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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Tatort Toewerland
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Steiner sieht nach seinen Gästen und ich sehe nach Steiner. Was soll daran falsch sein? So wird es ein netter Abend für alle Beteiligten. Morgen können Sie ihn dann ja wieder einsperren.« Altehuus griff erneut in die Schreibtischschublade.
    »Was halten Sie davon?«, fragte er und stellte drei Schnapsgläser auf die Platte. »Oder bringt man Kriminalkommissaren so etwas in ihrer Ausbildung nicht bei?«
    Buhlen schaute erneut Müller an. Der grinste breit. Sein Kollege erwiderte das Grinsen und sagte zu dem Polizeiobermeister: »Gefahr im Verzuge, wie?« Und dann:
    »Ein Schnaps wäre nicht schlecht.«
     
    35
    Die Glocken der beiden Juister Kirchen begrüßten das neue Jahrtausend. Elke, Rainer und ihre Gastgeber standen in einem Menschenpulk in der Nähe des Erlebnisbades auf den Dünen und fielen sich in die Arme.
    »Ein gutes neues Jahr«, flüsterte Elke Rainer ins Ohr und biss zärtlich in sein Ohrläppchen.
    Die große Schar der pyrotechnischen Laien feuerte ein kleines Vermögen in den Nachthimmel, Böller krachten und Heuler jaulten durch die Luft.
    »Nicht so heftig«, stöhnte Rainer, als ihn seine Freundin drückte. »Mir tut jeder Knochen weh.«
    »Stell dich nicht so an. Außerdem solltest du dich daran gewöhnen, wir haben später noch etwas vor.«
    »Was?«, protestierte Rainer. »In meinem Zustand?«
    »Welchen Zustand meinst du denn?«, schnurrte sie. Ihre Hand kroch unter seine Jacke und zupfte am Pullover. Sie küsste ihn heftig.
    »Überredet«, kapitulierte Rainer, als er wieder Luft holen konnte.
    Elke ließ ihn los. Sie tauschten auch mit den anderen die obligatorischen Neujahrswünsche aus und ließen die Sektflaschen kreisen.
    »Schön, dass sich der Nebel verzogen hat«, freute sich Christian Hanssen. »Da können wir das Feuerwerk auf dem Festland gut beobachten.«
    Tatsächlich stiegen unzählige Raketen am Horizont auf und schickten ihre strahlenden Signale aus. Besonders beeindruckend waren jedoch kleine rote Lichter, die wie eine Perlenkette am Himmel hingen.
    »Signalraketen«, erklärte Christian. »Sie befinden sich an kleinen Fallschirmen und bleiben bis zu zehn Minuten in der Luft. Die Skipper müssen die Dinger regelmäßig erneuern, das verlangt das Seerecht. Also werden die, die das Ablaufdatum erreicht haben, jedes Jahr zu Silvester in die Luft geschossen.
    Sieht toll aus, nicht?«
    Elke nickte begeistert. So etwas hatte sie noch nie gesehen.
    Mit einem heftigen Kanonenschlag kündigte sich ein neues Ereignis an. Das Kurhaus begann mit seinem professionellen Neujahrsfeuerwerk am Strand. Die zahllosen Zuschauer quittierten jede Lichterexplosion mit einem freudigen »Ahhh«.
    Spaßvögel konterten daraufhin mit einem noch lauteren
    »Ohhh«.
    Als das Spektakel vorbei war, verlief sich die Menge. Rainer sah auf die Uhr. Kurz vor eins.
    »Ihr kommt doch wieder mit zu Christian?«, erkundigte sich Hendrik Altehuus.
    Bevor Rainer den Mund aufmachen konnte, antwortete Elke:
    »Nee, danke. Wir sind müde und wollen ins Bett.«
    Rainer dachte mit Schrecken an seine blauen Flecken, nickte aber trotzdem brav.
    »Schade«, meinte Hendrik. »Wäre bestimmt noch nett geworden.« Dann sagte er mehr zu sich selbst: »Ich wundere mich, wo mein Vater bleibt.«
    »Wollte der kommen?«, fragte Rainer und steckte sich eine Zigarette an.
    »Ja. Alte Tradition. Den Jahreswechsel verbringt mein Vater allein in seiner Wohnung. Er trinkt ein Glas Sekt und prostet dem Bild meiner Mutter zu. Das macht er seit ihrem Tod vor fast zwanzig Jahren. Danach versuchen wir uns noch zu treffen, wenn ich hier bin. Meistens klappt es auch.«
     
    »Wie romantisch«, seufzte Elke.
    »Ich weiß nicht. Ich kann ihn zwar verstehen, aber nach der langen Zeit…«
    Aus der Dunkelheit näherten sich zwei wankende Gestalten, die vergeblich versuchten, ein Lied zu intonieren. Mehr als ein unvollständiger Refrain und ein lautes, energisches »Hölle, Hölle, Hölle« kam nicht zustande.
    Rainer kamen die verwaschenen Stimmen bekannt vor.
    Die beiden Kriminalkommissare Dieter Buhlen und Günter Müller stützten sich gegenseitig, so dass ihre Ausschläge nach links und rechts umso heftiger ausfielen.
    »Is ja doll was los hier«, nuschelte Müller und zog eine kleine Pulle Friesengeist aus der Tasche. Er öffnete mühselig den Schraubverschluss, setzte die Flasche an den Hals und kippte sich einen heftigen Schluck hinter die Binde. Dann sah er mit glasigen Augen in die Runde und streckte Elke das Getränk entgegen. Dabei
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