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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Georgs Geheimnis
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Wagens in Tatverdacht zu bringen, und weil das allein nicht reichte, ein handfestes Mordmotiv durch einen Dritten nachzuschieben.«
    Elke war verunsichert. Die Argumentation ihres Vaters war sachlich und überzeugend. »Ich glaube, du hast Recht. Aber Rainer…«
    »… könnte von interessierter Seite dazu benutzt werden, Lorsow einen Mord in die Schuhe zu schieben. Und noch etwas: Friedhelm Lorsow ist unser Mandant. Wir haben in erster Linie seine Interessen zu schützen.«
    »Das weiß ich auch!«
    »Dann halte dich bitte daran.«
    Für Hans-Joachim Schlüter war damit die Unterredung mit seiner Tochter beendet. Er vertiefte sich wieder in seine Akten.
     
    39
    Am frühen Abend standen Rainer Esch und Elke Schlüter vor der Haustür von Cengiz Kaya.
    »Hi, Alter«, begrüßte Rainer Cengiz, als dieser öffnete. »Das ist Elke.« Er trat einen Schritt zur Seite.
    »Guten Abend«, begrüßte der Türke die Anwältin.
    Elke Schlüter steckte noch in ihrem mausgrauen Bürokostüm, da sie nach Rainers überfallartiger Einladung keine Zeit gefunden hatte, sich umzuziehen. Ihr Outfit stand in einem auffälligen Kontrast zu den Klamotten der beiden Freunde.
    »Schön, dich… äh… Sie kennen zu lernen.« Cengiz hielt ihr seine Rechte hin.
    »Abend. Lassen wir es beim Du, ja?«
    »Gerne. Kommt rein.«
    Sie betraten Cengiz’ Wohnung. Rainer hörte leise klassische Musik, die ihm bekannt vorkam.
    »Setzt euch. Was wollt ihr trinken? Wein, Bier, Wasser?«
    »Wein«, sagten Elke und Rainer wie aus einem Mund. Elke stellte richtig: »Wasser für Rainer. Er fährt. Für mich bitte einen Wein.«
    Esch öffnete den Mund, um zu protestieren, hielt dann aber doch die Klappe.
    Cengiz griente boshaft. »Rot oder weiß?«
    »Rot.«
    Ihr Gastgeber schob ab, so dass Elke Zeit hatte, sich im Wohnzimmer umzusehen. Eine türkische Wohnung hatte sie sich anders vorgestellt. Sie wusste zwar nicht genau wie, aber doch irgendwie anders. Cengiz’ Bude hätte auch von Rainer bewohnt werden können, wenn sie davon absah, dass bei Rainer im Normalfall das nackte Chaos herrschte. Cengiz hingegen schien zwar auch kein Vertreter jener Spezies Mensch zu sein, deren Glück vom zentimetergenauen Standort der Porzellanfigur von Oma auf dem Fernsehtisch abhing, augenscheinlich war er aber ordentlicher als Rainer und die meisten anderen Männer, die Elke kannte.
    Cengiz stellte Gläser auf den Tisch und goss ein. »Ich hoffe, Chianti geht in Ordnung? Er kommt aus Greve in Chianti, einer der Classico-Gemeinden. Ein 96er.«
    Elke nickte zustimmend.
    »Und ich?« Rainer hob mit gespielter Empörung die Flasche Mineralwasser und las das Etikett. »Abgefüllt in Niederselters, Taunus. Stehen sogar die Untersuchungsergebnisse von Fresenius drauf. Na toll. Eine echte Bereicherung der abendländischen Kultur. Womit wir beim Thema wären: Was gibt’s zu essen?«
    Elke Schlüter zuckte etwas zusammen. Aber Cengiz schien die unverblümte Direktheit Rainers nicht zu stören. »Wart’s ab. Eine neue Kreation von mir. Ich habe das Essen ›Türkische Fuge‹ genannt.«
    »Was hab ich mir denn unter einer Fuge vorzustellen?«, fragte Rainer und nippte angewidert am Mineralwasser. Dann wandte er sich entschlossen an seine Freundin. »Elke, ich zahle das Taxi. Cengiz, hast du einen Riesling?«
    »Dachte ich mir.« Cengiz ging in die Küche und kam mit einer bereits geöffneten Flasche zurück. »Das hätte mich auch gewundert, wenn du bei Wasser geblieben wärst. Noch erstaunter wäre ich allerdings gewesen, wenn du mehr als rudimentäre Kenntnisse der klassischen Musik aufweisen könntest. Also, hör zu, du Ignorant: Eine Fuge ist eine nach besonders strengen Regeln komponierte Musikform, bei der das gleiche Thema von jeder Stimme nacheinander ausgeführt wird. Besonders die Fugen von Bach sind sehr bekannt.
    Kapiert?«
    Rainer deutete zum CD-Player. »Ungefähr. Ist das Bach?«
    Elke schaltete sich ein. »Nein, Beethoven. Die neunte Symphonie. Hast du eigentlich außer den Stones in deinem Leben schon je andere Musik gehört?«
    Rainer sah Elke todernst an. »Ja. Einmal. In meiner Kindheit.
    Ein Wiegenlied, interpretiert von meiner Mutter. Hat mir aber nicht besonders zugesagt. Da bin ich dann bei Mick Jagger geblieben.«
    »Spinner.«
    »Da hat sie Recht«, bekräftigte Cengiz. Er stand auf, ging zur Stereoanlage und ließ den Player zwei Stücke vorspringen.
    »Möglicherweise kennst du ja das hier besser.«
    »Vierter Satz?«, fragte Elke.
    »Ja.«
    Rainer
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