindung unterbrochen.
    Der Hauptkommissar lutschte an einem Filzstift und dachte laut. »Gegen neun Uhr war die Explosion. Um zehn dieser Anruf. Wenn es wirklich jemand war, der sich einen dämlichen Scherz erlauben wollte, wie ist das abgelaufen? Was meinst du?«
    »Der Spaßvogel hat die Explosion mitbekommen und dann angerufen.«
    »Deine Intuition ist wirklich frappierend«, spottete Brischinsky. »Das ist alles, was dir einfällt?«
    »Rüdiger, es ist Montagmorgen. Ich habe schlecht und vor allem zu wenig geschlafen. Worauf willst du hinaus?«
    »Hat dich deine neue Freundin so gefordert?«
    Baumann winkte ab. »Quatsch. Lass mich nicht dumm sterben.«
    »Also gut. Spielen wir den Gedanken weiter. Er hat den Explosionsknall oder die Sirene gehört und ist Nachschauen gegangen. Er bleibt vielleicht zwanzig, dreißig Minuten bei den Gaffern und fährt dann zum Hauptbahnhof, um die Feuerwehr anzurufen? Das macht keinen Sinn.«
    »Machen solche Telefonate je Sinn?«
    »Das ist eine ganz andere Frage. Wenn der Anrufer zur nächsten Telefonzelle gegangen wäre, okay. Aber er ist zum Hauptbahnhof gefahren.«
    »Vielleicht hatte er in der Innenstadt zu tun. Oder er ist zufällig in Suderwich am Unglücksort vorbeigekommen, wollte aber eigentlich zum Hauptbahnhof.«
    Brischinskys Mimik ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, was er von Baumanns Erklärung hielt. Er ließ das Band noch einmal von vorne laufen.
    »Liegt das an der Aufnahme, dass sich der Kerl so kehlig anhört, oder ist der Kassettenrekorder so schlecht?«
    Baumann bewegte abwägend seinen Kopf. »Ich vermute Letzteres. Aber wenn der Typ sich zum Beispiel die Backen mit Tampons ausgestopft hat, würde ihn sogar seine eigene Frau am Telefon nur schwer erkennen.«
    »Hm.« Der Hauptkommissar hantierte wieder am Rekorder.
    »Wie oft; willst du dir das eigentlich noch anhören?«
    Baumann schickte einen genervten Blick an die Zimmerdecke.
    Unbeeindruckt spielte Brischinsky das Band erneut ab. »In der Schulstraße in Recklinghausen-Suderwich…« Der Hauptkommissar stoppte die Wiedergabe. »Fällt dir etwas auf?«
    Baumann lümmelte sich auf seinem Stuhl und bastelte Figuren aus Büroklammern. »Nee, was?«
    Brischinsky sah seinen Assistenten an. »Was hast du eben gesagt? Vielleicht ist er zufällig am Unglücksort vorbeigekommen?«
    »In Suderwich, ja.«
    »Eben. In Suderwich.«
    »Ich verstehe nicht…«
     
    »Der Mann am Telefon spricht von Recklinghausen-Suderwich. Kennst du einen Recklinghäuser, der sich so ausdrücken würde?«
    Baumann kratzte sich am Kopf. »Eigentlich nicht.«
    »Siehste. Vermutlich kein Recklinghäuser. Erst recht keiner aus Suderwich. Für wie wahrscheinlich hältst du nun deine Erklärung?«
    Heiner Baumann erwiderte nichts.
    »Eben. Gehen wir also hypothetisch davon aus, dass der Anrufer keinen Scherz machen wollte, sondern nicht wusste, dass es schon geknallt hatte. Kein Mensch, der Gasgeruch wahrnimmt, fährt noch in aller Ruhe bis zum Hauptbahnhof, wartet dort ein gutes Stündchen, ruft die Feuerwehr und verschweigt dann auch noch seinen Namen. Kannst du mir bis hierhin folgen?«
    Sein Assistent konnte und überlegte, wie lange er beleidigt sein wollte.
    »Gut. Der Anrufer wusste, dass Gas austritt. Er war selbst in Suderwich… Nur nicht als zufälliger Passant, sondern als Beteiligter. Entweder hat er selbst diesen… diesen… Dings…«
    »Prüfstutzen«, half ihm Baumann auf die Sprünge. Sein Unmut war fast verflogen. Schließlich kannte er seinen Chef seit Jahren und hatte sich an dessen Sarkasmus und Wutanfälle gewöhnt. Fast gewöhnt, schränkte er in Gedanken ein.
    »… Stutzen abgeschraubt oder er wusste davon. Dann hat er sich auf den Weg in die Innenstadt gemacht, eine Zeit lang gewartet und später die Feuerwehr angerufen.«
    »Das würde bedeuten, dass er nicht wollte, dass das Haus in die Luft flog. Die Explosion war ein Unfall.«
    Brischinsky streckte demonstrativ seinen Zeigefinger in Baumanns Richtung. »So ist es. Und nun frage ich mich, warum jemand so handelt.«
     
    Baumann hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher