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Zwei wilde kleine Hexen

Zwei wilde kleine Hexen

Titel: Zwei wilde kleine Hexen
Autoren: Cornelia Funke
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gesungen?«, fragte Elfriede.
    Mit dünner Stimme sang Rosanna Lillis Hexenlied vor. Lilli gab keinen Piep von sich. Mit grimmigem Gesicht stand sie da und schmollte.

    »Wo habt ihr denn diesen Blödsinn aufgeschnappt?«, fragte Elfriede kichernd.
    »Das hab ich mir ausgedacht«, sagte Lilli schnippisch. »Was singst du denn so bei deinen Walpurgisnachttänzen?«
    »Oh!« Die Hexe wurde ein bisschen rot. »Jetzt hast du mich erwischt. Das hört sich auch nicht klüger an, ich geb’s zu. Was habt ihr außer Singen, Lachen und Tanzen noch gemacht?«
    Rosanna sah Lilli an, aber die schwieg beharrlich.
    »Tomatensuppe haben wir gekocht«, sagte Rosanna. »Und wir wollten sie gerade essen, als Lillis blöder Hund angestürmt kam, alles umschmiss und meinem Kater einen Todesschreck einjagte.«
    Zorro hatte immer noch seine Schnauze auf dem Hexenstiefel und schmatzte, als hätte Rosanna nur das Beste von ihm berichtet.
    »Aha, dein Kater.« Ramses rieb seinen Kopf an Elfriedes Hals und fing an, ihr zärtlich das Ohr zu lecken. »Jetzt wird es interessant. Was hat er gemacht?«
    »Ist an mir hochgesprungen. Bis auf meine Schulter, und da hat er gesessen und gefaucht wie ein Verrückter. Ich hab ihn runtergeschubst, er ist auf den Zaun gesprungen, tja, und dann …«
    »Aaah ja.« Nachdenklich zog die Hexe ihren Dolch aus dem Gürtel und säuberte sich damit die Fingernägel. Eine ganze Weile tat sie das, ohne etwas zu sagen.
    Lilli und Rosanna sahen sich beunruhigt an.
    Eine Krähe schrie. Ein Igel raschelte durchs Gras. Der brennende Besenstiel knisterte leise.
    Plötzlich steckte die Hexe das Messer zurück in den Gürtel. »Das Ganze könnte schwieriger werden, als ich dachte«, sagte sie. »Wenn ich wenigstens meinen Besen hätte. Junger Mann«, sie zog Ramses von ihrer Schulter und setzte ihn auf den Zaun, »wir beiden müssen uns unterhalten.«
    Und das taten sie. Wie sich zwei Katzen unterhalten. Maunzend und miauend. Bis Ramses anfing, sich seelenruhig zu putzen.
    »Oh, ich habe es befürchtet!«, rief die Hexe ärgerlich. »Heilige Dreizehn, gerade mal drei Leben hat dieser Kater auf dem Buckel. Völlig ungeeignet für jede Hexerei! Er versteht überhaupt nicht, was ich von ihm will! Dieser Kater redet nur von Fischköpfen und Eiscreme.« Wütend griff sie in eine der vielen Taschen in ihrem Kleid. »Wo sind denn meine Baldrianwurzeln, zum Fingerhut noch mal?«
    Erstaunt sahen die Mädchen sie an. »Heißt das, du weißt nicht, wie du zurückkommen sollst?«, fragte Rosanna.
    »Wo kommst du überhaupt her?«, fragte Lilli neugierig. »So was erzählt eine Hexe nicht jedem«, sagte Elfriede mürrisch. »Solltet ihr eigentlich wissen. Schließlich sind unsere Erfahrungen ja nicht die besten, oder?«
    Wieder wühlte sie in ihren Taschen herum. »Ja, ist mir denn der Mond auf den Kopf gefallen?«, schimpfte sie. »Kein Gundermann, kein Waldmeister, nichts dabei? Ah!«
    Erleichtert zog sie eine fette Kröte hervor. Sie trug ein rotes Jäckchen mit goldener Stickerei und sah ziemlich schlecht gelaunt aus.
    »Wenigstens dich hab ich dabei, mein Schatz!« Elfriede gab der Kröte einen schmatzenden Kuss. Vorsichtig setzte sie sie in die Tasche zurück. Dann lehnte sie sich seufzend gegen den Zaun und machte ein ziemlich ratloses Gesicht. »Schöner Dreck!«, sagte sie. »Da zaubert ihr zwei Anfängerinnen mich hierher, und ich weiß nicht, wie ich wieder nach Hause komme. Ich nehme an, ihr wisst es auch nicht, was?«
    Die beiden Mädchen zuckten zerknirscht die Schultern.
    »Ihr wisst auch bestimmt nicht, wo ich Gundermann finden kann? Oder Waldmeister? Oder einen vernünftigen Besen aus Haselnussholz? Nein?«
    »Wer soll denn das sein, dieser Gundermann?«, fragte Lilli.
    »Und so was will Hexe werden!«, rief Elfriede. »Wenn es nicht so traurig wäre, könnte ich glatt darüber lachen.«
    »Tut uns wirklich leid«, murmelte Rosanna.
    »Tja, dafür krieg ich aber nicht mal einen vernünftigen Besen«, stellte Elfriede ärgerlich fest. Sie begutachtete den zweiten Besen der Mädchen – und warf ihn verächtlich über den Zaun. »Oh, verflucht und zugehext, sieht so aus, als ob ich wieder mal zu Fuß gehen muss. So was! Ich hasse Zufußgehen.«
    Und ohne Lilli oder Rosanna noch eines weiteren Blickes zu würdigen, verschwand sie in der Dunkelheit.

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Krumme Wege
    »Los, wir müssen ihr nachgehen!«, sagte Rosanna. »Sie kennt sich hier doch überhaupt nicht aus.«
    »Pah, ist mir doch egal!« Misstrauisch
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